"Das Dorfleben wird zugrunde gerichtet"

Ärger und Frustration herrschen in Temmels über die geplante Schließung der Postannahmestelle. Ortsbürgermeister Joachim Mimler sieht die Attraktivität der Dörfer schwinden.

 Gertrud Kramp versteht die Schließung ihrer Annahmestelle nicht. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Gertrud Kramp versteht die Schließung ihrer Annahmestelle nicht. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Nittel. (dt) Gertrud Kramp kann ihre Enttäuschung nur schwer verbergen. Die Betreiberin der Postannahmestelle "Am Bach" in Temmels hat erfahren, dass die Deutsche Post ihre Filiale Ende Januar 2010 schließen wird: "Es tut mir vor allem für meine älteren Kunden leid. Was sollen die denn jetzt machen, in Konz am Schalter bekommen die doch nicht die Hilfe wie bei mir. Und für die Luxemburger, die schnell mal über die nahe Grenze gekommen sind."

Gertrud Kramp hat ihr Geschäft jahrelang mit viel Herzblut geführt und ist mit dem Zulauf ganz zufrieden. Zudem bricht ihr mit der Insolvenz des Versandhauses "Quelle", dessen Agentur sie im gleichen Laden führt, wohl ein weiteres Standbein weg.

"Es kommt mir vor, als ob das Dorfleben zugrunde gerichtet werden soll", sagt Joachim Mimler, der Ortsbürgermeister. Es sei schwer hinnehmbar, dass der Quasi-Monopolist und ehemalige Staatsbetrieb seine Zelte in dem 700 Einwohner zählenden Dorf abbrechen werde.

Auf Nachfrage des TV gibt sich Stefan Heß von der Postzentrale in Frankfurt zunächst auskunftsfreudig: "Das Annahmegeschäft lohnt sich nicht mehr, die Nachfrage und Kundenfrequenz sind rückläufig. Das lässt sich betriebswirtschaftlich nicht mehr rechnen. Es werden weiterhin Marken für Briefe und Pakete verkauft, nur deren Einlieferung wird eingestellt." Ob denn der Standort Verluste bringe, will Heß allerdings nicht sagen. Gerade den Aspekt der Wirtschaftlichkeit bewertet Ortsbürgermeister Mimler anders: "Es werden doch wohl ein paar Euro für die Post übrig bleiben, die Betreiberin der Annahmestelle, Gertrud Kramp, würde jedenfalls gerne weitermachen". Außerdem habe die Post aufgrund ihrer Marktstellung, seiner Meinung nach, eine Pflicht zur "Daseinsfürsorge". Vor allem für ältere Mitbürger - deren Anteil an der Dorfbevölkerung wächst stetig - werde die Situation sehr unkomfortabel. Wie sich die Post die Versorgung in Zukunft vorstellt, weiß wiederum Stefan Heß von der Postzentrale: "Der Postler wird bei seiner täglichen Runde Brief- und Paketsendungen direkt beim Kunden mitnehmen, sofern diese einen Zettel am Briefkasten befestigt oder eine entsprechende Karte eingeworfen haben."

Die Kunden sind dann an bestimmte Zeiten gebunden. Es ärgert Ortsbürgermeister Mimler, dass ihm hier die Hände gebunden sind. Die Attraktivität der Dörfer lasse nach, vor allem junge Leute und Senioren hätten es immer schwerer: " Die anderen setzen sich eben ins Auto und erledigen ihre Sachen nah bei ihren Arbeitsplätzen."

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