Pflichtlektüre

WEDERATH/BELGINUM. (ua) Binnen einer Stunde die immense Zeitspanne von 400 Millionen Jahren "Revue passieren" zu lassen, das versprach Dr. Martin Thoma vom Koblenzer Amt für Archäologische Denkmalpflege. Anlass war einer Buchvorstellung im Vortragssaal von Belginum.

"Archäologie in Rheinland-Pfalz 2002", so lautet der Titel der kürzlich im Verlag Philipp von Zabern (Mainz) erschienenen großformatigen Publikation. Sie bietet eine exemplarische Übersicht wichtiger neuer Ausgrabungsfunde zwischen Mittelrhein und Pfälzerwald. Mit Hilfe zahlreicher Abbildungen zeigte und interpretierte Martin Thoma das facettenreiche Spektrum der einzelnen Grabungs- beziehungsweise Fundbeschreibungen. Die Kapitelreihe beginnt mit dem "Projekt Nahecaris": der detaillierten Untersuchung eines monumentalen Blocks aus dem Hunsrückschiefer bei Bundenbach, dessen Fossilien spannende Einblicke in die Tierwelt des urzeitlichen Devonmeers ermöglichen. Aus späterer Vorzeit stammen hingegen die Trittspuren von Birkhuhn und Bären, die in den von Eifelvulkanen ausgeworfenen Asche- und Bimsschichten erhalten blieben. Die Anwesenheit der frühesten Menschen dokumentieren so genannte Geröllgeräte: durch Abspalten und Abschlagen geschärfte Steinsplitter, die auf geologischen Schwemmlandterrassen oberhalb der Untermosel gefunden wurden. Das Schädelfragment eines Neandertalers beweist, dass Angehörige dieser ausgestorbenen Rasse in der Vordereifel lebten. Aus der Jungsteinzeit hingegen stammen Siedlungsfunde, die deutlich erkennen lassen, dass die Menschen der bandkeramischen Kulturstufe nicht etwa in primitiven Hütten, sondern in imposanten Häusern von bis zu 50 Metern Länge lebten. Das ungemein vielfältige Fundgut aus der Kelten- und Römerzeit bildet an Rhein und Mosel natürlich besondere Schwerpunkte. Herausragend vor allem die von Thoma selbst geleiteten Ausgrabungen des Martberg-Oppidums bei Pommern. Der Referent kündigte an, dass nach der vollständigen Untersuchung des dortigen Kultbezirks nunmehr verstärkt die Siedlungsflächen "in Angriff" genommen werden. Einen anderen Schwerpunkt bildet das am Mainzer Südbahnhof frei gelegte römerzeitliche Theater, das offenbar zu den ehemals bedeutendsten Bauwerken dieser Art in den römischen Nordprovinzen zählte. Etliche Streiflichter aus der rheinland-pfälzischen Mittelalter-Archäologie sowie der Fund eines preußischen Faschinenmessers aus dem Krieg von 1870/71 rundeten den Vortrag und schließen das vorzüglich ausgestattete Sachbuch ab. Für Heimatforscher, die ihren Wissenshorizont auch über den engeren Hunsrück-Mosel- und Eifelraum hinaus erweitern möchten, wird es über kurz oder lang wohl zur Pflichtlektüre zählen. "Archäologie in Rheinland-Pfalz", Verlag Philipp von Zabern, 29 Euro.

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