Stadtplan zeigt den Weg zur Vergangenheit

Das Emil-Frank-Institut erinnert an "jüdisches Wittlich" und sorgt für eine unkomplizierte Begegnung mit der Stadtgeschichte.

Stadtplan zeigt den Weg zur Vergangenheit
Foto: (m_wil )

Wittlich Die Innenstadt von Wittlich: Passanten füllen die Straßen, jeder ist mit seinen Besorgungen beschäftigt. Es ist hektisch. Geschirr klirrt rund um die Cafés mit den Aussenterrassen. Kaum einer nimmt die alten Gebäude noch wahr, die das Stadtbild ausmachen. Vor allem aber fragt sich beinahe niemand, welche historischen Ereignisse einst Menschen hinter diesen Mauern miterlebt haben. Und eine Geschichte davon liegt dem Emil-Frank-Institut am Herzen. Dort kümmern sich die Mitarbeiter um die jüdische Vergangenheit der Stadt Wittlich.
Und es gibt immer wieder neue Publikationen. Jetzt hat die ehrenamtliche Mitarbeiterin Monika Metzen-Wahl einen Stadtplan herausgegeben, der die jüdische Vergangenheit von Häusern der Stadt aufarbeitet. Das Projekt macht auf Orte aufmerksam, deren Geschichte schon vor Jahrzehnten in Vergessenheit geraten ist. 13 Stationen hat Monika Metzen-Wahl ausgewählt. Sie sind fußläufig in der Innenstadt zu erreichen. Der Stadtplan liefert zusätzlich die dazugehörigen Informationen und passende Bilder, die eine Orientierung erleichtern. Auf der Rückseite befinden sich überdies markante Gebäude, die teilweise keine jüdischen Hintergrund besitzen, aber ebenfalls Stadtgeschichte erzählen können. Eine Anlaufstelle ist die ehemalige jüdische Schule in der Kirchstraße 1. Was kaum einer weiß: Von 1861 bis 1938 war das Gebäude nahe der St. Markuskirche eine jüdische Schule. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie dann zu einem Standort für Luftschutzübungen umfunktioniert. Doch von der früheren jüdischen Bildungsstätte ist heute nicht mehr viel zu erkennen, denn auf dem mittlerweile bebauten Schulgelände ist heute ein Architekturbüro zu finden. Ohne den Stadtplan würde man dieses Gebäude gar nicht weiter beachten.
Nur wenige Schritte entfernt befindet sich das Haus Schiffmann auf dem Marktplatz 4. Von 1854 bis 1902 wurden dort Tücher und Damenkonfektionen verkauft. Zu dieser Zeit waren jüdische Geschäftshäuser im Zentrum der Stadt keine Seltenheit. Bis es 1933 zu einem Boykott jüdischer Geschäfte kam. Auf dem Rundgang kann man viele weitere Eindrücke der jüdischen Vergangenheit sammeln. Damit wird auf die Geschichte aufmerksam gemacht, Vergessen und Verdrängen entgegen gewirkt. Wer sich interessiert: Der spezielle Plan ist im Emil-Frank-Institut, in der Stadtbücherei, der Stadtverwaltung, der Tourist-Information, im Säubrenner-Lädchen und der Synagoge kostenlos zu erhalten. Die Kosten für die Produktion trägt das Emil-Frank-Institut.Extra: ... MONIKA METZEN-WAHL


Frau Metzen-Wahl, wie kam die Idee für dieses Vorhaben auf? Monika Metzen-Wahl: Die Idee kam 2014 erstmals auf, etwa ein Jahr nachdem ich anfing für das Emil-Frank-Institut zu arbeiten. Die Idee entstand nach dem Vorbild von Städten wie Berlin oder Braunschweig, die bereits die jüdische Geschichte auf einem Stadtplan dokumentiert haben. Das jüdische Erbe von Wittlich war bislang nur in verschiedenen Literaturen verewigt. Ziel war es, all diese Informationen kurz und übersichtlich zu gestalten. Was ist das Ziel des Projektes? Metzen-Wahl: Das jüdische Wittlich soll sowohl Einheimischen, als auch Touristen nähergebracht werden. Denn unsere Stadt hatte eine große jüdische Gemeinde mit bedeutenden Person wie beispielsweise Emil Frank, dem Namengeber des Institutes. Mittlerweile arbeiten sogar Schulklassen mit dem Plan zusammen. Welche Anlaufstelle ist für Sie besonders? Metzen-Wahl: Das Stadtbild als Gesamtes ist meiner Meinung nach das Besondere. Für mich persönlich ist allerdings der jüdische Friedhof überaus ergreifend. Der neue Stadtplan führt auf die jüdischen Spuren der Stadt. Eine Station ist natürlich die ehemalige Synagoge. TV-Fotos (2): Pauline PohlersMonika Metzen-Wahl und René Richtscheid vom Emil-Frank-Institut.

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