Leere Container statt volle Flüchtlingsheime

Konz/Trier/Pölich/Saarburg/Hermeskeil · Es sind weniger Flüchtlinge nach Deutschland gekommen als ursprünglich erwartet. In der Stadt Trier und dem Kreis Trier-Saarburg stehen deshalb viele Zimmer leer. Einige Container werden schon für andere Zwecke benutzt.

 Ungenutzt: Ein früheres Firmengelände in Kenn sollte als Flüchtlingsunterkunft und Logistikzentrum für den Kreis Trier-Saarburg dienen. Es wird aber nicht gebraucht. Etliche Container stehen dort leer herum. TV-Foto: Albert Follmann

Ungenutzt: Ein früheres Firmengelände in Kenn sollte als Flüchtlingsunterkunft und Logistikzentrum für den Kreis Trier-Saarburg dienen. Es wird aber nicht gebraucht. Etliche Container stehen dort leer herum. TV-Foto: Albert Follmann

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Konz/Trier/Pölich/Saarburg/Hermeskeil. Es war einmal im September 2015. Die Grenzen sind offen. Bund, Länder und Kommunen fangen an zu rechnen. Die Behörden erwarten immer höhere Zahlen: 1,2 Millionen Menschen könnten nach Deutschland fliehen oder mehr. Doch in der Realität sind es dann doch weniger: 890 000 sind es laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière 2015 gewesen. Bis Ende 2016 könnten demnach etwa 290 000 hinzukommen. Vor allem wegen des umstrittenen Abkommens mit der Türkei, die Flüchtlinge vom EU-Gebiet fernhält, sinken die Zahlen. Das wirkt sich auf die Belegung der Sammelunterkünfte in der Stadt Trier und im Kreis Trier-Saarburg aus.

Zahlen im Kreis: Der Kreis Trier-Saarburg rechnete 2015 mit bis zu 2000 neuen Flüchtlingen. Für 2016 waren die Prognosen ähnlich hoch. In der Trier-Saarburger Kreisverwaltung und den Verwaltungen der Verbandsgemeinden musste es deshalb schnell gehen. Sie mieteten Wohnungen, Häuser, Pensionen und Hotels. Sie ließen Holzhäuser und Container-Siedlungen bauen. 2015 und 2016 wurden allein auf Kreisebene 7,7 Millionen Euro in Wohnraum für Asylbewerber investiert. Im Rückblick scheint der ganze Aufwand zu groß gewesen zu sein. "Momentan haben wir in den Sammelunterkünften eine schwache Belegung", sagt Thomas Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung. 2016 sind dem Kreis bisher 780 Asylbewerber zugewiesen worden - weniger als halb so viele wie im Vorjahr. Insgesamt gebe es zurzeit 1232 Menschen mit laufenden Asylverfahren und 586 Menschen mit Aufenthaltstitel im Kreis, sagt Müller. Somit wird Platz für insgesamt 1818 Menschen gebraucht - weniger als nur für das Jahr 2015 erwartet wurden. Neben Häusern hat der Kreis Pensionen und Hotels angemietet - insgesamt zehn Stück, Kostenpunkt 840 000 Euro pro Jahr. Mit einem weiteren Hotel sei der Mietvertrag aufgelöst worden, bei einer Pension werde er noch gekündigt, sagt Müller. Manche Gebäude stehen komplett leer: "Noch nicht belegt sind ein Hotel in Pölich mit 20 Plätzen sowie die Wohnungen in Schöndorf und Greimerath mit rund 40 Plätzen", zählt Müller auf. In Konz könne ein zweiter Container-Standort mit 86 Plätzen noch nicht belegt werden, weil die Anlage noch nicht ganz fertig sei. Auch der ehemalige Dachdeckereinkauf in Kenn steht leer, ein großes Gebäude, das der Kreis extra für die Unterbringung von Flüchtlingen gekauft hatte. In dem Moselort bleiben vorerst auch Container mit Platz für 146 Menschen ungenutzt. Einige davon hat die Stadt Konz kürzlich übernommen, um zusätzliche Plätze im Kindergarten des Stadtteils Könen zu schaffen.

