"Schnapshannes" am Steuer

Über den "Schnapshannes" aus Horath berichtet die Morbacherin Henriette Nehren in unserer heutigen Dorfgeschichte.

Horath. Der mittlerweile verstorbene Johann Reuter aus Horath betrieb neben der Landwirtschaft seit 1951 eine eigene Schnapsbrennerei. Hier fanden sich die Nachbarn, der Lehrer des Ortes und auch der Pastor gerne ein, um unter anderem über die kleine und große Politik zu diskutieren. Der Hannes brannte nicht nur den Schnaps, sondern war auch ein trinkfreudiger Genießer, weswegen er weit über Horath hinaus als "Schnapshannes" bekannt war.

Früher, als es in Horath noch keine Brennerei gab, war die Schnapsbeschaffung mit erheblichen Mühen verbunden. Der "Bälsch", der meist aus gepressten Äpfeln bestand, musste von den Hunsrückbergen an die Mosel nach Wintrich gebracht und hier in den begehrten Hochprozentigen verwandelt werden. Der "Bälsch" wurde oftmals lose auf einen Wagen geladen, der mit einer Plane ausgelegt war.

Sehr vorteilhaft war diese Art des Transportes allerdings nicht, da durch das Rütteln auf den holprigen Wegen zu viel von dem sogenannten "Geist" verlorenging. Besser war es, den Grundstoff in Bütten oder Fässern zu befördern. Auf den Wagen wurde außerdem Holz geladen, welches zum Brennen benötigt wurde und gestellt werden musste.

So rüstete man sich alljährlich im Spätherbst für ein größeres Transportunternehmen, zu dem der Hannes stets seinen Nachbarn und Pferdsbauer "Ohrem" (Adam) als Fuhrmann verpflichtete. Man machte sich sehr früh morgens mit dem Fuhrwerk auf den Weg, welcher über den Weinplatz und über Kasholz an die Mosel führte. In Kasholz wurde kurz eingekehrt, um Neuigkeiten auszutauschen und sich mit einem oder zwei Schnäpschen aufzuwärmen. Natürlich gehörte auch eine Flasche voll Schnaps zur Wegzehrung.

Während bei der Fahrt bergab der Adam neben seinem Pferd einherging, saß der Hannes hinten auf dem Wagen und nahm ab und zu einen kräftigen Schluck auch der Flasche. Der Herbstmorgen war nämlich schon recht kühl und Wintrich noch weit. Nach und nach füllte sich die Flasche mit Luft, und der Hannes schlief schließlich ein.

Endlich in Wintrich angekommen, bemerkte der Adam, daß der Hannes nicht mehr bei ihm war. Nachdem er eine Weile vergebens auf ihn gewartet hatte, machte er kurzerhand mit seiner Fuhre kehrt und fuhr den gleichen Weg wieder zurück. Als er zum Dorf hinausfuhr, sah er in einiger Entfernung eine Gruppe aufgeregter Menschen, die mitten auf der Straße etwas zu betrachten schienen. Eine Frau, die sich aus der Gruppe gelöst hatte, rannte so schnell sie konnte auf das Dorf zu. "Wat is dann lo hinne los?", fragte der Adam. "Eisch han weile kän Zeit", rief die Frau außer Puste, "eisch muß bai de Pastor. Lo leit'n Mann uff der Stroß, de sät dauern, er dät sterwe!"

"Mach langsam", beruhigte der Adam die Frau. "Du brauchst net bai de Pastor, dä sterwt noch lang net. Dat is de Hannes. Wenn dä zuviel Schnaps getrunk hot, mäscht dä immer so."

Er wendete das Fuhrwerk, der Hannes nahm seinen Platz auf dem Wagen wieder ein, und man fuhr dem Ziel dieser Reise, der Schnapsbrennerei, entgegen.

Den Text über das Horather Original schrieb Henriette Nehren, Morbach. Er ist der Heimatzeitschrift Hott, Nr. 5, entnommen.

Wenn auch Sie eine historische Anekdote kennen, schreiben Sie unter dem Stichwort "Dorfgeschichten" mit Namen, Adresse und Telefonnummer an die E-Mail-Adresse eifel@volksfreund.de. Wichtig ist, dass Ihre Geschichte höchstens 2000 Anschläge umfasst.

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