Er liebt die Logik und die Musik

Konz · Zum ersten Mal in der Geschichte des mehr als 40 Jahre alten Konzer Gymnasiums hat ein Schüler den Dr.-Hans-Riegel-Fachpreis für eine naturwissenschaftliche Arbeit erhalten. Michel Kickert (18) schaffte das mit seiner Facharbeit in Chemie. Obwohl der Schüler sich mit dieser Arbeit auf Uni-Niveau bewegt und bereits eine Klasse übersprungen hat, ist er vollkommen auf dem Teppich geblieben.

 Zwischen Fotometer (links) und Reagenzglas: Michel Kickert (rechts) und Lehrer Jürgen Kopp. TV-Foto: Marion Maier

Zwischen Fotometer (links) und Reagenzglas: Michel Kickert (rechts) und Lehrer Jürgen Kopp. TV-Foto: Marion Maier

Konz. Bereits in der fünften Klasse hat Michel Kickert sein Herz für Naturwissenschaften entdeckt. Seine Erklärung dafür klingt so simpel wie einleuchtend. "Ich mag die Logik in den Naturwissenschaften, ich war damit immer zufrieden."
Der 18-Jährige, der aus einem nichtakademischen Elternhaus stammt, hat nicht nur erstaunliche Vorlieben. Er verfügt auch über ein gerüttelt Maß an Durchhaltewillen. Denn das war nötig, um seine Facharbeit in Chemie, deren Thema er selbst ausgesucht hat, tatsächlich zu Ende zu bringen. So manche Nachtschicht musste er dafür einlegen.
Zwölf Wochen Zeit


Konkret hat Michel Kickert untersucht, wie schnell ein bestimmtes Enzym arbeitet, das bei der Milchsäuregärung eine Rolle spielt und in den Zellen nahezu aller Lebewesen vorkommt. Die Geschwindigkeit errechnete er indirekt mit Hilfe von Lichtstärkemessungen. Sein Betreuer, der Bio- und Chemielehrer Jürgen Kopp, kommentiert das Thema im Nachhinein mit den Worten: "Ich hatte Bauchweh dabei, das war abartig hochtrabend." Doch sagt er auch: "Ich dachte mir, wenn jemand das hinbekommt, dann Michel."
Zwölf Wochen hatte der Konzer Schüler Zeit für die Facharbeit. Genau einen Nachmittag lang durfte er im Labor der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord experimentieren. Hintergrund: In der Schule gab es das Fotometer nicht, das er für die Lichtstärkemessungen brauchte. Die Zeit im Labor war knapp bemessen, und dann ging beim Pipettieren auch noch was daneben. "Zwischendrin habe ich gefragt, ob wir es nicht lassen sollen", sagt Michel Kickert. Doch er blieb zusammen mit seinem Lehrer hartnäckig dran, aß und trank vor Aufregung nichts mehr. Der Nachmittag zog sich arg in die Länge, gegen 0 Uhr hatte Kickert die wichtigsten Daten zusammen.
Die Rackerei hat sich gelohnt. Der 18-Jährige hat als erster Schüler seines Gymnasiums den 1. Platz beim Dr.-Hans-Riegel-Wettbewerb (siehe Extra) errungen. Im Gutachten der Uni Mainz heißt es: "Michel Kickerts Facharbeit besticht mit Originalität, einem hohen Schwierigkeitsgrad der theoretischen Grundlagen und einem sorgsamen Stil!"
Doch allein Naturwissenschaften wird der Schüler deshalb auch künftig nicht im Blick haben. Der junge, zurückhaltende Mann, der schon eine Klasse übersprungen hat, ist vielseitig interessiert. Von 2012 bis 2014 war er Schülersprecher ("Eine schöne Zeit, auch wenn es oft stressig war, neben dem Unterricht zu organisieren."). Er spielt in zwei Musikvereinen und der Schul-Big-Band mit und beherrscht - sage und schreibe - sieben Instrumente: Gitarre, Schlagzeug, Saxofon, Tenorhorn, Tuba, E-Bass und Mundharmonika.
"Ich habe nicht für alle Instrumente Unterricht gehabt. Man wächst da so rein", erklärt der 18-Jährige lapidar. Wenn man Tenorhorn könne, dann könne man auch Tuba. Mit Gitarre und E-Bass verhalte es sich genauso.
Und wie sieht ein solch vielfach begabter Mensch seine Zukunft? "Lehrer sollte es schon sein. Ich möchte nicht raus aus der Schule", sagt Michel Kickert. Schule habe er immer als Hobby gesehen. Er habe viele AGen besucht wie Theater und Big Band. Und als Lehrer könne er seine beiden Vorlieben vielleicht verbinden - Naturwissenschaften als Unterrichtsfach und Musik in Form einer AG. Doch nun steht erstmal das Abi an. Und da geht es Michel Kickert nicht anders als den meisten anderen Schülern: Vor dieser Prüfung hat er gehörig Manschetten.Extra

Was der Dr.-Hans-Riegel-Preis mit Gummibärchen zu tun hat: Die Dr. Hans Riegel-Fachpreise und -Sachpreise werden von deutschen und österreichischen Universitäten in Kooperation mit der Dr.-Hans-Riegel-Stiftung verliehen. Die Stiftung ist benannt nach Johannes Peter "Hans" Riegel, dem mittlerweile verstorbenen Sohn des Gründers der Firma Haribo. Er übernahm 1946 zusammen mit seinem Bruder Paul die Leitung der Firma und baute sie zum Süßwaren-Konzern aus. Die Dr.-Hans-Riegel-Preise zeichnen besonders gute wissenschaftliche Arbeiten von Schülern der Sekundarstufe II und deren betreuende Schulen aus. Ziel der Fach- und Sachpreise ist es, junge Talente und ihre betreuenden Schulen im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich zu fördern. maiExtra

Michel Kickert wurde für die Erstplatzierung der Dr. Hans Riegel-Fachpreis ausgehändigt. Er hat ein Preisgeld von 600 Euro bekommen und wird Mitglied im Stipendiatenprogramm der Dr. Hans Riegel-Stiftung. Zum Programm gehören Seminare zur Frage, wo sich Forschung derzeit bewegt sowie Rhetorik-Kurse und Wissenschaftsreisen. Das Konzer Gymnasium erhält den Dr.-Hans-Riegel-Sachpreis in Form von Unterrichtsmaterial und Messgeräten. Letztere werden verwendet um ein modernes, landesweit einzigartiges Analytiklabor an der Schule aufzubauen. Auch künftige Preisbewerber können dort vor Ort experimentieren. Für das Labor werden noch Sponsoren gesucht. mai

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