Rennschnecken und Klingeltöne

WENIGERATH. (mbl) Mit einer Lesung der besonderen Art wurde die Reihe "Literatur von Haus zu Haus" im Gasthaus Gemmel in Wenigerath fortgesetzt. Die Zuhörer ließen sich vom Duo Jürgen Lehlbach und Dieter Gorzejeska im Schneckentempo den Geschwindigkeitswahn heutiger Zeit vor Augen führen.

"Handys bitte einschalten", lautete die ungewohnte Aufforderung. Denn schließlich könnten die passenden Klingeltöne eines Handys als "bedeutendste kulturelle Errungenschaft unseres Jahrhunderts" Veranstaltungen jeglicher Art bereichern, bemerkte das Duo, das sich am Tisch in der "heimeligen" Gaststube breit machte. "Steigen Sie aus dem Geschwindigkeitswahn aus, lang lebe die deutsche Schneckenpost", stimmten die beiden ein Loblied auf die Gelassenheit an. Unter dem Titel "Schneckenrennen" bot der Wahl-Wenigerather Pädagoge und Hobbyautor Jürgen Lehlbach zusammen mit dem Clown und Pantomimen Dieter Gorzejeska aus Wiesbaden eine amüsierlich- nachdenkliche Lesung zu einem hochaktuellen Thema - der "Entschleunigung" unserer Zeit. Die beiden leidenschaftlichen Schneckenforscher sind überzeugte "Langsamkeitler" und lobten folglich die Schnecke als Symbol des Fortschritts. Sie gaben dem Zuhörer unter anderem Einblicke ins Trainings-Schneckenrennen um das grüne Salatblatt mit dem Favoriten, der roten Ferrari-Schnecke Michael. Viele der einem amüsierten Publikum vorgetragenen grotesk-fabelhaft-wahrhaftigen Gedanken und Studien über Lebensumstände, gefasst in Reimform, stammten aus Lehlbachs Buch "Kauft mehr Autos". Und das hat "Zeitgeistheld Zack" getan, der dem Fortschritt folgte und drei Karossen vor seiner Tür stehen hat - "ohne zu fahren, denn für das Benzin muss er noch sparen". Die beiden (Wort-)Künstler schafften es auf clownesk-ernsthafte Art, beim Publikum die durchschnittliche deutsche Lachquote von "neunmal täglich" weit zu übertreffen. Bei den Zuhörern hatten die beiden rasch ihr "Rennen" gewonnen. Nicht nur die Erwachsenen, auch die elfjährige Laura hatte Spaß an der kurzweiligen Lesung. Und für die passende schmackhafte Note bei anschließendem "Geschwätz" sorgten ein Schneckensüppchen und mehr. Die Lesung fand im Rahmen der Reihe "Literatur von Haus zu Haus" statt, die Bruni Kluß und Rüdiger Luckow vom Kreativhaus Hinzerath ins Leben gerufen haben. "Wir wollten damit eine Aktion starten, wo Menschen sich treffen, die sich für das geschriebene Wort interessieren", so Kluß. Auch sollten die Abende nicht in kommerziellen Einrichtungen, sondern in privater Umgebung stattfinden. Die fünfte Veranstaltung steht vor der Tür, der begonnene "Schneeball" soll weiterrollen. Wer Lust hat, sein Zuhause zur Verfügung zu stellen, melde sich unter Telefon 06533/3475.

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