Pferd und Mensch gemeinsam im Moor

Erbeskopf/Muhl/Börfink · Für die Land- und Forstwirtschaft sind Moore ohne Wert. Anders sieht es beim Hochwasser- und Umweltschutz aus. Als Speicher für Wasser und Kohlendioxid sind sie wichtig. Im Hochwald waren mehrere Freiwilligenteams unterwegs, um sie wiederherzustellen.

Pferd und Mensch gemeinsam im Moor
Foto: Alexander Schumitz (itz) ("TV-Upload Schumitz"

Erbeskopf/Muhl/Börfink. Jörg Dietrich arbeitet als Amtsleiter der Umweltbehörde im Kreis Saarlouis. Doch für einen Tag tauscht der zertifizierte Nationalparkführer seinen Schreibtisch gegen Handschuhe und Schubkarre. Über einen Steg aus Holzplanken fährt er ein Gemisch aus Sägespänen und Rindenstücken an die Baustelle 200 Meter tief in den Wald. Dort steht Anna Helms. Sie beobachtet wie mehrere Freiwillige einen tiefen Graben mit Spundwänden verschließen. "Mit dem Sägespan-Gemisch werden anschließend die Gräben aufgefüllt, die den Tierchbruch, einem Teil des Naturschutzgebiets Riedbruch nördlich von Thranenweier entwässern", erklärt die Projektleiterin.
Arbeit am Hunsrückkamm


Sie arbeitet für das Bergwaldprojekt, das sich im Auftrag des EU-Life Projekts Hochwald sowie der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz um die Wiederherstellung der Moore entlang des Hunsrückhöhenkamms kümmert. Dazu müssen vor allem Gräben, die wie eine Drainage wirken, verschlossen und Bäume an feuchten Standorten gefällt werden.
Als die Preußen vor etwa 150 Jahren anfingen, den Hunsrück mit Sitkafichten aufzuforsten, legten sie große Teile der im Hunsrück sogenannten Hangbrücher trocken. Der Grund: Der Nadelbaum verträgt keine Feuchtigkeit. Die Wurzeln würden faulen, und die Bäume absterben. Die Folge dieser historischen Aufforstung ist, dass die Moore austrocknen. Es kommt zur Erosion des Torfs, der sich über Jahrtausende gebildet hat. Helms weist darauf hin, dass sich das Verschwinden des Bodens an den Pflanzen gut erkennen lasse, weil die Wurzeln auch oberhalb der Erdschicht zu sehen sind.
Mit dem Moor verschwanden nicht nur wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Es fehlt auch ein wichtiger Wasser-, Kohlendioxid- und Stickstoffspeicher. So können Torfmoose bis zum 20-fachen ihres Körpergewichts an Wasser aufnehmen.
Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz kam 2012 zu dem Ergebnis, dass Algen, Flechten und Moose jährlich weltweit 14 Milliarden Tonnen Kohlendioxid und 50 Millionen Tonnen Stickstoff aufnehmen. Das entspricht laut den Forschern der Menge, die jährlich durch das Abbrennen von Wäldern und anderer Biomassen freigesetzt werden.
Fichten bleiben stehen


"Mit den Sperren wollen wir erreichen, dass die Flächen zwischen den Gräben wieder die Feuchtigkeit halten, nass werden und sich in eine Moorlandschaft zurückverwandeln", sagt Helms. Die Forstwissenschaftlerin war dafür schon mit freiwilligen Helfern zwei Wochen lang im Ochsenbruch nördlich von Börfink unterwegs. Dort kamen noch Forstmaschinen zum Einsatz.
Doch dieses Mal geht man einen anderen Weg: Zwei Rückepferde unterstützen die Freiwilligen, und die Fichten bleiben stehen. Das hat laut Nicole Fournier, die in der Stiftung Natur und Umwelt für die Renaturierung der Moore zuständig ist, mehrere Gründe: Das Material zum Verschließen der Gräben muss über eine Wildnisfläche, auf der Maschinen nicht eingesetzt werden dürfen, zur Baustelle gebracht werden. "Statt auf Man- setzen wir auf Pferdepower.
Dank der Kaltblüter ist der Eingriff in den Boden nur minimal", sagt Fournier. Außerdem wolle man vergleichen, wie die Renaturierung eines Moores ablaufe, wenn die Bäume stehenbleiben. Sie verspricht sich davon wichtige Impulse für künftige Moor-Renaturierungen.
Für Bernd Junge ist die Arbeit im Moor eine "schöne Abwechslung" vom Planungsalltag in einem Institut am Umweltcampus in Birkenfeld. Er hat sich wieder eine Woche Urlaub genommen, um das Bergwaldprojekt ehrenamtlich zu unterstützen. "Mir ist es wichtig, mich für den Umweltschutz zu engagieren", sagt Junge. Dazu komme die Gemeinschaft mit 20 Gleichgesinnten. Denn alle übernachten im Landheim in Achtelsbach (Landkreis Birkenfeld). Auch 2017 will er einen Teil seines Jahresurlaubs in den Dienst des Umweltschutzes stellen.
Extra

Vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg läuft seit 15 Monaten ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland. Die Europäische Kommission wirft Deutschland vor, zu wenig gegen die Freisetzung von Stickoxiden zu unternehmen. Inzwischen hat das Bundesumweltministerium darauf reagiert und beraten, mit welcher Strategie die Emissionen etwa in den Bereichen Verkehr, Wohnen, Ernährung sowie Gesundheit gesenkt werden können. Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2003 werden in Europa bis zu 50 Prozent der Stickoxide durch Verkehr verursacht. Stickoxide können die Atmungsorgane schädigen und sind klimaschädlich, da sie die Erderwärmung verstärken. itzExtra

Pferd und Mensch gemeinsam im Moor
Foto: Alexander Schumitz (itz) ("TV-Upload Schumitz"
 Pferde bringen das Arbeitsmaterial für die freiwilligen Helfer bis an den Graben (oben). Mit Barrieren werden alte Gräben verschlossen. So soll das Abfließen des Wassers aus dem Moor verhindert werden (unten rechts). Bis zu den Knien steht Jörg Dietrich im Schlamm, um das Sägespan-Holzschnitzelgemisch zu verdichten.TV-Fotos (3): Alexander Schumitz

Pferde bringen das Arbeitsmaterial für die freiwilligen Helfer bis an den Graben (oben). Mit Barrieren werden alte Gräben verschlossen. So soll das Abfließen des Wassers aus dem Moor verhindert werden (unten rechts). Bis zu den Knien steht Jörg Dietrich im Schlamm, um das Sägespan-Holzschnitzelgemisch zu verdichten.TV-Fotos (3): Alexander Schumitz

Foto: Alexander Schumitz (itz) ("TV-Upload Schumitz"

Das EU-Life Projekt Hochwald läuft bis 2020. Von den potentiell 1300 Hektar Moor - das entspricht etwa der Größe von 2000 Fußballplätzen - im Nationalpark umfasst diese Renaturierung eine Fläche von circa 300 Hektar. Hierfür stehen der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz bis 2020 zwei Millionen Euro zur Verfügung. Die Hälfte der Kosten wird aus EU-Mitteln finanziert. itz

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