Wederath in weiblicher Hand

WEDERATH. Eine Frau, und dann noch eine Zugezogene, normalerweise sind das im Hunsrück nicht die besten Voraussetzungen für eine Dorfchefin. Nicht so bei Daniela Petry. Sie fühlt sich voll akzeptiert und integriert.

Dass sie keine gebürtige Hunsrückerin ist, wissen viele gar nicht. Schließlich ist sie in Hückeswagen im Bergischen Land geboren. Später zog der Vater mit der Familie zurück in seinen Heimatort Gonzerath. Deshalb spricht sie auch nicht lupenreine Mundart, sondern eher "Platt mit Streifen". Das bedauert sie zwar selbst, doch der Akzeptanz im Dorf tut das keinen Abbruch. Auch die Tatsache, dass eine Frau die Zügel in der Hand hat, ist offenbar in Wederath kein Thema. Den Leuten sei eher wichtig gewesen, dass sie sich in der Vereinsgemeinschaft engagiere und "zupacken kann". "Das sind Wesenszüge, die man vom Vorsteher verlangt", glaubt sie. Und wenn mal wie beim Freischneiden des Festplatzes männliche Talente gefragt sind, kümmert sie sich gern ums leibliche Wohl. Petry ist nach Hildegard Nauerth-Mettler (Wenigerath) und Petra Arend (Morscheid-Riedenburg) die dritte Ortsvorsteherin in der Einheitsgemeinde. Engagement und Schaffenskraft, davon hat die 40-jährige reichlich. Gelernt hat sie Bäckerei-Fachverkäuferin, doch in der Bäckerei der Mutter in Gonzerath hilft sie nur stundenweise aus. Zudem assistiert sie ihrem Mann im Gemüsehandel, fungiert als "Taxifahrerin" für die beiden Töchter, ist Ansprechpartnerin für die Jugendgruppe im Ortsbezirk, im Vorstand des Müttervereins tätig, stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates und eben seit einem Jahr Ortsvorsteherin in Wederath. Familie soll nicht unterm Ehrenamt leiden

Nachdem der Vorgänger Günther Fetzer im vergangenen Jahr signalisiert hatte, dass er nicht mehr antritt, war in Wederath guter Rat teuer. Zunächst fand sich kein Nachfolger. Auch für Petry kam die neue Aufgabe zunächst nicht in Frage. Sie fürchtete, dass ihre Familie drunter leide. Doch nach dem 13. Juni, als sie bei der Wahl in den Wederather Ortsbeirat "mit Abstand die meisten Stimmen" hatte, sah die Welt anders aus. Immerhin hatten 73 Prozent der Wähler Petry ihre Stimme gegeben. "So ein Wählervotum kann man nicht einfach unter den Tisch kehren", ist die 40-Jährige bis heute überzeugt. Doch dass man beziehungsweise frau in einem solchen Fall quasi "automatisch" Vorsteher wird, akzeptiert sie auch nicht. Der Familienrat wurde einberufen. Und als sich dann abzeichnete, dass die Pfarreien Bischofsdhron und Wederath fusionieren würden und sie wusste, dass sie den Vorsitz im Pfarrgemeinderat abgeben konnte, willigte sie schließlich ein.Delegieren ist wichtig

"Manche Sachen muss man delegieren", antwortet sie auf die Frage, wie man mögliche Zeitprobleme in den Griff bekommt. Doch die Probleme im Dorf will sie selbst anpacken. An erster Stelle steht bei ihr nach wie vor das Wederather Sorgenkind, der Festplatz. Das hinter der Kirche gelegene Gelände ist feucht und muss saniert werden. Auch das Gemeindehaus bereitet ihr Kopfzerbrechen. Für Ratssitzungen sei es groß genug, doch bei Geburtstagen oder Hochzeiten weichen die Wederather lieber aus, beispielsweise ins nahe gelegene Longkamp. Petry schätzt das Miteinander im Dorf

"Eine schwierige Materie" im Ort sei der Archäologiepark. Wenn auch "überregional bedeutsam", sei die Resonanz im Ort manchmal enttäuschend. Mancher glaube, das Geld, das das Prestigeobjekt gekostet hat, wäre anderswo besser investiert worden, gesteht sie. Doch das sei kein Problem der Wederather allein. Auch aus den Schulen in Morbach und Umgebung komme so gut wie keine Resonanz. Vor Ort steuert man längst dagegen. Zum Beispiel mit der Verlegung des traditionellen "Krombierebrotschesdaach" aus der Dorfmitte an den Archäologiepark. Das Traditionsfest werde parallel mit dem Tag des offenen Denkmals gefeiert, sagt Petry. Ansonsten geht es der Ortsvorsteherin vor allem um das Miteinander im Dorf: "Wederath muss lebenswert bleiben", ist sie überzeugt. Sie denkt beispielsweise an eine Tauschbörse, bei der jeder seine Fähigkeiten einbringen kann, nach dem Motto: Tausche Rasen mähen gegen zwei Stunden Babysitten oder Handarbeit. Auf diese Weise könne eine Gemeinschaft noch mehr zusammenwachsen. Und manch einer kann da sein Hobby sicherlich auch zur ehrenamtlichen Aufgabe machen. Für Hobbys, wie Radfahren hat Daniela Petry kaum noch Zeit. Es klingt allerdings auch nicht so, als würde es ihr sehr fehlen.

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