Zwerg-Schulen oder neue Baugebiete?

ERBESKOPF. (urs) Zahlen über Zahlen, nachdenklich stimmende Perspektiven, aber ebenso denkbare Alternativen prasselten bei der vierten Regionaltagung im Hunsrückhaus auf die rund 140 Teilnehmer ein.

Mit der Hoffnung, dass sich die genannten Zahlen am Ende vielleicht doch positiver darstellen, verließen die 140 Teilnehmer nach einer humoristischen Betrachtung des Rottweiler Kabarettisten Thomas Breuer die vierte Regionaltagung im Hunsrückhaus. Möglich, dass sich durch rechtzeitiges Gegensteuern einiges bewegen lässt. Doch den Trend selbst, die rückläufige Entwicklung der Bevölkerungszahlen, wird kaum einer stoppen können. Eine damit verbundene Problematik, die aber meist erst bei intensiverer Beschäftigung mit dem Thema bewusst wird, führte Alexandra Lux vom Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung vor Augen. Schätzungsweise 80 Prozent der Kosten für Anlagen und Netze der Wasserversorgung entstünden unabhängig vom Verbrauch. Was bei unverändertem Vorhalten bestehender Anlagen für den Einzelnen steigende Kosten bedeute. Daher besteht laut Lux die Herausforderung darin, "die Versorgungsstrukturen und nicht die Bevölkerungsentwicklung anzupassen." Auch in anderen Bereichen werden Änderungen unvermeidlich sein, wie Hans-Jörg Domhardt erläuterte, der an der Technischen Universität Kaiserslautern den Lehrstuhl für Regionalentwicklung und Raumordnung inne hat. "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen unter die Tragfähigkeitsgrenzen geraten." Die Folge könnten Schließungen, Zusammenlegungen, temporäre Öffnungen oder eventuell auch ein Zurück zur Zwerg-Schule sein. In jedem Fall aber sei eine "interkommunale Kooperation" notwendig: "Die einzelnen Gemeinden schaffen das nicht mehr." In der Diskussion berichtete Willi Emser aus Baldringen über positive Erfahrungen. "Unsere Gemeinde ist um 100 Personen größer geworden", so der Bürgermeister des 270 Seelen-Dorfes. Ohne die Ausweisung neuer Baugebiete wäre das nicht möglich gewesen. Allerdings sieht er hinsichtlich der Bedingungen für Familien starken Handlungsbedarf in der Politik. Die Chancen des Standortes Rheinland-Pfalz untermauerte auch Rainer Richarts, Ressort-Leiter der Landesbank, der sich auf ein Gutachten der Deutschen Bank Research berief. Im Bankenbereich würden die Zahlen differenzierter gesehen.Gutachten: Rheinland-Pfalz kann sogar wachsen

Statt der von dem Trierer Referenten Christian Muschwitz herangezogenen Ergebnisse eines studentischen Forschungsprojektes, das für die nächsten Jahrzehnte von einer Bevölkerungsabnahme um 3,8 bis 25 Prozent ausgeht, sei sogar ein Zuwachs möglich. Und zwar bis 2020 für Rheinland-Pfalz um 4,2 und für Hessen um 1,6 Prozent. Im Saarland sei dagegen mit einem Rückgang um 7,7 Prozent zu rechnen. Richard Pestemer, Gemeinderatsmitglied aus Neunkirchen, bedauerte das Fehlen einer "Entwicklungspolitik für die Erhaltung der Dorfkerne". Stattdessen würden Discounter-Ansiedlung und Flughafenausbau Hahn vorangetrieben. Die Organisation einer Innenentwicklung liegt auch Herbert Schu, Thalfanger Raum- und Umweltplaner, am Herzen. In Idar-Oberstein klagten Geschäftsleute über teure Parkmöglichkeiten im Ort, während Außenbereiche auf der "Grünen Wiese" noch bezuschusst würden.

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