Konzer Beratungszentrum für Flüchtlinge - Wo Ehrenmänner auf Ehrenamtler treffen
Konz · Wohnungssuche, Berufsberatung, Freizeitangebote und Deutschkurse: Im Konzer Beratungszentrum für Flüchtlinge finden Asylsuchende Hilfe unter einem Dach. Zehn hauptamtliche Mitarbeiter stehen dafür zur Verfügung. Am Donnerstag stellen sie sich der Öffentlichkeit vor.
Der Lichtschalter. Die Garderobe. Die Uhr. Die Lampe. Es gibt kaum einen Gegenstand im Konzer Beratungszentrum für Flüchtlinge, der nicht mit einem kleinen, weißen Schild versehen ist, auf dem sein Name steht. Deutsch lernen im Vorbeigehen quasi, das i-Tüpfelchen auf den Deutsch-Kursen, von denen gerade einer zu Ende geht. Der Empfangsraum füllt sich mit Menschen und ihrem Lachen. Überhaupt: Die Stimmung ist entspannt, der Umgang respektvoll.
Zehn hauptamtliche Mitarbeiter kümmern sich mittlerweile um die Belange der Flüchtlinge im Beratungszentrum in der Beethoven-Galerie. Fast alle sind im Projekt "Flucht und Asyl" angesiedelt, das der Landkreis Trier-Saarburg mit freien Trägern, der Caritas, der Diakonie und dem Deutschen Roten Kreuz, auf die Beine gestellt hat - nicht nur in Konz, sondern auch in Schweich, Kell am See und Saarburg.
"Doch Konz ist schon der Pulsgeber für das Projekt", lobt Joachim Christmann, Sozialdezernent des Kreises. Denn die Räumlichkeiten, in denen die unterschiedlichen Beratungs- und Hilfsangebote unter einem Dach ansässig sind, ermöglichten es den Menschen zusammenzukommen. 14 Stellen hat der Kreis für das Projekt geschaffen; zwölf Stellen werden von der Caritas besetzt, zwei von der Diakonie. Die Aufgaben sind so vielfältig wie die Probleme der Flüchtlinge.
Sozialarbeiterin Stephanie Zirbes hilft Asylsuchenden in sozialen Angelegenheiten; das heißt konkret: Wohnraum, Deutschkurse, Gesundheit, ganz alltägliche Verbraucherfragen und Arbeit/Ausbildung. Zirbes: "Fragen zu diesen Dingen werden in fast jeder Beratung gestellt." Antworten gibt sie aber nicht nur im Beratungszentrum, sondern auch vor Ort in den Gemeinschaftsunterkünften.
Wenn es um Asylfragen geht, ist Verfahrensberaterin Lena Kast die richtige Ansprechpartnerin. "Ich begleite die Menschen vom Stellen des Asylantrags bis zum Bescheid. Und auch wenn der negativ ist, berate ich die Asylbegehrenden - beispielsweise ob es sinnvoll ist, einen Anwalt einzuschalten." Zudem hilft sie bei der Vorbereitung auf die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, "denn das ist der wichtigste Termin für die Antragsteller, der Kern des Asylverfahrens." Sie leistet aber auch psychologische Unterstützung, falls nötig: So vermittelt sie Flüchtlinge an Traumatherapeuten und Psychologen.
Linda Feger vom Jugendmigrationsdienst kümmert sich darum, "dass junge Menschen - und dazu zählen nicht nur Flüchtlinge - hier gut ankommen können". Ihre Klientel: zwölf- bis 27-Jährige. Sie steht in engem Kontakt zu Schulen, aber auch Sportvereinen oder Jugendzentren in Konz und Saarburg.
Thomas Zuche ist Ehrenamtskoordinator der Caritas für das Projekt "Flucht und Asyl". Seine Beobachtung: "Die meisten Ehrenamtlichen bei uns sind älter als 50, Frauen und haben einen höheren Bildungsabschluss." Für das Projekt sind die Ehrenamtlichen unverzichtbare Helfer, ob als Deutschlehrer, Sprachpaten oder für Orientierungsgänge durch Konz. Sie geben aber auch Nähkurse und haben eigens einen Stadtplan konzipiert - die Not der Flüchtlinge macht eben erfinderisch.
Auch die Asylsuchenden selbst unterstützen das Integrationszentrum, als Dolmetscher oder Kultur- und Wertevermittler. So haben männliche Flüchtlinge in Eigeninitiative nach den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht eine Arbeitsgruppe gegründet: "How to become a German gentleman" ("Wie man ein deutscher Ehrenmann wird"). Die spontane Reaktion einiger deutscher Frauen: "Na, da könnte ich meinen Mann auch mal hinschicken."
Weitere Dienste des Zentrums leisten Mitarbeiter als Hauswart in den Gemeinschaftsunterkünften, in der Verwaltung, in der Ausbildungs- und Arbeitsmarktberatung und in der Bildungsberatung der Hochschule - teilweise in Kooperation mit der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter, der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer.
Wie sieht es im Beratungszentrum aus? Und was haben die Mitarbeiter über ihre Arbeit zu erzählen? Das Zentrum (Schillerstraße 30 in der Beethoven-Galerie) bietet am Donnerstag, 3.03.2016, einen Tag der offenen Tür an. Von 16 bis 19 Uhr können sich Interessierte über die Arbeit dort informieren.Extra
600 Beratungen hat das Konzer Zentrum von Juni bis Ende Dezember 2015 verzeichnet. "Fast alle Flüchtlinge, die in der VG Konz registriert sind, sind auch bei uns in der Beratung", sagt Stephanie Zirbes. Mehr als 1500 Flüchtlinge leben derzeit im Kreis. Verteilt auf die Verbandsgemeinden sind das (Stand Ende Januar): VG Konz: 286, VG Hermeskeil: 149, VG Kell: 174, VG Ruwer: 134, VG Saarburg: 239, VG Schweich: 305, VG Trier-Land: 267. "Flucht und Asyl" wird fast ausschließlich aus kreiseigenen Mitteln finanziert. "Mitte März 2016 werden alle Stellen des Gesamtprojekts besetzt sein, so dass für 2016 mit rund einer Million Euro Gesamtkosten für das Betreuungskonzept des Landkreises zu rechnen ist", sagt Thomas Müller, Pressesprecher des Kreises. bec