"Schuld" war die Währungsreform

WEDERATH. Seit dem vierten Jahrhundert vor Christus bestatteten nahe der Stelle, wo heute der Archäologiepark ist, Kelten und später Römer ihre Verstorbenen. Seit 50 Jahren graben dort Fachleute. Ein historischer Zufall ist für das Jubiläum in diesem Jahr verantwortlich.

25 Experten aus Deutschland, Holland, Luxemburg und der Schweiz werden anlässlich des Jubiläums am kommenden Freitag und Samstag über den wissenschaftlichen Sachstand von Siedlung und Gräberfeld des antiken Belginum referieren. Doch keine Angst, es soll keine langatmige Fachtagung werden. "Wir wollen auch die ganz normale Bevölkerung ansprechen", versichert Museumsleiterin Rosemarie Cordie, die die Tagung konzipiert und organisiert hat. 50 Jahre Grabungen und Forschungen - dass der runde Geburtstag in diesem Jahr gefeiert werden kann, entspringt vor allem einem historischen Zufall. "Schuld" war die Währungsreform. Denn schon bald nach dem zweiten Weltkrieg hatte die französische Besatzungsmacht im waldreichen Wederath auf der Hochgerichtsheide einen Kahlschlag veranlasst und eine Menge Holz von dort bekommen. Die Franzosen hatten das Holz vor der Währungsreform am 20. Juni 1948 noch nicht bekommen und mussten die Rechnung nach der Reform nicht mehr begleichen. "Für Wederath war das ein herber Verlust", erinnerte sich der ehemalige Wederather Lehrer Erich Gill bei der Eröffnung des Archäologieparks Belginum vor zwei Jahren. Der Wald wurde gerodet, um ihn landwirtschaftlich zu nutzen. Damit wollten die Wederather das finanzielle Loch in der Kasse wenigstens mindern. Wegen dreier Hügel, in denen man eine Erdbestattung vermutete, wandte man sich zunächst an das Landesmuseum in Trier. Zwei Mitarbeiter sollten mit Männern aus der einheimischen Bevölkerung eines der Gräber sichern und nach Trier bringen - ein Unternehmen, das etwa eine Woche dauern sollte. Daraus wurden dann 50 Jahre. Entdeckt und ausgewertet wurden insgesamt 2500 Gräber. "Es handelt sich um das bedeutendste Gräberfeld in Mitteleuropa", ist die Museums-Chefin überzeugt. Zum einen, weil es über einen Zeitraum von 800 Jahren hinweg benutzt wurde. Zum zweiten, weil die Nekropole zu einem "einmaligen Ensemble" von Siedlung, mehreren Tempelbezirken und einem römerzeitlichem Militärlager gehört, wie der Museumsführer erklärt. Und drittens, weil das gesamte Areal nie überbaut wurde und die Funde deshalb unberührt im Boden ruhen. Die Bedeutung der Siedlung lässt sich an zwei Aspekten ablesen: an der Tatsache, dass Belginum über vier Tempel verfügt, "auch wenn wir den vierten noch nicht gefunden haben", so Cordie, und an der exponierten Lage an einer schon zu Römerzeiten bedeutenden Fernstraße. Anders als das Gräberfeld schlummerte die später entstandene römische Siedlung nicht verborgen im Boden. "Das Mauerwerk war zu Beginn des Jahrhunderts noch sichtbar", erläutert Cordie. Allerdings wurden die Ruinen wie vielerorts als Steinbrüche verwendet und Teile auch in die entstehende Hunsrückhöhenstraße mit eingebaut. Ist nach 50 Jahren die Arbeit der Fachleute in Belginum bald getan? Die Museumsleiterin schüttelt lächelnd den Kopf: Zwar sei das Gräberfeld beinahe komplett untersucht, doch die Siedlung noch längst nicht erforscht. "Das kann noch Jahrzehnte dauern", schätzt die promovierte Vor- und Frühgeschichtlerin. Es fehlt nicht nur der Tempel, gesucht werden noch die keltische Siedlung und wichtige Bestandteile des römischen Dorfes, wie zum Beispiel ein Forum, der Marktplatz der Römer. Die gesamte Siedlungsgröße schätzt Cordie auf etwa 35 Hektar, davon sei lediglich ein Prozent ausgegraben. Am Wochenende öffnet zudem eine Ausstellung ihre Pforten: "Neue Befunde und herausragende Funde". Sie wird bis Oktober im Archäologiepark zu sehen sein.

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