Lobby-Arbeit für die Selbsthilfe

Aus einer studentischen Initiative entstanden reicht der Verein Selbsthilfe Kontakt- und Informationsstelle Trier (Sekis) seit 20 Jahren Menschen die Hand, die eine Selbsthilfegruppe gründen wollen. Die Sekis-Mitarbeiter unterstützen sie seither aber auch danach noch weiter. Mit einer Fachtagung plus Empfang feiert der Verein am Freitag, 30. Oktober, den runden Geburtstag.

 Seit 2007 hat die Sekis samt Ehrenamtsagentur im Mehrgenerationenhaus in der Balduinstraße ihre Heimstatt gefunden. TV-Foto: Cordula Fischer

Seit 2007 hat die Sekis samt Ehrenamtsagentur im Mehrgenerationenhaus in der Balduinstraße ihre Heimstatt gefunden. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier. "Wir gründen keine Gruppen, wir werden aktiv, wenn jemand auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe ist oder eine selber neu gründen will", sagt Sekis-Geschäftsführer Carsten Müller-Meine. Beratung über Möglichkeiten und Grenzen der Selbsthilfe und Information stehen an erster Stelle. Die Sekis hilft dabei, weitere Interessierte zu finden, einen Raum zu organisieren und ein erstes Treffen zu arrangieren. "Aber alles nur mit der betreffenden Person zusammen", sagt Müller-Meine. Die Fachleute von Sekis stellen das Handwerkszeug zur Verfügung, leisten Hilfe zur Selbsthilfe. Die nächsten zwei bis drei Gruppentreffen werden von ihnen noch begleitet, danach wird die Betreuung gelockert.

Den Kontakt zu den Menschen verlieren sie nie



Aber den Kontakt zu den Menschen und Gruppen verlieren sie nie.

Über 450 Gruppen in sieben Landkreisen kommen in den Genuss der Unterstützung von Sekis. Zweimal im Jahr gibt es sogenannte offene Beratungsfenster vor Ort sowie ein Gesamttreffen der Gruppen. Des Weiteren werden Fortbildungen angeboten zu Themen wie etwa Kommunikation oder Generationenwechsel. Außerdem gibt es die Selbsthilfe- und Gesundheitstage, in deren Rahmen sich die Gruppen präsentieren können und Vorträge und Info-Veranstaltungen Interessierten den unbefangenen und niedrigschwelligen Zugang eröffnen. Denn im Laufe der Jahre - Müller-Meine ist seit 1996 Sekis-Mitarbeiter - sei er der Illusion beraubt worden, den Verein und das Instrument Selbsthilfegruppe müsse jeder kennen. "Selbsthilfe interessiert die Menschen meist erst, wenn sie selbst, Angehörige oder Freunde betroffen sind. Erst dann wird das ein Thema. Aber das ist eine ganz menschliche Grundhaltung. Nur ist es deshalb so wichtig darauf hinzuweisen, dass Selbsthilfe etwas ganz Wertvolles ist." Denn auch Öffentlichkeits- und Lobby-Arbeit sind Aufgaben von Sekis. Die Akzeptanz in der Bevölkerung sei in den vergangenen Jahren gestiegen, sagt Müller-Meine. Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen fungieren als Multiplikatoren und verweisen Ratsuchende an die Sekis, die Zusammenarbeit funktioniert aber auch, indem diese Partner fachliche Unterstützung etwa in Form von Vortragsreihen leisten. Über 20 Gruppen seien allein in diesem Jahr bereits jetzt schon auf den Weg gebracht worden. Mehr als 2008, und auch die Zahl der Anfragen sei steigend. 1989 entstand Sekis als Projekt des Fachbereichs Pädagogik an der Universität Trier. Sie ist heute eine von vier solchen Stellen in Rheinland-Pfalz, im Land ist sie die älteste.

