Von Rathaussternchen und gelben Engeln im Morbacher Rathaus

Thalfang/Morbach · Die Fastnachter sind im Hunsrück in die Rathäuser eingezogen. In Thalfang haben Abgeordnete der Karnevalsvereine der Verbandsgemeinde Bürgermeister Marc Hüllenkremer den Schlüssel abgenommen. In Morbach konnte sich die Beigeordnete Brigitte Heintel dem Sturm der Möhnen nicht erwehren.

Thalfang/Morbach. Blutrünstig, erschreckend und mit stechenden Augen: Der Thalfanger Bürgermeister Marc Hüllenkremer hat tief in die Schminkkiste gegriffen und sich als Dracula kostümiert, um die Thalfanger Fastnachter bei der Eroberung des Rathauses zu stoppen. Doch vergebens, denn die Karnevalisten haben Thalfang schon längst zu ihrem Hollywood erklärt: Der rote Teppich wurde für die Narren ausgelegt, die Namen der Rathausbediensteten auf goldenen Sternen notiert und als Walk of Fame an die Fenster des Treppenhauses geklebt. Angesichts der Übermacht von Abgeordneten der Märker Senoritas und der Gäggische Hühner aus Thalfang, der Berglichter Wackesse, der Helschder Scheierpoarzler und der Hädeborja Flappesse überreicht er ohne große Gegenwehr die Rathausschlüssel.
Dennoch ergreift der abgesetzte Bürgermeister das Wort: "Täglich Szenen voller Dramatik und Gefühl, alles bestens durchdacht mit eiskaltem Kalkül", lobt er den filmreifen Büroalltag seiner Star-Beamten. Dabei streift Hüllenkremer auch einige aktuelle Themen, wie die Eröffnung des Nationalparks und der damit versprochenen Fördergelder, die ersehnte Sanierung der Realschule plus "für die Stars von morgen" und die Hochzeit mit einer anderen Verbandsgemeinde. "Wir sind hier richtig gut, viel besser als im versnobten Hollywood", lautet sein Resümee.
Im Morbacher Rathaus hat es nichts genützt, mit der Beigeordneten Brigitte Heintel eine Frau zu den eroberungswilligen Möhnen zu schicken. Heintel hat den abwesenden Rathaus-Chef Andreas Hackethal vertreten. Doch auch sie musste den Schlüssel an die schwarzgekleideten Möhnen abgeben, obwohl ihr ein lebensgroßes Abbild des Morbacher Bürgermeisters auf dem Rücken einen Rest Autorität verleihen sollte. "Das ist total unsolidarisch, wenn eine Frau an andere Frauen den Schlüssel abgeben muss", beklagt sie den Verlust ihrer Macht. "Das ist nicht akzeptabel!"
"Das ist einfach nur richtig", erwidert die Möhne Heike Göhl, die sich den Rathausschlüssel als Trophäe um den Hals gehängt hat. Dass eine Frau die Schlüsselgewalt für das Rathaus übernommen hat, spiele beim Rathaussturm keine Rolle und "sei ihr ganz egal." Doch sind die Widersprüche zwischen Rathauschefin und Möhnen bei einem Glas Sekt offensichtlich schnell ausgeräumt.
Die Möhnen beginnen eine Polonaise durch den Sitzungssaal, der sich die als gelbe Engel verkleideten Ratshausbediensteten schnell anschließen. Thomas Gauer verleiht bei seiner Büttenrede neben der Beigeordneten auch den Möhnen einen TÜV-Stempel: "Knautschzone einwandfrei, auf den ersten Blick keine Materialermüdung und die Karosserie super in Schuss", lautet sein Urteil über die Eroberinnen des Rathauses.

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