Umgang mit dem großen Tabu

Noch stehen Schinderhannes und seine Kumpane, allen voran der berüchtigte "Schwarze Peter", im Hunsrücker Holzmuseum im Mittelpunkt des Interesses. Doch hinter den Kulissen beschäftigen sich die Mitarbeiter des Leitungsteams längst mit einem anderen Thema, dem Wandel im Umgang mit Tod und Sterben.

Weiperath. Der Arbeitstitel der Sonderausstellung 2008 im Holzmuseum lautet "Funus". Dieser lateinische Begriff beinhaltet alles, was es mit dem Thema Tod und Bestattung auf sich hat. "In den letzten Jahren vollzieht sich ein atemberaubender Wandel. Es entstehen Urnenwände auf Friedhöfen, Feuerbestattungen nehmen zu. Die Grabpflege wird für manchen zum Problem", schildert Annette Eiden-Schuh, Mitglied im Leitungsteam und Vorsitzende des Hunsrückvereins. Die Architektin hat sich schon immer für die Bestattungskultur interessiert. Doch sie weiß natürlich, dass diese Dinge heutzutage mit einem großen Tabu behaftet sind. Früher seien Verstorbene zu Hause aufgebahrt worden und bis zur Beerdigung dort geblieben. Heute würden Bestatter oft noch in der Todesnacht angerufen, damit die sterblichen Überreste des Angehörigen abgeholt werden. Aus diesem Grund seien in den 70er Jahren allerorten Leichenhallen entstanden. Auch die traditionellen Totenwachen gehörten der Vergangenheit an. Auch dass wie in Hunolstein jetzt Urnenwände entstehen, hat nach ihrer Auffassung mit diesem Wandel zu tun. "Die Zeit ist reif für das Thema", ist Eiden-Schuh überzeugt. "Wenn wir länger warten, ist viel Wissen bereits verloren gegangen." In der Zwischenzeit haben die Mitarbeiter schon eine ganze Reihe von Exponaten zusammengestellt. Das Prunkstück in der Sammlung ist eine Beerdigungskutsche, wie es sie früher gab. Denn die Wege zu den Friedhöfen bei Wind und Wetter seien beschwerlich gewesen. Die Kutsche ist eine Leihgabe vom rheinland-pfälzischen Freilichtmuseum in Sobernheim/Nahe. Sie sieht allerdings arg mitgenommen aus und soll für die Ausstellung noch "aufgepeppt" werden. Auch mit Versehgarnituren sei das Museum inzwischen versorgt. Damit nahmen die Pfarrer die Krankensalbung vor. Anders sieht es mit Tumben, leeren "Stellvertreter-Särgen", und Totenkronen aus, die in den Kirchen standen und offenbar auch wiederverwendet wurden. Auch dem Thema Aberglauben wollen sich die Museumsmacher widmen. Beispielsweise seien noch heute Menschen davon überzeugt, wenn sie den Waldkauz hören, dass ein Mensch stirbt. Wer dem Museum noch Geschichten oder mögliche Ausstellungsstücke anbieten kann, wird gebeten, sich mit Annette Eiden-Schuh, Telefon 06533/947174, oder Michael Pinter, 06533/3159, in Verbindung zu setzen. Meinung Weniger populär, aber bedeutsam Die Themen der Ausstellungen 2007 und 2008 im Hunsrückmuseum könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Schau "Räuberhauptmann Schinderhannes und seine Hochwälder Spießgesellen" ist ein populäres Thema, das Menschen jeglichen Alters anspricht. Anders das Thema "Funus", das den Umgang mit Tod und Sterben thematisiert. Das große Tabu-Thema schlechthin, das viele Menschen gern von sich schieben. Gegenüber dem Vorjahr sind 2007 die Besucher-Zahlen um 38 Prozent gestiegen. Ob die Nachfolge-Ausstellung ähnlich viele Menschen erreicht, darf man mit einem Fragezeichen versehen. Dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb ist sie wichtig. Früher oder später kommt das Thema ohnehin auf uns zu. i.rosenschild@volksfreund.de

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