Wenn nur die Liebe zählt

ODERT. Ein Unfall im September des vergangenen Jahres kostete Thorsten Eck fast das Leben. Doch er biss sich auf bewundernswerte Weise durch – und wird mit der Liebe seiner Frau Miriam belohnt.

Als sich Miriam und Thorsten vor anderthalb Jahren auf der Party eines gemeinsamen Bekannten begegneten, konnten sie nicht ahnen, was auf sie zukommen würde. Seitdem ist ihnen beides, Glück und Unglück, in drastischer Art und Weise zugestoßen. Die ersten Treffen waren noch relativ belanglos, beschreibt Miriam ihre Liebesgeschichte. Man habe Handy-Nummern ausgetauscht, sei gemeinsam mit dem Cabrio gefahren. Beim Shoppen in Trier sei es dann geschehen. Thorsten erzählt: "Da hat sie auf einmal meine Hand genommen und sich einen Kuss verlangt." Danach ging alles Schlag auf Schlag. Miriam wurde schwanger. Sie erzählte es ihrem zwei Jahre jüngeren Freund an dessen Geburtstag, und nach einem ersten Schrecken freuten sich beide sehr auf die gemeinsame Zukunft. Plötzlich schlug das Schicksal zu. Der Frauenarzt eröffnete Miriam, sie habe ihr Baby verloren. Die Enttäuschung war groß, doch der Mediziner irrte sich. Miriam hatte das Kind keineswegs verloren. Das war wenige Wochen später klar. Hochschwanger gab Miriam ihrem Thorsten im Juli 2004 das Ja-Wort. Einfach war es nicht für die Schornsteinfegerin und den KFZ-Mechaniker: Nachdem Miriam in Mutterschutz gegangen war, fehlte das zweite Einkommen, der gewohnte Luxus fiel aus. Egal: Diese beiden lieben sich, da verschmerzt man manches. Der kleine Elias erblickte Ende August per Kaiserschnitt das Licht der Welt. Dann kam der zweite Schicksalsschlag für das junge Glück. Gerade eine Woche war Elias alt, als am 3. September der Unfall passierte, der Thorsten um ein Haar das Leben kostete. "Ich wollte schnell noch den Auspuff am Auto meiner Mutter reparieren und kletterte in die Grube." Seine Stimme klingt beim Erzählen rau. Miriam stand mit Elias auf dem Arm daneben und sah zu, als die Flex abrutschte und ihr Mann am ganzen Leib Feuer fing. Mit aller Kraft konnte er sich aus der Grube retten. Der Hubschrauber flog ihn nach Ludwigshafen. "Die Ärzte haben später gesagt: ,Wenige Sekunden länger in der Grube und der Sauerstoff hätte nicht mehr gereicht'", erinnert sich Miriam. Noch zwei Mal sprang der 20-Jährige dem Tod von der Schippe. Es war jedes Mal knapp. Eine Woche lag er im künstlichen Koma; mehrere Operationen waren nötig, um die bei dem Unfall durchtrennten Muskeln und Sehnen wieder aneinander zu flicken. Außerdem musste Haut im Gesicht, an Ohren, Händen, Armen und Beinen transplantiert werden. Die Verbrennungen waren großflächig, und die Ärzte rechneten damit, dass er im günstigsten Fall zu Weihnachten aus dem Krankenhaus entlassen werden könnte. Doch Thorsten ist zäh, und mit Frau und Kind hatte er alle Motivation der Welt, möglichst rasch wieder nach Hause zu kommen. Während andere eine Stunde pro Tag Krankengymnastik machten, trainierte er unermüdlich. "Schlafen konnte ich am Anfang ja sowieso nicht", erzählt er. Laufen, greifen, eine Tasse an den Mund führen - alles musste er neu lernen. "Selbst das Bettlaken über mir tat weh." Thorsten hat den Kampf gewonnen: Nach zwei Wochen kam er von der Intensiv- auf die normale Station. Schnell wurde er nach Odert entlassen, wo seine Mutter, eine gelernte Altenpflegerin, das junge Paar tatkräftig unterstützte. Seit dem 1. Dezember geht er wieder voll arbeiten: Chef und Kollegen stehen hinter ihm. Thorsten hat sich durchgebissen. Das dankte ihm seine Frau kürzlich mit etwas ganz Besonderem. Unter einem Vorwand lockte sie ihn nach Köln, wo sie auf Umwegen in Kai Pflaumes Fernsehsendung "Nur die Liebe zählt" landeten. Als es hieß, "Und jetzt bitten wir Miriam und Thorsten aus Odert auf die Couch", dauerte es einen Moment, bis Thorsten begriff, dass er gemeint war. Vor laufender Kamera machte Miriam ihm noch einmal eine Liebeserklärung. Sie weinte, und auch ihm kamen die Tränen. "Nach allem, was wir überstanden haben, bin ich so glücklich, dass ich ihn noch habe", sagt sie. Zwei Jahre darf er nun nicht in die Sonne - schmerzhaft für einen passionierten Cabrio-Fahrer. Doch das schaffen sie auch noch. Und danach? Da darf sich vielleicht Kind Nummer zwei anmelden, sagen beide und lächeln sich verliebt an.

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