Zu Recht Führerschein entzogen?

Führscheintourismus boomt. Doch darf eine deutsche Behörde einem Bundesbürger die Fahrerlaubnis entziehen, wenn diese in einem EU-Mitgliedsstaat erworben wurde? Vor diese Frage wurden nun die Richter des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz gestellt. Ein 38-jähriger Mann klagt gegen Führerscheinentzug durch die Kreisverwaltung Birkenfeld.

Kreis Birkenfeld. (red) Weil ihm die Kreisverwaltung (KV) Birkenfeld seine in Polen erworbene Fahrerlaubnis entzogen hatte, zog ein Mann aus dem Landkreis Birkenfeld nun vor das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz. Bereits zweimal war dem Kläger wegen Trunkenheit am Steuer die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden. Eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU), und damit den Beweis, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, trat der 38-Jährige jedoch nicht an. Stattdessen erwarb der Mann mithilfe einer Berliner Firma eine polnische Fahrerlaubnis. Als die Kreisverwaltung im Jahr 2006 über den im Nachbarland erworbenen Führerschein informiert wurde, klärte sie den 38-Jährigen darüber auf, dass er in Deutschland davon keinen Gebrauch machen dürfe und entzog ihm den Führerschein. Grund: Er habe diese "rechtsmissbräuchlich" in Polen erworben, da er entgegen dem vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Anerkennungsgrundsatz seinerzeit keinen Wohnsitz in Polen gehabt habe. Demnach muss man mindestens 185 Tage lang in einem EU-Mitgliedsland gelebt haben, um dort die Fahrerlaubnis zu erhalten. Die Vermerke im polnischen Führerschein sprechen indes zugunsten des Klägers: Eine Eintragung bescheinigt dem Mann einen damaligen Wohnsitz im nahe der deutsch-polnischen Grenze gelegenen Stettin . Nach Meinung von Rechtsanwalt Werner Säftel wird das Gericht das Urteil aus erster Instanz aller Voraussicht nach zugunsten des Klägers aufheben, so dass dieser seine ausländische Fahrerlaubnis wohl weiterhin behalten wird. "Die Frage ist, ob deutsche Gerichte überprüfen dürfen, ob ein Wohnsitz im Ausland bestand oder nicht. Zudem bleibt zu klären, ob deutsche Behörden einen ausländischen Verwaltungsakt außer Kraft setzen dürfen", betont Säftel. Demnach könne nur die zuständige ausländische Führerscheinstelle einen in ihrem Land ausgehändigten EU-Führerschein wieder entziehen. Mit einem Urteil ist frühestens in drei Wochen zu rechnen.

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