Frust wegen maroden Bahnsteigen an der Obermosel

Oberbillig/Wasserliesch · Bahnhaltepunkte kosten Millionenbeträge. Die Fördertöpfe dafür sind nicht üppig bestückt, und die Gemeinden sind fast pleite. Trotz Rückschlägen hoffen zwei Dörfer auf Geld für die Sanierung.

 Weder modern noch barrierefrei: Der Zustand der Bahnsteige in Wasserliesch (oben) und Oberbillig (unten) lässt seit Jahren zu wünschen übrig. TV-Fotos (2): Friedemann Vetter

Weder modern noch barrierefrei: Der Zustand der Bahnsteige in Wasserliesch (oben) und Oberbillig (unten) lässt seit Jahren zu wünschen übrig. TV-Fotos (2): Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Helmut Hommes (80) aus Wasserliesch fragt sich, wie viele andere Menschen aus dem Obermoselort auch, was aus dem geplanten Ausbau des Bahnsteigs geworden ist. Die Pläne dafür gibt es schließlich seit mehr als sechs Jahren: Die Ortsgemeinden Wasserliesch und Oberbillig wollen ihre Bahnsteige sanieren. Und 2011 haben sich beide Gemeinderäte für ein gemeinsames Vorgehen entschieden. So wollen sie Geld sparen. Vor drei Jahren hätten die Arbeiten beginnen, im vergangenen Jahr hätten sie abgeschlossen werden sollen. Passiert ist jedoch nichts. Die Bahnsteige sind die alten. Sie sind weder barrierefrei noch moderner geworden. Die Gemeinden wissen immer noch nicht, wie sie die hohen Kosten stemmen sollen.

Vor sechs Jahren ging die Studie eines Ingenieurbüros davon aus, dass der Ausbau in Oberbillig 900 000 Euro und der in Wasserliesch 1,3 Millionen Euro kosten würde. Heute dürfte der Preis wegen allgemeiner Kostensteigerungen deutlich höher liegen. Alleine können die Gemeinden diese Beträge nicht aufbringen. Auch mit der bestmöglichen Förderung von 85 Prozent wäre der Ausbau für die Orte noch teuer, aber machbar.

Doch eine solche Förderung (siehe Extra) scheint zurzeit nicht gerade wahrscheinlich. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn sagt auf TV-Anfrage am Telefon: "Wir machen da von uns aus nichts." Die Kommune sei gefordert, wenn es um Bahnhaltepunkte gehe, in denen weniger als 1000 Fahrgäste am Tag einsteigen. In Oberbillig sind es etwa 200, in Wasserliesch 300 Reisende täglich.

Für den Wasserliescher Hommes zählt das Argument wenig: "Die Bahn zählt nur die, die schon da sind, nicht die, die mitfahren wollen, aber nicht zum Bahnsteig kommen", sagt er im Gespräch mit dem TV. Doch seine Meinung spielt wohl keine Rolle bei der Entscheidung, wer das Fördergeld für die Bahnsteigsanierung bekommt. Die Bahn klärt zurzeit gemeinsam mit dem Verkehrsministerium und den Zweckverbänden Schienenpersonennahverkehr (SPNV) Nord und Süd, welche Stationen in der nächsten Förderperiode profitieren. Die neue Periode beginnt nach Ablauf der aktuellen Förderzeit Ende 2019. Eine Entscheidung, wer profitiert, könnte noch in diesem Jahr fallen. Die Bahnsprecherin sagt: "Es ist geplant, die Projektliste in diesem Jahr noch abschließend zu behandeln."

Auch der Wasserliescher Ortsbürgermeister Thomas Thelen weiß um die Wichtigkeit der Absprachen und Vereinbarungen zwischen Bahn und den Behörden. "Die Leute denken, die Gemeinde entscheidet, und die Bagger kommen", sagt Thelen. Doch so sei es nicht: "Wir müssen da rein, sonst bekommen wir keine Förderung", sagt Thelen zu der Rahmenvereinbarung zwischen Bahn, Land und Zweckverband. Er habe die Bahn deshalb angeschrieben und hoffe weiterhin darauf, dass der Wasserliescher Bahnsteig gemeinsam mit Oberbillig saniert werden könne.

