Die Region will nicht in die Röhre gucken

KONZ. Politiker jeder Couleur und auf allen Ebenen laufen Sturm gegen die Pläne der Bahn, den Eisenbahntunnel zwischen Wellen und Nittel "kaputt zu sanieren". Sie wollen verhindern, dass die (noch) zweigleisige Tunnelstrecke aus Kostengründen auf ein Gleis zurückgebaut, damit der Hälfte ihrer Leistungsfähigkeit beraubt und die Region abgehängt wird. Es scheint, als ob die Bahn umdenkt.

Zwar läuft das in Gang gesetzte Planfeststellungsverfahren weiter, doch haben Bahn-Vorstand Otto Wiesheu und DB-Netz-Vorstand Volker Kraft bei einem Spitzengespräch im Berliner Bahn-Tower dem Wahlkreisabgeordneten Bernhard Kaster (CDU) zugesichert, die Rückbaupläne umfassend auf den Prüfstand zu stellen. Eingleisigkeit halbiert die Leistungsfähigkeit

Nachgedacht wird darüber, ob als Alternative zum eingleisigen Rückbau neben einer zweigleisigen Weiterführung auch eine zweite Tunnelröhre infrage kommt. Sie ist, das hat eine Überprüfung bereits ergeben, technisch realisierbar. Ob das Nachdenken auch ein Umdenken bewirkt, ist nicht sicher. Immerhin weichen die Kosten für drei Varianten erheblich voneinander ab. Die Sanierung der rund 500 Meter langen Strecke und deren Rückbau auf ein Gleis sind mit 22 Millionen Euro veranschlagt, die Sanierung und Beibehaltung von zwei Gleisen ist rund zehn Millionen Euro teurer, und wie die Sanierung der alten und der Bau einer zweiten Röhre zu Buche schlagen, ist bisher nicht bekannt. Hoher infrastruktureller Stellenwert

Ginge es nur ums Geld, wäre gegen die Bahn-Sparpläne nichts einzuwenden. Was die Politiker zu so heftiger Aktivität bewegt, ist die sich immer stärker abzeichnende Gefahr, dass der angepeilte Rückbau auf eine eingleisige Verkehrsführung die Region von der Entwicklung abkoppelt: Die Moselstrecke wird in immer stärkerem Maß vom Schienen-Güterverkehr "vom Nordkap bis Gibraltar" genutzt - und der hat Vorrang vor dem Personenverkehr. Da bleibt nur wenig Raum für den Anschluss der Region an das französische TGV-Netz und fast keine Chance mehr für den schienengebundenen regionalen Personenverkehr. Die Stimmen für die Beibehaltung der zweigleisigen Streckenführung an der Obermosel werden lauter. So hat sich der SPD-Landtagsabgeordnete Manfred Nink in einem Brief mit der Bitte um Unterstützung an Ministerpräsident Kurt Beck gewandt, in dem es unter anderem heißt: "Gerade die Region Trier hat mit dem Rückbau des zweiten Brückengleises in Konz … negative Erfahrungen gemacht. So wird jetzt, keine 20 Jahre nach dem Rückbau dieses Gleises, darüber nachgedacht, eine neue Brücke zu bauen und damit die Zweigleisigkeit über die Mosel wieder herzustellen." Der Kreistag sprach sich am 26. März "mit Nachdruck für den Erhalt der Zweigleisigkeit … aus. Eine Erneuerung des Tunnels mit anschließender Eingleisigmachung zwischen Wellen und Nittel wird eindeutig abgelehnt." Und weiter: Die Strecke habe "einen erheblichen infrastrukturellen Stellenwert im zusammenwachenden Europa". Karl-Heinz Frieden, Erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Konz, in deren Bereich Wellen und Nittel fallen, fordert eindeutig, den zu sanierenden Tunnel zweigleisig auszubauen, alles andere mache keinen Sinn. Die Region werde abgeschnitten von den Nachbarn und der Zukunft. Hugo Kohl, Vorsitzender der FWG-Kreistagsfraktion, schreibt: "Die Bemühungen, ein Unheil … zu verhindern, werden von der FWG sehr begrüßt." Kreistagsmitglied Claus Piedmont (FDP) kommentiert die Bahn-Pläne: "Die Franzosen bauen aus, und wir bauen zurück. Die Nachbarn lachen uns aus." Auch Landrat Günther Schartz lehnte im Gespräch mit unserer Zeitung den Rückbau der Obermoselstrecke strikt ab. Die "Wertigkeit dieser Bahnstrecke wird bei Planung und Prognose nicht berücksichtigt. Sie ist eine der leistungsfähigsten in der Region." Auf seine Initiative hin befasst sich am Freitag der Interregionale Parlamentarierrat in Otzenhausen mit dem Thema. In der Einladung zu dieser Zusammenkunft heißt es: "Die mit dem Vorhaben verbundene Gefährdung der optimalen Funktionsfähigkeit dieser Strecke wäre ein Rückschlag für alle politischen und wirtschaftlichen Bemühungen zur Zusammenarbeit und Integration eines der dynamischsten und zukunftsträchtigsten Wirtschaftsräume in Europa."

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