Vom Bündel zum Besen

MORBACH. (red) In dem heutigen Teil der Serie "Dorfgeschichten" geht es darum, wie früher ein Besen entstanden ist. Die Geschichte basiert auf Erinnerungen des Hunolsteiners Hugo Schording, die Michael Pinter aufgezeichnet hat.

An der Herstellung eines Besens waren meist mehrere Familienmitglieder beteiligt. Je nach Arbeitsschritt gab es eine bestimmte Aufgabenverteilung: Einer hat die Bündel zusammengestellt, der mit der größeren Hand hat sie gebunden, und weitere Mithelfer haben sie nochmals nachgebunden. Das Material für die Besen wurde zu Frühjahrsbeginn oder im Spätherbst geschnitten. Morgens um acht Uhr gingen meine Brüder und ich statt in die Schule in den Wald, um die Besenreiser zu suchen. Diese wurden in Bündeln nach Hause getragen und anschließend in der Küche verarbeitet. Meist war noch Frost auf den Zweigen, so dass die Bündel schwer zu tragen waren und vor der Verarbeitung erst noch davon befreit werden mussten. Nach dem ersten Sortieren begann das "Einräffen" der Besenreiser: Der Besen wurde aus fünf Reiserbündeln zusammengefügt. Innen war ein Bündel mit wenig verzweigten Reisern. Um dieses wurden vier kleine Reiserbündel mit mehr Verästelungen gelegt, so dass der Besen "mehr Kehr" hatte. Dann wurden die Reiser auf gleiche Länge abgeschnitten. Zur einfacheren Weiterverarbeitung wurden die Bündel mit zwei "Witten" (kleine Weidenruten) in einigem Abstand voneinander zusammengebunden. Dann wurden die Reiser oben auf eine Länge abgeschnitten und unten glatt abgehauen. Nun bekam der Besen drei "Schinnen" (Ringe). Diese stellte man her, indem Eichenstämmchen in der Länge halbiert und dann geviertelt wurden. Dann riss man schmale Streifen, die zirka ein bis eineinhalb Zentimeter dick waren. Daraus entstanden die Ringe des Besens. Sie mussten stabil geflochten sein, denn sie wurden straff mit der Hand auf den Besen aufgebracht und anschließend mit dem Flachbeil festgeklopft. Als Stiel nahm man einen jungen Fichtenstamm oder Haselnuss-Stecken, die zuvor entrindet und sorgfältig geglättet worden waren. Die Besen wurden dann in Bündeln zu drei, sechs oder zwölf Stücken angeboten. Auch Karl-Heinz Martini erinnert sich: "1928 wurde ich in Merscheid geboren. Mein Vater kam aus einer armen Familie mit 13 Kindern, und meine Mutter aus einer ebenso armen Familie mit sechs Kindern. Mein Vater hatte als Einziger seiner Geschwister einen Beruf erlernt, er war Anstreicher, aber er hatte nicht immer Arbeit in seinem Beruf. Gezwungenermaßen arbeitete er als Erdarbeiter, oder was gerade möglich war. Außerdem hatte er Fertigkeiten als Besenbinder und ‚Holzlöffelanfertiger'." Michael Pinter Wer sich intensiver informieren möchte, kann dies im Hunsrücker Holzmuseums in Morbach-Weiperath tun. Die Öffnungszeiten gibtes unter Telefon 06533/959750 oder im Internet unter www.morbach.de oder www.weiperath.de. Wenn auch Sie eine historische Anekdote kennen, den Namen eines Hauses oder einer Straße erklären können oder zu einem historischen Ereignis eine persönliche Geschichte zu erzählen haben, schreiben Sie unter dem Stichwort "Dorfgeschichten" mit Namen, Adresse und Telefonnummer an die E-Mail-Adresse hunsrueck@volksfreund.de. Wichtig ist, dass Ihre Geschichte höchstens 60 Druckzeilen (à 30 Anschlägen) umfasst.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort