Vom Spaziergang mit dem Wildschwein

GRÄFENDHRON. Die vier Wasserräder sind längst demontiert. Dass es dennoch auf der Krackesmühle nach wie vor rund geht, ist Martin Petry zu danken, der dort ein Ausflugslokal betreibt - samt Tierfreigehege.

Im Schnittpunkt von Berglicht, Gräfendhron und Horath liegt die Krackesmühle, eine ehemalige Getreide- und Ölmühle mit Sägewerk. Entlang der Dhron mit ihrem starken Gefälle ist sie nur eine von vielen, aber "wohl eine der schönsten Mühlen im Dhronbachtal". Eine Sichtweise, die der frühere Berglichter Pfarrer Kolling samt dem Zitat des "Goldenen Tals" anlässlich des Gründungsfests des Musikvereins Berglicht vor 40 Jahren niederschrieb. Zu einer Zeit, als die Mühle ihr typischstes Merkmal bereits hergegeben hatte: Die vier Wasserräder waren bei einem Umbau einer Turbine gewichen.Herkunft des Namens bleibt unklar

Was der Mühle ihren Namen gegeben hat, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Laut Kolling nennt sie sich aber "seit alters her" Krackesmühle. "Es ist eine uralte Mahlmühle, mit der vor 560 Jahren schon ein Müller sein Gewerbe betrieb." Josef Schemer, Horather Chronist, hält es für wahrscheinlich, dass sich der Name von "kracken" - von englisch "crack", zerbrechen - ableitet. Die Mühlsteine einer Getreidemühle hätten ja die Getreidekörner zerbrochen. Die heute zu Gräfendhron gehörende frühere Bannmühle ( siehe Kasten) der Grafen von Hunolstein war den Dörfern Horath und Berglicht zugewiesen. Auf die gräflichen Besitzer folgte nach einer Familie Mark aus Trier um 1800 Familie Thömmes aus Berglicht, die die Mühle bis 1957 betrieb. Der jüngste dort noch geborene Spross dieser Familie ist in dem heutigen Ausflugslokal mit Tierfreigehege oft zu Gast. Franz Thömmes, der bei Kirchberg lebt, war 14, als sein Vater, Müllermeister Albert, die Mühle 1968 verkaufte. An den Gaststättenbetrieb und die von Gästen aus der Stadt geschätzten Fremdenzimmer kann er sich noch gut erinnern. "Für die Kinder war das hier eine Erholung", erzählt er von deren Vorliebe für das Schlafen im Heu. Auch das Lokal der Mühle, die in früheren Jahren ein Treffpunkt für aus der Not geborene Wilddiebereien war, hatte seine Vorzüge. Vor allem, wenn das Licht zu flackern begann, was die jungen Leute gern dazu nutzten, die Turbine, sprich die Strom- und Lichtquelle, heimlich ganz abzustellen. Wehmut, dass dies Geschichte ist, empfindet Thömmes aber nicht. Obwohl er in den 80er Jahren mit dem Gedanken spielte, die Mühle zu kaufen. "Aber das wäre ja Quatsch gewesen", ist der gelernte Koch überzeugt, der seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Werbegeschenken sowie als Wahrsager und Erfinder bestreitet. "Ich bin froh, dass es so gekommen ist, wie es ist", versichert er. Dennoch war ihm wichtig, dass in seinem Personalausweis als Geburtsort "Krackesmühle" steht und nicht wie zuvor "Gräfendhron". Auch Martin Petry, der heutige Pächter, fühlt sich der Mühle verbunden. "Ich hab hier schon eine schlaflose Nacht verbracht", erinnert sich der Berglichter an ein Hochwasser, das der vor acht Jahren von der Besitzerin, seiner Tante "Lizzy", neu installierten Elektrik bedrohlich nahe gekommen war. Eine Nachtschicht, die er seinem Großvater Johann zu verdanken hat. Denn der hatte die Mühle seinem Freund Albert Thömmes abgekauft. Nachdem das Haus verschiedene Pächter hatte, ist nun der Enkel der neue "Krackesmüller", bei dem nicht nur Gäste willkommen sind, sondern auch Vierbeiner und Federvieh. Ziegen, Gänse und Stockenten fühlen sich auf den Wiesen ebenso wohl wie Pensionsgast Eselin Lilly oder Wildschwein Peggy. Was vor Jahrzehnten nicht anders war, als zusätzlich Kühe, Pferde und Truthähne herum liefen. Fehlt nur noch die Neuauflage des Spaziergangs, den Franz als 13-jähriger wegen einer Wette mit dem damaligen Mühlen-Wildschwein nach Berglicht unternahm.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort