Kreis Trier-Saarburg will bei der Flüchtlingshilfe sparen

Konz/Schweich/Saarburg · Wegen sinkender Flüchtlingszahlen will der Kreis cc weniger festangestellte Sozialarbeiter und -helfer beschäftigen. Einigen Politikern geht der Plan nicht weit genug. Die Ehrenamtler fürchten hingegen um wichtige Unterstützung.

Konz/Schweich/Saarburg. Roland Hinzmann ist Pastoralreferent im Dekanat Schweich-Welschbillig. Er begleitet die Flüchtlingsnetzwerke in der Verbandsgemeinde Trier-Land. Und er verfolgt gerade skeptisch eine Debatte im Kreis Trier-Saarburg: Im Sozialausschuss geht es um Kürzungen bei dem Konzept Flucht und Asyl. Der Kreistag hat das Programm 2015 verabschiedet, um die hohen Flüchtlingszahlen zu bewältigen. In Zusammenarbeit mit dem Caritasverband und der Diakonie sollten die Neuankömmlinge möglichst schnell integriert werden. Jetzt - angesichts sinkender Zahlen - wird es laut Kreisverwaltung nicht mehr in dieser Form gebraucht. Von April bis zum Ablauf des Projekts Ende 2018 soll das Budget gekürzt werden.

Sparplan Weil die Asylbewerberzahlen sinken, will der Kreis Stellen von Sozialarbeitern und -helfern streichen. Fünf Stellen sind schon abgebaut, eine weitere wird noch folgen. Zudem wird es weniger Betten in den Sammelunterkünften geben, um die Asylbewerber "sozialverträglich" unterzubringen, heißt es beim Kreis. Bisher gehe es dort sehr eng zu, sagt Thomas Müller, Pressesprecher der Verwaltung.
Gab es 2015 teils bis zu 1500 Flüchtlinge, für die der Kreis zuständig war, sind es inzwischen nur noch 752. Weil laut dem Konzept prinzipiell gilt, dass auf 100 Asylbewerber ein Sozialarbeiter kommt, sollen statt 14 Sozialarbeitern und -helfern zu Spitzenzeiten ab April nur noch acht beschäftigt werden.

Durch die Kürzung könnten die Personalkosten von einer Million Euro auf 600 000 Euro sinken. Die Grundstrukturen bei den Sammelunterkünften in Konz, Schweich und Saarburg könnten so laut Kreis trotzdem vor Ort erhalten werden. Laut Caritas wurden für einige der Mitarbeiter auch andere Aufgaben gefunden.
Die Sozialarbeiter würden sich künftig nicht mehr nur um Asylbewerber, sondern auch um anerkannte Flüchtlinge kümmern, die weniger als sechs Monate in Deutschland leben und in Gemeinschaftsunterkünften wohnen. Eigentlich müsste bei dieser Gruppe das Jobcenter ran. Dadurch würde nur rund die Hälfte der Kosten auf den Kreis Trier-Saarburg zurückfallen. Die andere Hälfte müsste der Bund über die Agentur für Arbeit tragen. Doch wegen der zusätzlichen Kapazitäten, die zum Aufrechterhalten der Standorte Konz, Saarburg und Schweich gebraucht werden, will sich der Kreis trotzdem um diese Gruppe kümmern.

Sparen will der Kreis auch, indem er Hotels, in denen bisher Asylbewerber gelebt haben, als Wohngemeinschaften für anerkannte Flüchtlinge nutzt. So könnten die Mietkosten der Kommunen reduziert werden, weil das Jobcenter sich an den 840 000 Euro beteiligen würde. Caritas und Diakonie wären deshalb dort auch nicht mehr bei der Betreuung eingespannt.

Debatte Prinzipiell trägt der Kreis-Sozialausschuss die Vorschläge der Kreisverwaltung mit. Allerdings bahnt sich eine kontroverse Debatte im Kreisausschuss und Kreistag an, die am 6. und 13. März über das Konzept diskutieren. Die Mehrheit im Sozialausschuss ist mit fünf Ja-, zwei Neinstimmen bei vier Enthaltungen nicht unbedingt sicher.
CDU-Ausschussmitglied Sascha Kohlmann argumentiert wegen der Quote von einem Betreuer auf 100 Asylbewerber gegen den Plan der Verwaltung: "Wir können es uns nicht leisten, größere Strukturen beizubehalten, wenn wir weniger Leute betreuen müssen."
Sozialdezernent Joachim Christmann meint hingegen: "Wir müssen uns überlegen, welcher Minimalstruktur es bedarf, um sinnvoll zu arbeiten." Detlef Schmitz, Abteilungsleiter Soziales bei der Kreisverwaltung, präzisiert: "Wenn wir das Personal weiter reduzieren, müssen wir Standorte schließen."

Reaktionen Caritasdirektor Bernd Kettern, der das Projekt Flucht und Asyl federführend mitentwickelt hat, bedankt sich im Sozialausschuss für die gute Zusammenarbeit: "Der Kreis ist die Probleme angegangen. Wir hatten uns aber erhofft, dass das auch auf Bundes- und Landesebene geleistet wird." Doch es fehle zu oft an Geld - zum Beispiel für sozialpädagogische Kümmerer in Jobcentern oder für mehr Personal bei Migrationsdiensten. Pastoralreferent Hinzmann bleibt kritisch: "Die Ehrenamtlichen erleben heute in diesem Ausschuss eine Stimmung politischer Konfrontation, bei der es irgendwie nicht um die Sache geht, sondern um Politik, und sie befürchten, dass ihnen auch bald die notwendigen Unterstützungkräfte gekündigt werden." Die VG Trier-Land sei von den Einsparungen möglicherweise besonders betroffen. Denn dort gebe es keine Gemeinschaftsunterkunft, aber viele anerkannte Flüchttlinge, die länger als sechs Monate bleiben wollen.Meinung

Gerangel verhindert vernünftige Lösungen
Leider ist es wie so oft: Statt die eigentliche Aufgabe, die Integration der Flüchtlinge, anzugehen, geht es in der politischen Debatte darum, wer zahlen soll. Hier müssen sich die Verantwortlichen vor allem eines vor Augen führen: Funktioniert die Integration nicht, entstehen Parallelgesellschaften. Das müssen Kommunen, Landes- und Bundesregierung unbedingt vermeiden. Kompetenzgerangel ist da absurd. Allein das Gemeinwohl zählt. Denn es ist egal, welche Ebene zahlt - letztlich sind es sowieso immer die Steuerzahler und nicht die Behörden. Deshalb müssen alle Ebenen gemeinsam ein schlüssiges Konzept vorlegen, wie zum Beispiel ein Teil der vom Bund erwirtschafteten Milliardenüberschüsse in Integration investiert wird. Das Geld muss dabei nicht nur in Sprachkurse und Jobvermittlung fließen. Auch das Bildungssystem muss profitieren. Denn in Kitas und Schulen entsteht das Vertrauen in die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die unseren Staat ausmacht. c.kremer@volksfreund.de

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