Tageszeitung als Turngerät

HEIDENBURG. Die Seniorengymnastikgruppe in Heidenburg ist sportlich voll auf der Höhe. Doch wie halten es die Damen mit ihrer Tageszeitung? Das wollte der Trierische Volksfreund im Rahmen eines TV-Ortgesprächs von ihnen wissen.

Die Teilnehmerinnen der zwei Heidenburger Gymnastikgruppen halten sich fit. Und ihnen ist dabei fast jedes Mittel recht. Greifen sie in aller Regel dabei zu Bällen oder Reifen, wurde diesmal angesichts des TV-Ortsgesprächs die Tageszeitung zum Turngerät umfunktioniert. Rund ein Dutzend Seniorinnen reckten und streckten sich mit Hilfe des Papiers, das sie noch am Morgen als interessanten Lesestoff verschlungen hatten. Denn da halten es alle mit Roswitha Haas: "Der erste Gang morgens geht an den Briefkasten." Ein Frühstück ohne die Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Kultur ist für die beweglichen Heidenburgerinnen kaum vorstellbar. "Da gerate ich völlig aus dem Konzept", ergänzt Helene Micheln. Die meisten Damen lesen von hinten nach vorn

Anders als bei vielen Geschlechtsgenossinnen ist die Sportberichterstattung von Interesse. "Ich muss wissen, wie Kaiserslautern gespielt hat", gesteht eine der Teilnehmerinnen, während Marlies Schankweiler-Schmidt, die auch Kassiererin im Heidenburger Sportverein ist, natürlich stets wissen will, wie die eigene Fußballmannschaft abgeschnitten hat. Vor allem, wenn es sich wie am vergangenen Wochenende um einen 7:0-Sieg handelt. Dass in der Zeitung dann die Rede davon ist, dass die Hilscheider mit dem gleichen Ergebnis den "höchsten Sieg des Spieltags" feierten, wurmt sie aus lokalpatriotischer Sicht schon ein wenig. Der Lokalteil steht hoch im Kurs. "Den schaue ich ganz durch", erklärt Roswitha Haas. Die meisten lesen die Zeitung allerdings von hinten nach vorn, nicht nur um des lieben Friedens willen, weil der Ehemann sich gern zunächst in die Politik vertieft. Denn die Todesanzeigen werden von den meisten Damen sehr gründlich studiert. Die "Menschen"-Geschichten genießen einen hohen Stellenwert. Eine der Gymnastikfrauen lobte spontan den Bericht über das Paar aus Odert, das mit seiner Geschichte den Mut hatte, an die Öffentlichkeit zu gehen. Kurz nach der Geburt des ersten Sohnes hatte der Mann schwere Brandverletzungen erlitten. Doch die junge Familie hatte die schwierige Situation gemeinsam gemeistert. Stets auch eine Fundgrube sind für die Damen die Tier- und Garten-Seiten. Die neue "Heimat"-Serie, wo Dörfer wie derzeit Heidenburg unter den Stichworten "gestern, heute und morgen" genau unter die Lupe genommen werden, stößt ebenfalls auf Interesse. Gerade im eigenen Ort sind die Damen besonders kritisch: Die Berichterstattung über den historischen Umzug bei der 950-Jahr-Feier ist ihnen nach zwei Jahren noch immer unangenehm in Erinnerung: Sie war ihnen zu mager ausgefallen. Wie die meisten Heidenburger hatten sie das Fest aktiv mitgestaltet. Ein Dorn im Auge ist den Damen die viele Werbung in der Zeitung, obwohl sie natürlich auch wissen, dass die Anzeigen den Abo-Preis niedrig halten. Was könnte man noch besser machen? "Ich würde gern mehr aus Trier lesen", meldet sich Marlies Schankweiler-Schmidt erneut zu Wort. Und natürlich über den eigenen Verein, regt eine andere Dame an: "Machen Sie Reklame für uns! Frau Mattes macht das so gut." Wird gemacht: Trainiert wird - mit viel Spaß übrigens - am Montagabend ab 19 Uhr in zwei Gruppen in der Mehrzweckhalle. Einsteigerinnen sind jederzeit willkommen.

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