Gruppe gestaltet verfallenen Konzer Steinbruch um - Verwaltung erstattet nach Party Anzeige

Konz-Niedermennig · Ein Streit zwischen einer Behörde auf der einen Seite und dem eigenständigen Engagement einer Gruppe junger Erwachsener auf der anderen sorgt zurzeit für Gesprächsstoff. Die Kumpel haben das Gelände eines stillgelegten Steinbruchs ohne Erlaubnis der Verwaltung umgestaltet, obwohl es der Stadt Konz gehört. Jetzt gibt es eine Anzeige.

 Denis Henter steht auf dem Bunker im alten Steinbruch. Er und seine Freunde haben containerweise Müll entfernt und Sonnensegeln, Fahnen und einen "Kronleuchter" aufgehangen - ohne Erlaubnis der Stadt Konz. TV-Foto: Christian Kremer

Denis Henter steht auf dem Bunker im alten Steinbruch. Er und seine Freunde haben containerweise Müll entfernt und Sonnensegeln, Fahnen und einen "Kronleuchter" aufgehangen - ohne Erlaubnis der Stadt Konz. TV-Foto: Christian Kremer

Konz-Niedermennig. Kaum jemand kennt den Ort, den Denis Henter jetzt als Paradies bezeichnet. Der kleine Steinbruch mit dem Kriegsbunker liegt etwas abseits von Niedermennig zwischen dem Konzer Stadtteil und der B.268. Um das Gelände entzündet sich ein Streit zwischen der Stadt Konz und einer Gruppe von jungen Erwachsenen aus dem Tälchen. Sie haben den Steinbruch ohne Erlaubnis von Müll und Gestrüpp befreit und umgestaltet. Dann haben sie dort eine Party gefeiert, bei der die Polizei zweimal wegen Ruhestörung eingeschritten ist. Jetzt fordert die Konzer Verwaltung, dass der Steinbruch wieder geräumt wird. Sie hat zudem eine Anzeige gegen Wortführer Henter erstattet. Der Vorwurf: gemeinschädliche Sachbeschädigung (siehe Extra).

Nostalgische Gründe: Um zu erklären, worum es ihm geht, holt Henter weit aus. Für ihn sei dieser Ort etwas Besonderes - und das in vierter Familiengeneration. Denn der 26-jährige Elektrotechnik-Meister stammt aus dem Konzer Tälchen. Sein Urgroßvater habe in dem Steinbruch Steine geklopft. Sein Opa habe erlebt, wie der Bunker aufgebaut und nach dem Zweiten Weltkrieg gesprengt wurde. Sein Vater habe dort nach Kriegsüberresten wie Munition gesucht. Er selbst ist immer wieder zurückgekehrt - zunächst, um dort zu spielen, später, um mit Freunden rumzuhängen.

Umgestaltung: Im November 2014 kommt Henter eine Idee. Er will aus dem Gelände, das damals total vermüllt ist, etwas Schönes machen: ein Paradies, wie er es nennt. Zusammen mit Freunden - fünf Männern aus dem Tälchen - räumt er auf. Helfer kommen aus anderen Orten der Verbandsgemeinde hinzu. Gemeinsam fahren sie drei Container voller Müll weg - darunter alte Autobatterien, Glasscherben und Spritzmittel.

Kein Kauf: Parallel kontaktiert Henter die Stadt Konz. Er will die 2953 Quadratmeter große Fläche von ihr kaufen oder pachten. Er habe für das "zugewachsene, bewaldete Hanggrundstück" 30 Cent pro Quadratmeter geboten, heißt es im Rathaus. Die Verwaltung lehnt am 9. Februar schriftlich ab. Später fordert ihn ein Mitarbeiter telefonisch auf, die Arbeit im Steinbruch einzustellen.

Weiter trotz Verbots: Henter und seine Freunde machen trotzdem weiter. Sie säen auf der Fläche Rasen, füllen einen Bereich mit Sand und installieren ein Geländer auf dem Bunker. Zudem konstruieren sie einen speziellen "Kronleuchter" und bauen Sonnensegel auf.

Umstrittene Party: Am 29. August feiern sie im Steinbruch das "Hetroniq Open Air". Die 120 Gäste der Privatparty sind laut Henter Freunde und Familienmitglieder aus dem Tälchen und der Umgebung. Am frühen Morgen des 30. August rückt zweimal die Polizei nach Beschwerden wegen Ruhestörung an.

Die Reaktion: 17 Tage nach der Party bekommt Henter ein Schreiben der Verbandsgemeindeverwaltung. Nach dem Polizeieinsatz sei die Örtlichkeit am 11. und am 14. September besichtigt worden, heißt es darin. "Auf dem Gelände sind ohne Erlaubnis eine große Anzahl von Aufbauten errichtet worden." Henter habe den Steinbruch nur für die Party umgestaltet. Seine nostalgischen Beweggründe seien wohl "Schutzbehauptungen". Die Verwaltung fordert in dem Brief, dass Henter Aufbauten und Gegenstände bis zum 31. Oktober entfernt und droht mit einer kostenpflichtigen Räumung samt Anzeige.

