Ein Geburtstagskind aus Stahlbeton

Kanzem · Die Gemeinde Kanzem feiert am Wochenende das 60-jährige Bestehen ihrer Saarbrücke. Nachdem die alte Brücke dem Krieg zum Opfer gefallen war, hatte die Gemeinde Mitte der 50er Jahre das heutige Nachfolgebauwerk errichtet. Im September 1956 feierten die Kanzemer Richtfest.

Ein Geburtstagskind aus Stahlbeton
Foto: Friedhelm Knopp (f.k.) ("TV-Upload Knopp"

Kanzem. Rückblickend betrachtet ist die Kanzemer Saarbrücke ein spätes Kind des Zweiten Weltkriegs. Vermutlich würde die 1929 erbaute Vorgängerin heute noch ihren Dienst tun, wenn sie nicht kurz vor dem Zusammenbruch von der deutschen Wehrmacht zerstört worden wäre. Ortsbürgermeister Johann Peter Mertes blättert in den historischen Unterlagen, in denen sich auch die Kopien beider Grundsteinurkunden befinden. "Deutsche Pioniere sprengten sie am 23. Februar 1945, nachts um 21.57 Uhr. Das stolze Bauwerk war nicht mehr", heißt es da.
Damit erlebte die ehemalige Kanzemer Fähre, die seit 1929 auf der Mosel eingesetzt wurde, eine elf Jahre dauernde Renaissance auf der Saar. Sie sorgte wie von altersher für den Transport von Menschen, Tieren und Geräten zu den gegenüberliegenden Weinbergen.
Eine direkte Straßenverbindung nach Filzen und Konz gab es damals noch nicht. Und damit auch keinen Durchgangsverkehr. Die alte Brücke und die Fähre dienten fast ausschließlich dem Weinbau und der Landwirtschaft sowie als Anbindung an die Bahnstation Kanzem.
Rund ein Jahrzehnt lang blieb eine neue Brücke nur Wunschtraum in Kanzem. Aus eigenen Mitteln konnten die Gemeinde und der damalige Kreis Saarburg keinen Neubau finanzieren. Erst durch die Vermittlung des Trie-rer Regierungspräsidenten Wilhelm Steinlein, so die Chronik, erklärten sich Bund und Land 1955 zu Beihilfezusagen bereit.
Die Gesamtkosten für den Neubau waren auf rund 600 000 Mark veranschlagt, von denen Kanzem einen Anteil von 75 000 Mark zu tragen hatte. Der Preis von 600 000 Mark für eine komplette Drei-Bogen-Stahlbetonbrücke klingt heute fast schon putzig oder nach Schnäppchen. Dabei ist aber zu bedenken, dass das Durchschnittseinkommen Mitte der 50er´Jahre gerade mal 300 Mark betrug.
Den Auftrag zum Brückenbau erhielt die nicht mehr existierende Trierer Firma Hans Friedrich. Baubeginn war im November 1955. Mehrere Hochwasser verzögerten den Bau, doch am 21. September 1956 konnte Richtfest gefeiert werden.
Überschattet wurden die Arbeiten durch den tragischen Tod des Wittlicher Zimmermanns Ernst Reinhold. Am 11. Juli 1956 wurde er von einem Teil der Verschalung erschlagen, das sich in einer Gewitterböe gelöst hatte.
Am 30. November 1956 konnten die Kanzemer mit Ortsbürgermeister Josef Lutz und ihrem Pfarrer Monsignore Dechant Peter Nilles an der Spitze die neue Brücke einweihen. Dazu heißt es in der Urkunde: "Nun steht die neue, stolze Brücke mit Gottes Hilfe glücklich vollendet. Sie ist ein Zeugnis vom Aufbauwillen der Bürger von Gemeinde, Kreis, Land und Volk und ein lauter Mahnruf für den Frieden in der Welt."
Und der Trierische Volksfreund schrieb in seinem Bericht über die Einweihung: "Es bleibt zu hoffen, dass dieses Bauwerk nicht nur eine Wirtschaftsbrücke bleibt, sondern dass mit Hilfe hoher Stellen bald auch die Straße nach Filzem weitergeführt wird." Eine Hoffnung, die sich bald erfüllen sollte. Doch heute denken vielleicht manche verkehrsgeplagte Kanzemer, dass sich diese Hoffnung besser nicht erfüllt hätte.Extra

 Zeitungsausschnitte: Der Trierische Volksfreund berichtet damals: „Kanzem hat durch seine neue Brücke jetzt endlich wieder Anschluss an die Welt bekommen.“

Zeitungsausschnitte: Der Trierische Volksfreund berichtet damals: „Kanzem hat durch seine neue Brücke jetzt endlich wieder Anschluss an die Welt bekommen.“

Foto: Friedhelm Knopp (f.k.) ("TV-Upload Knopp"

Umleitung: Wegen der Feiern ist die Kanzemer Brücke am Samstag von 12 bis 18 Uhr gesperrt. Eine Einfahrt nach Kanzem aus Richtung Konz (L 137) ist in dieser Zeit nicht möglich. Die Umleitung über Konz-Könen und Wawern ist ausgeschildert. Programm: Beginn um 14 Uhr an der Kreuzung Brücken-/Saar-Kirchstraße. 14.30 Uhr: Begrüßung durch die Vertreter von Verwaltung und Politik. Musikalische Gestaltung durch die Heimatmusikanten Wawern und den MGV Tawern. Ab 15 Uhr: Einladung an alle Kanzemer an die große Festtafel auf der Brücke (bis 17 Uhr). 17 Uhr: Eröffnung der großen Festmeile unterhalb der Brücke bis zum Dorfbrunnen. Ab 18 Uhr Musik mit der Rhyth'm & Swing Big Band Trier. f.k.

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