Kein Onassis in Konz

Sie sind unbeliebt, die wiederkehrenden Beiträge, mit denen die Kommunen ihre Haus und Grund besitzenden Bürger zur Kasse bitten, sobald eine Straße ausgebaut wird - im "schlimmsten" Fall am anderen Ende der Gemeinde. Dabei sorgen die Beiträge für ein hohes Maß an Gerechtigkeit.

 Solche Briefe bringen das Blut von Hausbesitzern in Wallung: ein Bescheid über „wiederkehrende Beiträge“. TV-Foto: Jürgen Boie

Solche Briefe bringen das Blut von Hausbesitzern in Wallung: ein Bescheid über „wiederkehrende Beiträge“. TV-Foto: Jürgen Boie

Konz/Nittel. Die beim ersten Hinhören so kompliziert und vor allem ungerecht erscheinenden Vorschriften des Kommunalabgaben-Gesetzes lassen beim Thema "wiederkehrende Beiträge" viele Bürger grummeln und fragen, wieso sie für etwas, das sie längst bezahlt wähnen, immer wieder in die Taschen greifen sollen. Die Antwort ist einfach: Es funktioniert so ähnlich wie ein Krankenkassenbeitrag. Jeder bezahlt ihn - selbst dann, wenn er weder Arzt noch Medikamente oder gar eine Versorgung im Krankenhaus benötigt, deren Kosten ihn ohne Versicherungsschutz in den finanziellen Ruin treiben könnte. Die Mitglieder der Krankenkassen sind eine Solidargemeinschaft, die als Gesamtheit die Kosten trägt, die ein Einzelner nicht aufbringen kann.Die wiederkehrenden Beiträge bewirken nichts anderes. Karl-Heinz Frieden, Erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Konz, erläutert das Prinzip: Wird eine Straße, an der zehn Häuser liegen, für eine Million Euro ausgebaut, so entfielen ohne die wiederkehrenden Beiträge nach Abzug des öffentlichen Anteils - meist rund 35 Prozent - auf jeden der zehn Haus- oder Grundstücksbesitzer zehn Prozent der restlichen 650 000 Euro. Zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen

Bei 65 000 Euro ginge fast jedem, der nicht gerade Rockefeller oder Onassis heißt, die Luft aus. Um das zu vermeiden, zahlen alle Haus- und Grundbesitzer für alle Ausbaumaßnahmen in ihrer Gemeinde ihren Obolus; das verringert die von jedem Einzelnen aufzubringenden Summen auf ein erträgliches Maß.Natürlich hat diese Rechnung nur Modellcharakter. Bei der Ermittlung der individuellen Beiträge spielen zahlreiche Faktoren entscheidende Rollen, beispielsweise die Grundstücksgröße und die Frage, wie die auszubauende Straße eingestuft ist: Bei Straßen höherer Verkehrsbedeutung sind die öffentlichen Zuschüsse entsprechend höher als für verkehrsarme Neben- oder Stichstraßen. Würden beim Ausbau einer Bundesstraße auch die Bürgersteige ausgebaut, wären unter Umständen nur die anteiligen Kosten für diesen Bereich in den wiederkehrenden Beiträgen enthalten. Für neue Straßen in Neubaugebieten sind keine besonderen Anteile zu bezahlen, sie wurden bereits in die Er-schließungskosten eingerechnet. Dafür sind die Erwerber, je nach Ort, bis zu 20 oder gar 25 Jahre von wiederkehrenden Beiträgen befreit. Grundsätzlich verlangt der Gesetzgeber ein hohes Maß an Solidarität. Die Idealvorstellung lautet: Eine Gemeinde entspricht einer Abrechnungseinheit, unabhängig von ihrer Ausdehnung. Dass zuviel Gleichheit die einen etwas gleicher als die anderen machen könnte, zeigte sich jedoch in Gemeinden, die aus Einzeldörfern zu einer Einheit zusammengefasst wurden. Wo außer einem gemeinsamen Namen nichts auf eine tatsächliche Zusammengehörigkeit hinweist, können mehrere "Abrechnungseinheiten" eingerichtet werden. So müssen die Einwohner der früher eigenständigen Ortschaft A nicht für den Straßenbau in der weit entfernten Ortschaft B zahlen. Als Beispiel führt Karl-Heinz Frieden die Gemeinde Nittel an, die vier solcher Einheiten aufweist.Tröstlich für die Zahlungspflichtigen: Sie brauchen anteilsmäßig nur für den Straßenausbau aufzukommen, nicht aber für die Unterhaltungsaufwendungen. Karl-Heinz Frieden: "Niemand braucht Angst um sein Konto zu haben, wenn eine Straßenbaukolonne auftaucht und ein paar Schlaglöcher ausflickt."

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