Zwischen Formularflut und Fachchinesisch

T halfang . Traditionell zum "letzten Markt" in Thalfang veranstaltet der Kreisverband Bernkastel-Wittlich des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau eine Bezirkstagung in der Thalfanger Festhalle. In diesem Jahr ging es um die neueste Agrarreform, die manchem Landwirt Ärger und Verzweiflung ins Gesicht treibt.

Die rund 100 Teilnehmer an der Bezirkstagung des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Kreisverband Bernkastel-Wittlich in Thalfang, die gekommen waren, um das Referat über die "Milchreform im Spannungsfeld zwischen Agrarreform und WTO" zu hören, waren gut beraten, ein Fremdwörterlexikon mit sich zu führen und wenigstens zwei bis drei Semester Betriebswirtschaftsstudium hinter sich zu haben. Was Rudolf Schmidt, Leiter des Referats Milch beim Deutschen Bauernverband (DBV) den Landwirten über die jüngst beschlossenen Reformen der europäischen Union zu berichten hatte, war für Otto Normalverbraucher nicht mehr zu verstehen. Da war die Rede von betriebsindividueller Entkoppelung und alternativer Kopplung, von Cross Compliance und zielgerichtetem Einsatz von Modulationsmitteln. Schmidt sprach von Antragsfristen bis zum 15. Mai 2004 und gab gleichzeitig seiner Hoffnung Ausdruck, dass die entsprechenden Antragsformulare bis dahin fertig sein werden. Er stellte den Landwirten die Wahrscheinlichkeit in Aussicht, dass die Milchpreise zum 1. Juli sinken werden, die versprochenen Ausgleichszahlungen, die den Verlust der Bauern etwas abfedern sollen, sich aber durchaus bis zum 30. Juni 2006 hinauszögern könnten. Gleichzeitig stellte Schmidt anhand einer Grafik dar, dass es den Milchbauern in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu ihren Kollegen aus den anderen Bundesländern immer noch recht gut gehe, da hier in den letzten zwölf Jahren die Milchpreise für die Erzeuger fast immer über dem Bundesdurchschnitt gelegen haben. Der Vorsitzende des Kreisverbandes, Manfred Zelder, fragte nach dem Referat den TV -Berichterstatter, ob er denn nun verstanden habe, was Schmidt erläuterte. Auf die folgende Verneinung meinte er: "Da sind sie in bester Gesellschaft. In Brüssel gibt es zwei Sorten Beamte. Die einen können erklären, wie diese Reform funktioniert, haben allerdings nichts davon verstanden, die anderen haben das System begriffen, können es aber nicht erklären." Klar wurde den Bauern in Thalfang allerdings eines: Es wird eine Flut von neuen Formularen auf sie zukommen und ihre Einkünfte werden mit ziemlicher Sicherheit wieder einmal sinken. Der Ärger über diese Aussichten machte sich in der anschließenden Diskussion auch vehement Luft.Landwirte machten ihrem Ärger Luft

Ein Landwirt bezeichnete die Reform als "modernes Raubrittertum mit humanitärer Folter", Melanie Westerschulte, Assistentin des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz, stellte fest: "Wir haben die Wahl zwischen der Pest und der Cholera." in Landwirt, dem die Verzweiflung und auch Erregung deutlich ins Gesicht geschrieben stand, forderte vom DBV die Organisation bundesweiter Protestaktionen. Was man auch immer von der Agrarreform, die auf unsere Landwirte zukommt, verstanden haben mag: Eines wurde deutlich. Einfacher wird das Leben der Bauern in der Region nicht werden.

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