Zwischen Stall und Feder

HILSCHEID. Landwirtschaft, Bürgermeisteramt und Vereinsengagement - das sind die drei Aktivitäten zwischen denen Herbert Kling seine Zeit aufteilen muss. Der 74-jährige Ortsbürgermeister von Hilscheid, der auch "Vater" der Ortschronik ist, gibt sein Amt in jüngere Hände.

Mit 74 Jahren ein weiteres Mal antreten? Nein, das wollte Herbert Kling nicht. "Irgendwie sollte man ja mal kürzer treten", findet Herbert Kling, Ortsbürgermeister von Hilscheid. Schließlich lenkt er seit 1960 die Geschicke des Ortes mit. Seitdem sitzt er im Gemeinderat - mit vierjähriger Unterbrechung von 1969 bis 1974. "Da haben sie Listen gemacht, und das wollte ich nicht mitmachen", erinnert sich Kling, der danach als erster Beigeordneter einstieg und seit dem 16. Januar 1978 Gemeindechef ist.Für die Zukunft fit gemacht

Seither hat sich in Hilscheid einiges getan. Wasserleitungen, Kanal- und Straßenbau, Beleuchtung - alles ist auf dem neuesten Stand. Mit dem orts-typischen Ausbau wurden auch die vier, von eigenen Quellen gespeisten Dorfbrunnen, neu verrohrt. Außerdem baute die Gemeinde die alte Schule in ein Gemeindehaus mit Platz für Geräte- und Feuerwehrhaus um. Der Jugend sollten durch den Bau von Sportplatz, Sportlerheim und Trainingsplatz Freizeitmöglichkeiten geboten werden. Das bedeutsamste Ereignis seiner Amtszeit war für Kling jedoch die Veröffentlichung der Ortschronik. Dieses Buch ist Klings Werk. "Nur selbst schreiben wollte ich nicht", stellt er fest. "Ich bin Landwirt und hab die Mistgabel besser im Griff als den Schreibkram", ist der Junggeselle überzeugt. Doch der Ortsbürgermeister hat sehr wohl ein Händchen für das Schriftliche, was sich an seinen Übersetzungen alter Schriften zeigt. Scheinbar mühelos entziffert er schwierige, schnörkelreiche Handschriften. Darüber hinaus versteht er es, den Inhalt mehrerer hundert Jahre alter Aufzeichnungen zu entschlüsseln, was wegen der eigenen Sprache sowie der französisch geprägten Ausdrucksweise schwierig ist.Werke in Reimen verfasst

Ein Beispiel dafür ist das von 1794 bis 1815 geführte, in der Chronik abgedruckte Hausbuch der Familie Blatt. Es überrascht nicht, dass sich der scheidende Ortsbürgermeister künftig dieser Fähigkeit etwas intensiver widmen will. "Die Aufzeichnungen werde ich weiter machen. Alles, was ich finde, wird übersetzt", verspricht Kling. Daher hat er auch keine Bedenken, dass sein Rückzug zu viel Ruhe mit sich bringen könnte. Klings Leidenschaft für das Aktenstudium, die sich in seiner Gründungsmitgliedschaft im Kulturgeschichtlichen Verein Hochwald widerspiegelt, bescherte der Gemeinde weitere Werke. So verfasste er Abhandlungen zur Geschichte des Gesangvereins, des Haardtwaldes oder des Zwölf-Gemeinde-Waldes - in Reimen. Dabei kamen Dinge zu Tage, die selbst das aktive Mitglied des "MGV Frohsinn" überraschten. Denn wer hätte gedacht, dass Hilscheid schon 1798 einen Chor hatte. Wie sehr sich der 74-Jährige mit dem Verein identifiziert, zeigt sich an seiner Zuverlässigkeit: "In 55 Jahren habe ich beim Beerdigungssingen nur vier Mal gefehlt", betont er. Ebenso war der rührige Gemeindechef beim Start des Karnevalsvereins "Helschder Scheierpoarzler" dabei. Die Feuerwehr würdigte die Leistungen ihres Mitglieds sogar mit einer Beförderung zum Löschmeister, der zuvor kein Lehrgang voraus gegangen war.

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