Ein einsames Kriegerehrenmal im Wald

Das Geheimnis eines Ehrenmals: Viele Fragen gibt es wegen eines Denkmals aus dem Ersten Weltkrieg ´bei Wasserliesch am Kultur- und Orchideenweg.

Wasserliesch. (red) Rätsel um ein Ehrenmal: Am Kultur- und Orchideenweg Wasserliesch trifft der Wanderer auf halber Berghöhe im Wald oberhalb des Ortsteils Reinig auf ein bescheidenes Kriegerehrenmal aus dem Ersten Weltkrieg, geschützt von einer niedrigen Stützmauer mit einem Kreuz darauf. Unmittelbar neben der Gedenkstätte erhebt sich die hohe Felswand des historischen "Karthäuser Steinbruchs", auf der Steinbrecher eine rätselhafte Inschrift hinterlassen haben.Die Frage um den Standort bleibt offen

Der einfach behauene rote Sandsteinblock des Ehrenmals mit dem eingemeißelten Text "Den gefallenen Kameraden von Wasserliesch, Reinig und Igel gewidmet" ist mit Natursteinen eingefasst. Auf dem Gedenkstein steht ein Tatzenkreuz, wie man es häufig an Kriegergedenkstätten findet; das "W" darauf bezieht sich auf Kaiser Wilhelm II. In die Rückseite des Ehrenmals ist ein halbrunder Stein eingesetzt, der offensichtlich von einem älteren Ehrenmal stammt, das ebenfalls hier gestanden haben könnte. In diesen Stein sind ein Kreuz, die schon stark verwitterte Inschrift "P.B.21." für "Pionierbatallion 21", die Jahreszahl 1915 und ein Herz mit dem Christusmonogramm "JHS" eingemeißelt. Niemand weiß, weshalb man diese eher beschwerlich zu erreichende Stelle weit außerhalb des Orts als Standort für das Ehrenmal wählte. Gab es hier schon vorher eine Gedenkstätte, vielleicht zum Gedenken an die im Steinbruch verunglückten Steinbrecher, oder hatte man sich nicht auf eine Stelle innerhalb eines der drei beteiligten Orte verständigen können und aus diesem Grund einen neutralen Platz gewählt? Weshalb wurde das Ehrenmal in der Anfangsphase des Ersten Weltkriegs aufgestellt, der erst 1918 zu Ende ging? Überliefert ist, dass das Ehrenmal in der ersten Hälfte des Jahres 1915 errichtet und am 9. Mai feierlich eingesegnet wurde. Unmittelbar nach der Feier habe man einen Maikranz gebunden und ihn mit Musikbegleitung durch Reinig und Wasserliesch getragen — vielleicht eine Art vorgezogene Siegesfeier? Die anfänglichen Siege der deutschen Truppen hatten damals überall den Eindruck entstehen lassen, der Krieg gehe schon bald siegreich zu Ende. Siegesfeiern wurden von den Behörden sogar "verordnet". So rief man die Bevölkerung nach einem Sieg über die Franzosen bei Lunéville Anfang September 1914 auf, die Häuser zu beflaggen. Vielleicht entstand vor diesem Hintergrund der Wunsch, den Gefallenen schon vorab ein Ehrenmal zu errichten. Als Erbauer der Gedenkstätte darf das in Wasserliesch, Reinig und Igel stationierte Pionierbatallion 21 aus Mainz-Kastel gelten. Etwa 110 Soldaten dieser Pioniereinheit waren am 7. August 1914 einquartiert worden. Sie hatten innerhalb weniger Tage eine hölzerne Brücke zwischen Reinig und Igel über die Mosel hinweg gebaut, blieben aber zur Bewachung der Brücke und zur Sicherung des Nachschubs weiter vor Ort. Als Ausdruck der Dankbarkeit für die freundliche Aufnahme und Betreuung sollen sie dann, so wird berichtet, das Ehrenmal gestiftet und aufgestellt haben. Den Gedenkstein selbst haben aber eher einheimische Steinmetze gestaltet, denn das Steinmetzhandwerk besitzt in Wasserliesch und Reinig bis heute eine lange Tradition. Ein Brauch entwickelt sich nach der Errichtung

Nach der Errichtung des Ehrenmals entwickelte sich ein Brauch, den man noch bis in die jüngere Vergangenheit hinein pflegte: Jedes Jahr am 1. Mai spielte eine Bläsergruppe in der Morgendämmerung hier das "Lied vom guten Kameraden", dessen Klänge der Wind aus dem Wald heraus über Reinig hinwegtrug. Heute ist die einsame Kriegergedenkstätte etwas in Vergessenheit geraten. Von Moos und Laub bedeckt, bildet sie einen eigenartigen Kontrast zu dem nicht ganz vollendeten Spruch, den die Steinbrecher in die benachbarte Felswand gemeißelt haben. Weit gehend von Flechten überwuchert, verkündet die Inschrift seit mehr als dreihundert Jahren der Nachwelt: "Anno 1702 und 3 haben wir den Wein für ein Albus..."

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