Ein neuer Ehrenbürger

KONZ. Vom "wohlverdienten Ruhestand" will der ehemalige KUAG-Chef Ulrich Haas nichts wissen. Auch mit 82 Jahren fährt er noch regelmäßig zur Arbeit. Als Leiter des Volkskunde- und Freilichtmuseums Roscheider Hof hat er maßgeblich an dessen Entwicklung mitgearbeitet. Am Samstag wird sein Engagement mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Konz ausgezeichnet.

Wenn Ulrich Haas vom Volkskunde- und Freilichtmuseum Roscheider Hof spricht, sprüht er förmlich über vor Ideen. Seit 21 Jahren leitet er die weit über die Grenzen der Region hinaus bekannte Einrichtung. Dabei hatte der promovierte Wirtschaftsgeograf "von Museen keine Ahnung" als er die Leitung übernahm. Nach dem Kriegsende studierte der gebürtige Siegener Betriebswirtschaft. Seinen ersten Job trat er als Buchhalter in einer Textilfabrik an. Damals ahnte er noch nicht, dass er später in Konz eine ähnliche Fabrik aufbauen wür-de. 1958 kam Haas zur Vereinigten Glanzstofffabrik nach Wuppertal. Zum Konzern gehörte auch die Kunstseiden-AG, die den jungen Mitarbeiter der Geschäftsführung fünf Jahre später zum Aufbau einer neuen Fabrik nach Konz schickte. "Unter vier gleichwertigen Standorten hatten wir Konz ausgesucht, weil es an der Mosel am schönsten war", preist der 82-Jährige die Landschaft an Mosel und Saar. Mit sechs weiteren Mitarbeitern machte sich Haas auf den Weg, um aus dem Nichts eine Fabrik aufzubauen. Die Verhandlungen mit den Behörden seien "einfach sagenhaft" gewesen. Bürgermeister und Landrat hätten sich sehr engagiert. Um den geplanten Standort zu erreichen, wurde eine Kreisstraße gebaut. Die Stadt Konz kaufte 90 Parzellen landwirtschaftlicher Fläche auf, um sie anschließend an den KUAG-Konzern zu veräußern, der 1963 mit dem Bau der Fabrik begann. Ein Jahr später zog Ulrich Haas mit seiner Familie nach Konz. Unter seiner Führung arbeiteten bis zu 1730 Männer und Frauen in dem Werk. Nicht nur in Konz bewegte er einiges, er war auch mehrere Jahre lang Vorsitzender des Verbands Textilindustrie in Rheinland-Pfalz und Hessen. Als Haas 1985 verabschiedet wurde, war er sicher, "dass die Mitarbeiter eine Zukunft in Konz hatten". Keine 20 Jahre später standen die letzten Maschinen still. Das Ende der Fabrik sei für ihn eine schreckliche Sache gewesen, sagt Haas. Wenn er heute an seiner einstigen Wirkungsstätte vorbei fahre, blute ihm das Herz. Fast täglich fährt er an dem einstigen Werksgelände vorbei zu seiner neuen Aufgabe in das Freilichtmuseum. Nur drei Monate nach seiner Verabschiedung bat ihn der damalige Museumsleiter Rolf Robischon um seine Mithilfe beim Aufbau des Museums. "Ich habe von Museen keine Ahnung, kann aber organisieren", sagte Haas damals. Mittlerweile organisiert er seit 21 Jahren die Geschicke des Freilichtmuseums. Als Museumsleiter und Vorsitzender des Trägervereins bemüht er sich nicht nur um die Spenden und Fördermittel, sondern auch um den Ausbau der Einrichtung und den Erwerb von Museumsgut. "Fast jeden Tag werden uns Altertümchen angeboten", sagt Haas, "in unserer Region bekommt man noch Dinge, die es anderswo längst nicht mehr gibt." Sein Antrieb ist es, diese Gegenstände für die Nachwelt zu erhalten. Mittlerweile kann sich das Freilichtmuseum aus einem riesigen Fundus bedienen und die passenden Exponate zusammen stellen. Trotz seiner 82 Jahre denkt Ulrich Haas nicht ans Aufhören. "Das Wort vom wohlverdienten Ruhestand ist für mich eine schreckliche Sache," sagt er und präsentiert schon die nächsten Ideen. So will er eine Strickerei und eine Maschinenweberei ausstellen. Er kann sich den Aufbau einer Museumsbrauerei vorstellen, und wenn der Pächter des Roscheider Hofes aufhört, will er sich um die Feld-scheune als Ausstellungshalle für große Landmaschinen bemühen. Für sein ehrenamtliches Engagement wird Ulrich Haas, der rund 20 Jahre im Stadtrat war, am Samstag die Ehrenbürgerschaft der Stadt Konz verliehen.

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