Der Ortsbürgermeister des Nachbarorts, Andreas Beiling, stimmt seinem Amtskollegen zu. Aber: "Oberbillig hat sich aus Kostengründen von der Barrierefreiheit verabschiedet." Beiling: "Es ist müßig, etwas voranbringen zu wollen, aber nichts passiert." Der Gemeinderat nehme seit mehreren Jahren einen Posten für die eigentlich anstehende Genehmigungs- und Ausführungsplanung auf. Die Kommunalaufsicht streiche diesen wieder, weil kein Fördergeld in Sicht sei.

"Es gab keine positiven Signale", sagt Beiling und hört sich frustriert an. Weder die Bahn noch das Land, der Landkreis oder die Verbandsgemeinde hätten Hilfe angeboten. Trotzdem wolle er es weiter versuchen.KommentarOhne Lobby im Land und bei der Bahn passiert nichtsDie Bahn hat ihre Stationen in den vergangenen Jahrzehnten nicht gut in Schuss gehalten. Deshalb müssen zunächst die Haltepunkte saniert werden, bei denen Sicherheitsprobleme bestehen. Das ist verständlich. Nicht zu verstehen ist jedoch, dass die Arbeit in den Kommunen so frustrierend sein muss. Denn Oberbillig und Wasserliesch haben jahrelang mit großer Energie geplant, um den Ausbau zu ermöglichen. Passiert ist aber nichts. Deshalb brauchen die Dörfer eine Lobby: bei der Bahn, beim Land und beim Zweckverband Schienenpersonennahverkehr. Nur wenn sie dort angehört werden, besteht der Hauch einer Chance, dass die Bahnsteige endlich erneuert werden. Um die Lobby aufzubauen, sind vor allem die Landespolitiker aus der Region gefragt, sich für die Dörfer stark zu machen. Ohne sie bleibt der Einfluss der Kommunen auf Land und Bahn verschwindend gering. c.kremer@volksfreund.deExtra: FÖRDERPERIODE FÜR BAHNSTEIGE

Frust wegen maroden Bahnsteigen an der Obermosel
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Derzeit läuft eine Rahmenvereinbarung der Bahn mit dem Zweckverband Schienenpersonennahverkehr und der Landesregierung für den Förderzeitraum von 2011 bis 2019. In diesem Dokument ist der Ausbau von 50 Bahnhöfen vorgesehen. Aus der Verbandsgemeinde Konz sind der Bahnhof in Karthaus und der Bahnhof in Wiltingen enthalten. Für alle 50 Vorhaben sind insgesamt 100 Millionen Euro vorgesehen. Die nächste Förderperiode beginnt 2020.

Wo das Geld herkommt
Der Bund stellt einen Teil des Geldes in dem Fördertopf zur Verfügung, die Bahn ergänzt es mit eigenen Mitteln. Das Vorgehen ist in einem Vertrag zwischen Bund und Bahn geregelt, der sogenannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung. "Da auch diese Mittel nicht für alle Projekte ausreichen, gewährt das Land für den Ausbau von Bahnstationen Zuwendungen nach dem Landesverkehrsfinanzierungsgesetz", erklärt eine Sprecherin der Bahn im Gespräch mit dem TV. Die Regeln des Landes setzen auch eine finanzielle Beteiligung der Kommunen voraus.

Wer sich um die Umsetzung kümmert
Für die Realisierung der Projekte ist die DB Station & Service AG zuständig, eine Tochterfirma der Deutschen Bahn. Diese Gesellschaft stelle auch die Förderanträge beim Land, erklärt die Bahnsprecherin. "Der zu leistende kommunale Eigenanteil wird in separaten Finanzierungsverträgen zwischen der DB und den Kommunen geregelt."

Welche Stationen für die Förderung infrage kommen
Die Bahnstationen werden laut der Deutschen Bahn "anhand einer Kriterienliste ausgewählt, die in erster Linie den Zustand der Anlagen, die baulichen Mängel, die Nutzerzahlen sowie betriebliche Zwänge erfasst".

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