Vom "Erdhaufen" zum Kurort

THALFANG. Mit einer Urkundenfälschung fing es an. Auf eine echte Urkunde sind die Thalfanger dagegen heute besonders stolz: Seit 2001 darf sich der Mittelpunktort der Verbandsgemeinde Luftkurort nennen.

Das erste Auftreten von Thalfang in der Historie ist mit einem Makel versehen. Erstmals erwähnt wurde der Ort in einer Urkunde, die auf das Jahr 633 datiert ist. Der Haken an der Sache: Die Urkunde ist gefälscht. Das verwendete Siegel ist ein Fantasiegebilde, schreibt Marc Finkenberg in der 2003 veröffentlichten Chronik von Thalfang. Dennoch gehen die Historiker davon aus, dass der Inhalt der Urkunde den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach. Das heißt: Die Thalfanger blicken auf knapp 1400 Jahre Geschichte zurück. Unrühmliche Geburtsstunde

Die unrühmliche Geburtsstunde sollte der weiteren Entwicklung von "Talevanc", wie der Ort damals genannt wurde, keinen Abbruch tun. Der Name leitet sich, so vermutet der Chronist , von "talva" ab. Das bedeutet so viel wie Erdhaufen oder Feldrain. Und noch ein weiterer Begriff sollte in dem Zusammenhang geklärt werden: der der Mark Thalfang, der seit dem Mittelalter verwendet wird. Von der Wortbedeutung her geht es um ein abgegrenztes Gebiet mehrerer dörflicher Siedlungen, die quasi ein einziges Gemeinwesen bildeten. Bis ins 21. Jahrhundert ist die Mark, deren Mittelpunkt Thalfang ist, im Bewusstsein der Menschen lebendig. Die "Märker" feiern ihre Kirmes gemeinsam. Bis heute sind sie im "Zweckverband der zwölf Gemeinden" organisiert, der vor zwei Jahren sein 175-jähriges Bestehen feierte. In dem Verband wird neben dem Haardtwald, der den Dörfern gemeinsam gehört, auch der Friedhof verwaltet. Eine ungewöhnliche Lösung, denn mehr noch als die Kirche gehört doch vielerorts der Friedhof ins Dorf. In Thalfang existiert bis heute ein weiterer Gottesacker: der jüdische Friedhof. Er ist das letzte Relikt der jüdischen Gemeinde im Ort. Doch zurück zur Mark: Ein einschneidendes Ereignis für die Märker war 1564 die Reformation. Das heißt: Die Untertanen der Wild- und Rheingrafen mussten damals protestantisch werden. Als Jahre später wieder eine kleine katholische Gemeinde entstand, "teilten sich" die beiden Religionsgemeinschaften von 1697 bis 1900 die Kirche. Die Katholiken durften das Gotteshaus an festgelegten Tagen nutzen. Dass dies nicht reibungslos vonstatten ging, kann man sich sicher vorstellen: Mal war von einem Überfall auf den katholischen Pastor die Rede, mal wurden gar Exkremente in der Sakristei gefunden. Doch immerhin - 200 Jahre sollte die ungewöhnliche Lösung Bestand haben. Als im August 1900 St. Matthäus eingesegnet wurde, ging das Simultaneum unspektakulär zu Ende. Landwirtschaft und Viehhandel waren über Jahrhunderte hinweg dominierende Wirtschaftszweige. 1938 wurden sage und schreibe 21 Märkte in Thalfang abgehalten. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts verloren sie an Bedeutung. Nicht zuletzt, weil die Hochwald-Nahrungsmittelwerke nach der Aufnahme des eigenen Schlachtbetriebs, der inzwischen wieder eingestellt ist, den Bauern bessere Preise bieten konnten. Apropos Nahrungsmittelwerke: 1932 wurde die Molkereigenossenschaft Erbeskopf gegründet, die Urzelle des heutigen Unternehmens. Es folgte eine bis heute anhaltende Expansion. Mit rund 400 Mitarbeitern ist die "Hochwald" bis heute bedeutendster Arbeitgeber in Thalfang und drittgrößte Molkerei in der Bundesrepublik. Spätestens seit dem Bau des Ferienparks Himmelberg mit heute 250 Wohneinheiten ist Thalfang auch touristisch eine Hausnummer. 2001 wurden die vielfältigen Bemühungen der Gemeinde um Verbesserungen für den Fremdenverkehr schließlich mit der staatlichen Anerkennung als "Luftkurort" gekrönt.

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