Neue Initiativen: Der 26-Jährige bleibt hartnäckig. Dem gemeinsamen Ortsbeirat der Konzer Stadtteile Krettnach, Niedermennig und Obermennig legt er am 1. Oktober eine Mappe vor, die die Arbeiten im Steinbruch dokumentiert. Darin bietet er der Gemeinde an, die Fläche in der jetzigen Form mitzunutzen oder zu vermieten. Er selbst plane höchstens zwei bis drei Veranstaltungen im Jahr. Nun sucht Henter Unterstützer: Dazu hat er die Facebook-Gruppe "Save the Paradise - Frieden am Steinbruch" gegründet, die inzwischen mehr als 300 Mitglieder hat. Zudem hat er eine Online-Petition ins Leben gerufen. In dieser Gruppe und anderen Konz-spezifischen Foren ist eine Diskussion entbrannt. Die meisten Facebook-Nutzer freuen sich, dass der Steinbruch aufpoliert wurde, andere beklagen den Lärm bei der Party.

Verwaltung: Die Konzer Verwaltung erklärt auf TV-Anfrage, dass Henter auf einem städtischen Grundstück Bäume und Sträucher unrechtmäßig gerodet habe - ohne Naturschutzbelange zu beachten. Neben den Aufbauten im Steinbruch beklagt die Verwaltung, dass die Gruppe mit Hinweisschildern und auf Facebook öffentlich für die Party geworben habe. Dafür hätten die Männer eine Genehmigung beantragen müssen, heißt es. "Dass die Stadt Konz gegen das unrechtmäßige Handeln von Herrn Henter, der wider besseres Wissen handelte, vorgeht, ist wohl nachvollziehbar", folgert Doris Klassen. Dass Henter das Grundstück gesäubert habe, rechtfertige nicht sein Handeln danach. Wegen des Mülls auf dem Gelände hätte er laut Verwaltung die Umweltbehörde einschalten müssen.
Andere Pläne gibt es für das Grundstück nicht. Als Veranstaltungsgelände kommt es laut Verwaltung aus bauplanerischer und bauordnungsrechtlicher Sicht nicht in Frage.

Meinung

Gemeinsam planen statt bestrafen

Von Christian Kremer

Formal rechtlich ist die Verwaltung in Konz im Recht. Der Steinbruch gehört der Stadt Konz, und die Männer haben ihn ohne Erlaubnis umgestaltet. Doch hier kommt das große Aber: Denn die jungen Männer haben kostenlos eine illegale Müllkippe beseitigt und ein städtisches Gelände, für das es keine anderweitigen Pläne gibt, aufgewertet - und nicht beschädigt, wie es die Anzeige suggeriert. Das Ganze haben sie gemacht, ohne dass die Kommune einen Cent dafür bezahlen musste. Die Anzeige wirkt da wie ein schlechter Witz - obwohl die Männer mit der Party übers Ziel hinausgeschossen sind. Es ist fatal, die Gruppe für ihr gut gemeintes Engagement bestrafen zu wollen. Wenn Politiker und Behörden so handeln, müssen sie sich nicht wundern, wenn junge Leute sie weder wählen möchten noch verstehen können. Das Vorgehen der Verwaltung ist total überzogen, konstruktive Gespräche wären hingegen angebracht.
c.kremer@volksfreund.de
Extra: Strafgesetz

Gemeinschädliche Sachbeschädigung ist in Paragraf 304 des Strafgesetzbuchs geregelt. Darin geht es um die Beschädigung oder das Verändern des Erscheinungsbilds von religiösen oder historischen Gegenständen oder Denkmälern im öffentlichen Raum. Wer solche Dinge beschädigt, zerstört oder ihr Erscheinungsbild verändert, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft, heißt es in dem Paragrafen. Den Konzer Fall betrifft dieser Paragraf, weil in Rheinland-Pfalz alle Anlagen des Westwalls unter Denkmalschutz stehen cmkHintergrund

Tälchen-Ortsvorsteher Dieter Klever lobt, dass die Gruppe den Müll im Steinbruch entsorgt hat. Aber er verweist darauf, dass das Grundstück nicht Henter, sondern der Stadt Konz gehöre. Bei der Party Ende August habe sein Telefon ab 6.30 Uhr nicht mehr stillgestanden. Nach der Polizei sei er persönlich zu dem Steinbruch gefahren: "Ich habe Herrn Henter gesagt, er soll die Bässe runter drehen", sagt Klever. Beschwerden seien sogar aus Kommlingen gekommen.cmk

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