Situation in Trier: In der Stadt Trier leben zurzeit 553 Asylbewerber, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, und 119 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die Stadt hat 195 Wohnungen gemietet und drei Sammelunterkünfte in Betrieb. Dafür hat sie 2016 bis Oktober 1,8 Millionen Euro ausgegeben. Bei den Sammelunterkünften gibt es ebenfalls Leerstände: Ein Block der Jägerkaserne an der Eurener Straße in Trier-West sei zurzeit nicht belegt, sagt Ralf Frühauf vom städtischen Presseamt. "Die Zahlen sind stark zurückgegangen. Dennoch kommen nach wie vor Menschen in das Stadtgebiet. Auch ist ein starker Zuzug von anerkannten Asylbewerbern aus den Landkreisen zu verzeichnen."

Fazit der Behörden: Das Land, die Stadt und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) stimmen laut dem Trie-rer Presseamt überein: Die Strukturen müssten weiterhin vorgehalten werden, da die Entwicklung derzeit nicht absehbar sei, sagt Frühauf. Kreis-Pressesprecher Müller fügt hinzu: "Sollte die Zahl der zugewiesenen Asylbewerber stärker zurückgehen, werden die Belegungskapazitäten mit Bedacht und Augenmaß zurückgeführt." Das könne zum Beispiel durch den Abbau von Etagenbetten geschehen, so dass in Containeranlagen nur noch vier statt sechs Flüchtlinge zusammen in einem Zimmer wohnen. Im Bedarfsfall könnten die Kapazitäten wieder erhöht werden.Meinung

Augenmaß ist wichtig
Die Deutschen trauen der weltpolitischen Lage und vor allem der Türkei nicht. So lässt sich das Vorgehen der Stadt Trier und des Kreises Trier-Saarburg bei den Unterkünften für Asylbewerber erklären. Sie wollen die Wohnraumkapazitäten trotz sinkender Flüchtlingszahlen behalten, weil nicht feststeht, ob sich die Türkei weiterhin an das Abkommen mit der EU hält. Schließlich sinken die Flüchtlingszahlen, weil keine Menschen mehr aus dem Nahen Osten nach Europa kommen. Kapazitäten bleiben trotzdem wichtig. Denn die Lage in Syrien ist noch ungewiss, und es könnte sogar sein, dass sich die Situation in der Türkei selbst verschärft und Kurden oder Türken zu Flüchtlingen werden, die um Asyl bitten. Hinzu kommt, dass die Mietverträge für die Wohncontainer oft über Jahre laufen und vor Ablauf nicht gekündigt werden können. Deswegen ist es sinnvoll, überflüssige Container weiterzuvermieten - wie im Fall der Kita in Konz. Um durch das Vorhalten von Wohnraum nicht unnötig Steuergeld zu verschwenden, brauchen die Entscheider zurzeit vor allem pragmatisches Gespür und Augenmaß. c.kremer@volksfreund.deExtra

Leere Container statt volle Flüchtlingsheime
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Der Syrer Walid Yassin (TV-Foto: Archiv/Christian Kremer) hat seine ersten elf Monate in Konz im Hotel Römerstuben verbracht. Das Sozialamt in Konz habe sich gut um das Hotel gekümmert und es immer sauber gehalten, sagt Yassin, der nun selbst für die Verbandsgemeinde Konz arbeitet. Er koordiniert zum Beispiel die gemeinnützige Arbeit, die Asylbewerber dort leisten. Im Allgemeinen hätten die Flüchtlinge kein Problem damit, für Übergangszeiten in Hotels zu übernachten. Aber sie würden natürlich bevorzugen, mit ihren Familien in normalen Unterkünften zu leben, um so etwas wie ein Zuhause zu haben. cmk

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