Schlepper auf Schleichwegen

MORBACH/SIMMERN. Die Bundesstraße 50 soll künftig als europäische Transitstrecke fungieren. Langsam fahrende Fahrzeuge sind auf solchen "Schnellstraßen" teilweise Verkehrshindernisse. Doch im Hunsrück kämpfen vor allem Landwirte dagegen, dass sie auf aus ihrer Sicht unzumutbare Strecken ausweichen sollen. Ein Rechtsstreit steht möglicherweise vor der Entscheidung.

Was für Außenstehende kurios erscheint, ist für die Morbacher Landwirte Emil und Friedrich Sachsenweger bitterernst. Dass die Bundesstraße 50 von Büchenbeuren nach Simmern 2004 zur Kraftfahrstraße wurde, trifft sie nach eigener Aussage in ihrer wirtschaftlichen Existenz. 20 000 bis 30 000 Euro kostet sie diese Entscheidung des Landesbetriebs Straßen und Verkehr (LSV) in Koblenz. Denn die beiden Bauern haben je eine Hofstelle in Morbach und in Simmern. Da sie beide zudem als Lohnunternehmer arbeiten und ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse hauptsächlich in Kirchberg absetzen, nutzten sie die Bundesstraße 50 häufig. Im Herbst 2004 war damit zunächst Schluss. Mit der Aufstellung der neuen Schilder wurden sie zu erheblichen Umwegen gezwungen. Denn auf Kraftfahrstraßen dürfen nur Fahrzeuge unterwegs sein, die 60 Stundenkilometer und schneller fahren können. Die Landwirte sind mit dieser Regelung mehr als unzufrieden. Die Ersatzstrecke von Morbach nach Kirchberg über Büchenbeuren, Sohren, Niedersohren, Dill, Dillendorf und Kirchberg bedeuten nach Angaben der Sachsenwegers einen Umweg von wenigen Kilometern. Die Fahrt dauert für sie allerdings drei Mal so lang. Allein sechs Ortsdurchfahrten bremsen die Fahrzeuge aus. Im Begegnungsverkehr müssen die Fahrzeuge auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen oder gar stehen bleiben. "Parkt dort ein Auto falsch, müssen wir den Autofahrer herausklingeln", erzählt Friedrich Sachsenweger aus Erfahrung. Natürlich könne man auch abschleppen lassen. Aber das sorge für Ärger und dauere erheblich länger. Starke Steigungen und erhebliche Kurven würden zudem zum Schleichen zwingen. Als Alternative zu dieser Strecke hatte der LSV landwirtschaftliche Wege vorgeschlagen. Doch auch damit wollten sich die Bauern nicht abfinden. Der Begegnungsverkehr wird bei Nutzfahrzeugen mit 2,50 Breite ebenfalls zur Herausforderung. Hinzu komme, dass es auf Feldwegen den zuständigen Gemeinden überlassen bleibt, ob sie im Winter räumen oder streuen. Zwei Gemeinden - Sohren und Liederbach - schoben nach Angaben der Sachsenwegers gleich einen Riegel vor und untersagten die Durchfahrt. Die Konsequenz für die Brüder: "Diese Regelung ist unwirtschaftlich und unzumutbar." Die Gegenseite führte als Argument für die Einrichtung der Kraftfahrstraße das hohe Verkehrsaufkommen von 15 000 Fahrzeugen auf der Bundesstraße ins Feld. Wegen des guten Ausbauzustands sei mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Da die Strecke gut ausgebaut sei, könne es zu großen Tempo-Unterschieden kommen, die Unfälle hervorrufen könnten. Die Sachsenwegers klagten mit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft regionale Verkehrsentwicklung gegen das Land. Schon bald erzielten sie einen Teilerfolg: Vorläufig gestanden Koblenzer Richter ihnen zu, die B50 auf der Strecke zwischen den Anschluss-Stellen Büchenbeuren-West und Nieder Kostenz zu nutzen. Das heißt: Sie dürfen auf einem Teilabschnitt der Verkehrsverbindung, die für alle anderen langsam fahrenden Fahrzeuge quasi gesperrt ist, mit behördlicher Genehmigung fahren. Die Eilentscheidung haben sie als Passierschein stets in der Tasche. Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Die Aussichten, dass aus diesem Teilerfolg ein Sieg auf ganzer Linie wird, stehen nicht schlecht: Das Koblenzer Verwaltungsgericht hat mittlerweile entschieden, dass zwischen Büchenbeuren und Kirchberg die Ausweisung als Kraftfahrstraße aufgehoben werden soll. In der Urteils-Begründung wird zwar festgestellt, dass die Anordnung des LSV "geeignet und erforderlich" sei, um den Gefahren auf der B 50 zu begegnen. Doch seien die Interessen des landwirtschaftlichen Verkehrs nicht genügend berücksichtigt worden. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig: Die Zulassung zur Berufung ist beantragt.

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