Zunächst waren Studenten Träger der Sekis-Arbeit

 Carsten Müller-Meine. Foto: Sekis

Carsten Müller-Meine. Foto: Sekis



Zunächst waren elf Studenten mit viel Enthusiasmus und ehrenamtlich Träger der Sekis-Arbeit, projektbezogene Zuschüsse sicherten die Finanzierung. Heute ist die Selbsthilfe-Förderung Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung. Aber die müsse in Zukunft viel mehr als "gesamtgesellschaftliche Aufgabe" von Kommunen, Verwaltungen, Kammern und weiteren Geldgebern begriffen werden, sagt Müller-Meine. Seit 2001 ist unter dem Dach der Sekis auch die Ehrenamtsagentur als neutrale Anlaufstelle beheimatet. Auch da verbuchen "wir immer mehr Anfragen von Menschen, die etwas tun wollen". Ein neues Jugendprogramm wurde kürzlich aufgelegt, aber in die Nachwuchsförderung müsse noch mehr investiert werden. "Es ist eine vielseitige und dankbare Aufgabe. In unserer Arbeit steckt viel Herzblut. Und wir geben der Selbsthilfe in der Region ein Gesicht", sagt Müller-Meine. Denn bei Sekis zählt der persönliche Kontakt, Vertrauen ist wichtige Grundlage. Für Freitag, 30. Oktober, 14 Uhr, lädt Sekis zur Fachtagung "Kompetent helfen - Zukunftsszenarien in einer komplexen Welt" in die Katholische Akademie (Auf der Jüngt 1) ein. Schirmherrin ist Staatsministerin Malu Dreyer, als Hauptreferent spricht Zukunftsforscher und Journalist Erik Händeler über das Thema "Warum Gesundheit Wachstumsmotor der Wirtschaft wird". Abends gibt es einen Empfang. Die Teilnahme ist kostenlos. Infos und Programm im Internet unter www.sekis-trier.de. sg/jölZu folgenden Themen oder Krankheiten gibt es in der Region Trier Selbsthilfegruppen: Adipositas bei Kindern und Jugendlichen, Kehlkopflose, Adoptiv- und Pflegeeltern, Körperbehinderung, Aids, Krebserkrankungen, Alkohol-, Drogen-, Medikamentensucht, Kunstfehler in der Geburtshilfe, Alleinerziehende, Laktoseintoleranz, Allergien, Lippen-Gaumen-Fehlbildung, Alzheimer-Erkrankung, Lupus Erythematodes, Angehörigengruppen Männer, Angst- und Panikattacken, Migräne, Aphasie, Missbrauchte Frauen / Missbrauchte Männer, Arbeitssucht, Morbus Basedow - Endokrine Orbitopathie, Arthrose, Morbus Bechterew, Asthma, Morbus Crohn /Colitis Ulcerosa, Ataxie, Morbus Recklinghausen, Atemwegserkrankungen, Mukoviszidose, Aufmerksamkeitsstörung ( ADS/ ADHS ), Multiple Sklerose, Autismus, Muskelerkrankungen, Behinderung, Neuroendokrine Tumore, Bipolare Erkrankung, Neurodermitis, Blindheit und Sehbehinderung, Neurofibromatose, Bluthochdruck Nierenerkrankung, Borreliose, Organtransplantation, Burn Out- Syndrom, Osteoporose, Chronische Schmerzen, Parkinson, Co-Abhängigkeit, Prostatakrebs, Darmerkrankungen, Psychiatrie-Erfahrene, Demenz, Psychisch Kranke, Defibrilator-Träger, Restless Legs, Depressionen, Rheuma, Diabetes, Sarkoidose, Eltern essgestörter Töchter und Söhne, Scheidung/Trennung, Elterngruppen, Schilddrüsenerkrankung, Emotionale Gesundheit, Schlafapnoe, Epidermolysis bullosa, Schlaganfall, Epilepsie, Schwule/bisexuelle Väter, Essstörungen, Sexsüchtige, Familien, Skoliose und Wirbelsäulenerkrankungen, Fibromyalgie, Spina bifida und Hydrocephalus, Frauen-Spielsucht, Frühgeborene, Spondylodese, Gehörlosigkeit/Schwerhörigkeit, Sterbebegleitung, Getrennte Väter, Stillgruppen, Gewalterfahrungen, Stotterer, Hämophilie, Teilleistungsstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Tinnitus, Hirngeschädigte, Torticollis/spastische Dystonien, Hirntumor, Trauergruppen, Hochbegabung, Umweltgeschädigte, Homosexualität, Verwitwete und Geschiedene, ILCO/Stomaträger, Zöliakie, Impfgeschädigte, Zwangserkrankungen, Jodallergie, Kehlkopflose.Extra Die Selbsthilfe Kontakt- und Informationsstelle Trier ist ein eingetragener Verein. 1989 wurde sie mit Sitz im Bürgerhaus Trier-Nord gegründet. Seit 2007 befindet sie sich im Mehrgenerationenhaus in der Balduinstraße. Vorsitzender ist Klaus-Peter Prinz, der vor 20 Jahren als Student Mitbegründer von Sekis war, den Geschäftsführer-Posten hat Carsten Müller-Meine inne. Zuständigkeitsbereich sind die Stadt Trier sowie sieben Landkreise. Seit 2001 läuft auch die Ehrenamtsagentur unter dem Dach der Sekis. (cofi)

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