Andere Jagdform, weniger Schäden

Neunkirchen · Neunkirchen stellt sein Jagdsystem um: Statt des üblichen Pächters soll sich ein Dienstleister um die Jagd von Rehen und Schwarzwild im Neunkirchener Forst kümmern. Zwar fällt damit die jährliche Jagdpacht weg, doch könnte die Ortsgemeinde langfristig trotzdem finanziell profitieren.

 Auch zum Schutz des Waldes werden Jäger eingesetzt. In Thalfang sollen sie unter anderem Wildverbiss an den Bäumen eindämmen. Foto: dpa

Auch zum Schutz des Waldes werden Jäger eingesetzt. In Thalfang sollen sie unter anderem Wildverbiss an den Bäumen eindämmen. Foto: dpa

Foto: Z1022 Patrick Pleul (dpa/zb)

Neunkirchen. Die Jagdpacht ist für viele kleine Ortsgemeinden eine wichtige Einnahmequelle. So auch für die rund 150 Einwohner zählende Gemeinde Neunkirchen in der Verbandsgemeinde Thalfang. 6000 Euro zahlt der Pächter jährlich in die Gemeindekasse.Doch wollen die Neunkirchener statt der üblichen Verpachtung jetzt einen anderen Weg einschlagen: Ab April 2017 soll die Jagd in Eigenregie erfolgen. Dafür holt sich die Gemeinde mit der Firma Pro Jagdkonzept einen Partner mit ins Boot. Dieser soll sicherstellen, dass die erforderlichen Abschussquoten eingehalten werden.Jagdfirma soll aushelfen

Pro Jagdkonzept kümmert sich um den Aufbau und den Unterhalt der notwendigen Infrastruktur wie Hochsitze, vergibt Berechtigungsscheine zur Jagd im Neunkirchener Forst, übernimmt die Vermarktung des anfallenden Wildbrets und zahlt anfallende Wildschäden an die Landwirte. Das Konzept haben alle Beteiligten bei einer Einwohnerversammlung vorgestellt.Durch diesen Partner fängt die Gemeinde wesentliche Nachteile der Bejagung in Eigenregie auf. Diese sind laut Alexander Wendlandt vom Gemeinde- und Städtebund der hohe Organisationsaufwand und die Ersatzzahlungen für Wildschäden. "Diese sind bei einer Neuverpachtung ein wesentlicher Knackpunkt", sagt er. Dazu kommen Schäden durch Wildverbiss an den Bäumen. Dafür ist der Neunkirchener Gemeindeforst besonders empfindlich."Die Umstellung auf Dauermischwald bei uns erfordert mehr Jagd als bisher", sagt Revierförsterin Anne Koch. 95 Prozent aller abgeästen Eichen seien niedriger als 20 Zentimeter und erschienen deshalb nicht bei Aufstellungen von Verbissschäden, sagt der Forstsachverständige Klaus Remmy. "Der Wilddruck auf die Verjüngung des Waldes ist enorm", sagt er.Und das will man durch die Vergabe der Jagd an Pro Jagdkonzept in den Griff bekommen, sagt Ortsbürgermeister Richard Pestemer. "Das Unternehmen ist dazu in der Lage. Das haben wir in Referenzbezirken gesehen", sagt er. Die Eigenbejagung sei eine sinnvolle Ergänzung zur Eigenbeförsterung, die die Ortsgemeinde vor sieben Jahren eingeführt habe, sagt er.Durch das neue Konzept würden sich Einsparungen ergeben, beispielsweise beim Einsatz von Schutzzäunen und Baumummantelungen gegen Wildverbiss. "Man muss dabei langfristig denken. Sie können mehr aus dem Wald herausholen, aber es dauert", sagt Uli Osterheld von Pro Jagdkonzept. In den rheinland-pfälzischen Wäldern gebe es "soviel Wild wie noch nie", sagt er. Die Anzahl des Rehwilds soll deshalb durch "nachhaltigen Abschuss" im Frühjahr zehn Tiere pro 100 Hektar Revierfläche betragen, sagt er als Beispiel.Zehn Tiere auf 100 Hektar

Die Aufgaben des Dienstleisters, der alles um die Jagd im Neunkirchener Wald managen soll: "Immer wenn es ums Geld geht, kommen wir ins Spiel", sagt Osterheld. Was unterscheidet das Unternehmen vom üblichen Jagdpächter? Man könne mehr Jäger aufbieten, um die erforderlichen Abschussquoten zu erreichen, sagt Osterheld. Diese sollen aus der näheren Umgebung gewonnen werden. Die Jagd und die Abschussquoten sollen nach wildbiologischen Erkenntnissen erfolgen.Der Jagdmanagementvertrag soll in Kürze für die Dauer von acht Jahren geschlossen werden, sagt Pestemer. Rückendeckung für ihre Pläne haben die Neunkirchener vom Beurener Förster Jürgen Jacoby erhalten, der die Infoveranstaltung besucht hat."Ich habe in 40 Jahren keinen Pächter erlebt, der für die Gemeinde arbeitet", sagt er. In seinem Revier müsse er "Gatter bauen ohne Ende."Meinung

Das Modell ist einen Versuch wertVor Jahren war es für viele Gemeinden einfach, einen Jagdpächter zu finden. Für reiche Unternehmer war es oftmals auch ein Statusymbol, über eine eigene Jagd zu verfügen und dort mit Freunden auf die Pirsch zu gehen. Wildschäden wurden ohne viel Murren bezahlt. Denn die Landwirte haben ein Anrecht, für Schäden, die durch Wild an ihren Feldern enstehen, Ausgleich zu erhalten. Aber diese Wildschäden steigen in ganz Rheinland-Pfalz. Der zunehmende Maisanbau lockt das Schwarzwild aus dem Wald, das ganze Felder verwüsten kann.. Der Schaden geht dann in die Zehntausende Euro. Hinzu kommt der Verbiss am Baumbestand. Wird zudem zuwenig gejagt, steigen die Wild-Populationen - ein Teufelskreis. Wegen dieser steigenden Kosten sinkt schließlich auch die Nachfrage von Einzelpersonen nach Jagdpachten. Das ehemalige Statussymbol wird schlichtweg zu teuer. Deshalb ist es sinnvoll, die Jagd in professionelle Hände zu geben. Nur so kann das biologische Gleichgewicht letztlich wieder hergestellt werden. hp.linz@volksfreund.de

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