Hunsrücker Königsdisziplin

Schneller, weiter, höher. Es muss ja nicht immer gleich Peking sein. Sportliche Höchstleistungen werden auch im Hunsrück erzielt. Das haben auch die "Highland-Games" vor einer Woche beim Erbeskopf-Sommerfest gezeigt.

Das war ja eine Gaudi. Ob Tauziehen oder Baumstamm-Weitwurf - da kamen vor allem die Herren der Schöpfung ganz schön ins Schwitzen. Unsereiner muss ja schon weltmeisterliche Leistungen beim Wegräumen von herrenlosen Socken oder beim ständigen Zudrehen von Zahnpasta-Tuben vollbringen.

Aber die allerwichtigste Hunsrücker Disziplin hat komplett gefehlt: das Grillen. Also, wenn ich die Aktivitäten meines Hermann so betrachte, ist diese "Sportart" allein einen Fünfkampf wert.

Punkt eins: die Entscheidung, wann das Großereignis im eigenen Garten stattfindet. Nichts ist schlimmer, als wenn sich ein heftiger Regenguss spontan über die Grillstelle ergießt. Um das zu verhindern, macht sich der Mann intensiv in Presse, Funk und Fernsehen kundig. Da sich die Angaben in aller Regel widersprechen, muss das Thema ausgiebig am Stammtisch diskutiert werden. Erst nach einer mehr feuchten, als fröhlichen Diskussion wird die Entscheidung gefällt, die allerdings beim Vorliegen neuer Informationen nochmals überprüft werden muss.

Zweite Disziplin: das Aussuchen des Grillguts. Obwohl Einkaufen eigentlich Frauensache ist, geht mein Hermann in diesem speziellen Fall höchstpersönlich zum Metzger. Schließlich kommt nur die allerbeste Qualität in Frage, wenn der Mann schwenkt. Abgehangen oder schlachtfrisch, mit wenig oder viel Fett, Schwein oder Rind - jede dieser Fragen wird intensiv unter Einbeziehung der anwesenden Kunden geklärt.

Drittens: die Beschaffung der flüssigen Utensilien. Zwei, drei Kästen Stubbi für die Herren der Schöpfung und Sprudel für das angeblich schwache Geschlecht, denkste, die Zeiten sind vorbei. Der eine trinkt nur Weizen, der andere nur Mixgetränke, und für den dritten muss das Bier natürlich vom Fass sein. Es soll sogar Männer geben, die alkoholfrei bleiben wollen. Auch hier gilt: Die Kaufentscheidung wird ausgiebig diskutiert.

Disziplin Nummer vier ist das penible Vorbereiten der Grillstelle. Alles muss an seinem Platz sein: Rost, Schürze, Grillgabel, Handschuhe, Anzünder, ein Blasebalg - ein Fön ist verpönt - und Holzkohle in ausreichender Menge. Auch der Grillplatz wird unter der Berücksichtigung der Windrichtung stets neu festgelegt.

Fünftens, der Grillvorgang an sich: Beinahe andächtig ordnet Hermann die Kohle samt Anzünder an, hält ein brennendes Streichholz daran und blickt andächtig in die Flammen. Zunächst wedelt und bläst er, um das Feuer zu entfachen. Später kommen technische Hilfsmittel hinzu, etwa der Blasebalg. Das Ritual geht weiter: Würstchen beziehungsweise Fleischstücke werden auf dem Rost platziert, ein Stück nach dem anderen. Die sportliche Höchstleistung schlechthin ist es, exakt den richtigen Zeitpunkt abzupassen, wenn das Grillgut innen gar und außen schön knusprig ist. Und dann geht's ans Verspeisen.

Ihr meint, da fehlt was? Nach der Großveranstaltung müsse schließlich alles aufgeräumt, geputzt und gespült werden. Zur Hunsrücker Königsdisziplin, die ausschließlich den Männern vorbehalten ist, gehört diese "Sportart" nicht. Davon ist zumindest der heimische Grillmeister überzeugt, weiß Eure

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