Gottesdienst wie vor 120 Jahren: Living History in Konz

Konz · Living History lockt am Wochenende knapp 2000 Besucher ins Freilichtmuseum Roscheider Hof. Dabei gab es einen ganz besonderen Höhepunkt.

 Wie um die Jahrhundertwende: Mit Kostümen veranschaulichen die Darsteller das Leben in der Kaiserzeit. TV-Foto: Katharina Hahn

Wie um die Jahrhundertwende: Mit Kostümen veranschaulichen die Darsteller das Leben in der Kaiserzeit. TV-Foto: Katharina Hahn

Foto: (h_ko )

Frauen mit hochgeschlossenen Kleidern, Hauben und Hüten sitzen neben Männern in Uniform und Pickelhaube andächtig in den Rängen. Aus der Ferne tönen passenderweise die Kirchenglocken von St. Nikolaus, als Christoph Urban, Pfarrer der evangelischen Gemeinde Konz-Karthaus, ganz in schwarz und mit Mütze, die Bühne betritt.

Er läutet das besondere Schmankerl im Rahmen des Living History Wochenendes im Roscheider Hof ein: einen Gottesdienst wie vor 120 Jahren, abgehalten auf der Waldbühne. Anstelle einer Orgel untermalt eine Trompete den Gesang der 150 anwesenden Gläubigen. Urbans Predigt und die liturgischen Texte stammen ursprünglich von einem Militär-Oberpfarrer aus Metz. Entsprechend handelt die Messe von der Liebe zu Kaiser Wilhelm, enthält Aufrufe zum Glauben, nicht nur an Gott, sondern vor allem an die Macht der Obrigkeit und endet mit einem militärischen Gruß an die Gemeinde. "Ich finde es wichtig, dass sich Pfarrer Urban eindeutig von den Texten distanziert und sie nur als ein Teil der historischen Illusion wiedergegeben hat. Aber das bietet definitiv Stoff zum Nachdenken", sagt Besucherin Barbara Detering-Hübner.

Aber auch die Ausmaße der Messe waren für heutige Verhältnisse ungewohnt. "Es ist erschreckend, wie sehr den Leuten damals eingehämmert wurde, dass der Kaiser über allem steht. Aber ich bin vor allem froh, dass die Predigten heute nicht mehr so lang sind", findet Isabelle Dern. Doch auch die übrigen Attraktionen des Living History Wochenendes sind mehr als nur einen Blick wert. Überall in den kleinen Hunsrückhäuschen tummeln sich Menschen einer vergangenen Zeit.

Frauen mit Kopftüchern und Kittelschürzen schälen Birnen für ihren Hefekuchen, eine Puppenmacherin mit Hut und Samtkleid demonstriert den kleinsten Besuchern, wie sie das hübsche Spielzeug aus Porzellan selbst herstellt. Am gegenüberliegenden Haus lehnen militärische Trinkflaschen und lange Gewehre an der Fassade. Während die Soldaten in blau-roter Uniform vorüber patrouillieren werden die Besucher Teil einer kleinen Zeitreise. Unter ihnen ist Helmut Hoffmann. Er ist rundum begeistert. "Ich bin jedes Jahr am historischen Wochenende hier. In dieser authentischen Kulisse lebt die Geschichte richtig auf. Der Gottesdienst war in diesem Jahr das i-Tüpfelchen. Aber es ist auch sonst immer ein tolles Erlebnis."

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