Neue Linien braucht das Land: Kompletter Busverkehr im Kreis Trier-Saarburg wird umgekrempelt

Trier · Weil die Schülerzahlen immer weiter sinken, sind viele Buslinien in ihrer heutigen Form nicht mehr finanzierbar. Deshalb soll der gesamte Verkehr auf dem Land mit Geld vom Land umorganisiert werden. Der Kreistag Trier-Saarburg muss zuvor dieser Idee in seiner Sitzung am Montag, 30. Mai, zustimmen.

Trier. Wer in einem Dorf oder einem schlecht angebundenen Stadtteil wohnt, kennt die Lage: Ohne Auto ist es mit der Mobilität nicht weit her. Probleme mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gibt es besonders im oberen Ruwertal, im Sauertal, in Tawern, auf dem Saargau und sogar im Konzer Satellitenstadtteil Roscheid. Die Liste ist beliebig erweiterbar. Und geht es nach den Bürgern, müsste an vielen Stellen nachgesteuert werden.
Das will die Politik im Kreis nun auch tun, indem sie den ÖPNV umkrempelt und künftig mit bis zu 2,2 Millionen Euro jährlich bezuschusst. Der Kreistag Trier-Saarburg wird das Thema bei seiner Sitzung am Montag diskutieren.

Die Ausgangssituation: Martina Bosch, Pressesprecherin der Trier-Saarburger Kreisverwaltung, sagt: "Schüler sind in ländlichen Räumen die wichtigste, häufig sogar die zahlenmäßig einzig nennenswerte Fahrgastgruppe des ÖPNV." Die zu weiten Teilen öffentlich finanzierte Schülerbeförderung stellte das Rückgrat dar. Heißt übersetzt, dass es ohne Schüler in vielen Orten gar keine Busse mehr geben würde. Und damit beginnt ein Hauptproblem: Im Bereich des Verkehrsverbunds Region Trier (VRT) wird damit gerechnet, dass die Schülerzahlen bis 2025 bis zu 40 Prozent zurückgehen. Der Kreis Trier-Saarburg rechnet laut Bosch mit bis zu zehn Prozent Rückgang. Trotzdem entsteht auch dort ein Problem bei der Finanzierung des ÖPNV.

Erste Konsequenzen: Bisher habe es der Verkehrsverbund durch Preiserhöhungen und das Streichen von Verbindungen geschafft, den ÖPNV eigenwirtschaftlich zu finanzieren, sagt Bosch. Weil der VRT solidarisch aufgebaut ist, kam es auch in der Stadt Trier zu Preissteigerungen. Die Kunden der viel befahrenen Stadtbusse haben sozusagen den Verkehr auf dem flachen Land subventioniert.
Das wollten die Stadtwerke Trier ihren Kunden nicht mehr zumuten. Doch statt des kurzzeitig angedrohten Ausstiegs Triers aus dem VRT wurde 2015 eine "Allgemeine Vorschrift" beschlossen, die Höchsttarife festlegte. Die Kommunen sagten zugleich zu, die Defizite auszugleichen.

Die Politik: Für die Kreisverwaltung steht fest, dass kein flächendeckendes ÖPNV-Grundversorgungsangebot zu erschwinglichen Preisen aufrechterhalten werden kann, wenn die Kunden alleine dafür aufkommen müssen. Deswegen haben der VRT, der Verkehrsverbund Rhein-Mosel, der Zweckverband Schienen-Personen-Nahverkehr (SPNV) Nord sowie das rheinland-pfälzische Innenministerium seit 2012 ein Konzept erarbeitet.
Demnach sollen unter anderem weniger rentable Strecken mit rentablen gekoppelt werden, wenn die Linien ausgeschrieben werden. Bei der Sitzung des Kreistags am Montag ab 17 Uhr im Kreissaal geht es nun darum, das Konzept für den Landkreis zu übernehmen.

Was ist neu?: Das komplette Liniennetz wird umgekrempelt. Dies passiert nicht auf einen Schlag, sondern soll bis 2025 geschehen. Grund dafür sind die Vertragslaufzeiten für die aktuellen Linien. Bestehen bleibt beispielsweise die Verbindung Trier - Thomm - Reinsfeld - Hermeskeil - Türkismühle. Doch es gibt auch eine Linie von Trier über Sirzenich nach Trierweiler und von Leiwen nach Trier mit Zwischenstopp im Gewerbegebiet Föhren.
Ziel der neuen Linien ist es laut Dennis Klees vom Zweckverband SPNV-Nord, dass sich das Angebot im Nahverkehr gegenüber dem heutigen Stand verbessert. Das soll unter anderem deshalb gelingen, weil sich das Land finanziell an den Kosten beteiligt.
Sozusagen Neuland für Bewohner aus dem Landkreis wird das sein, was es im Zuständigkeitsbereich der Stadtwerke Trier heute schon gibt: Anrufsammeltaxis. Es werden also nicht Busse quer durchs Land geschickt, ohne das ein Fahrgast an Bord ist. Vielmehr sollen Kunden ihren Fahrtwunsch vorher telefonisch ankündigen. Allerdings zeigt ein Pilotprojekt aus den Jahren 2010 und 2011 in Konz, dass solche Pläne nicht unbedingt aufgehen.
Auf TV-Anfrage heißt es bei der Konzer Verwaltung: "Leider waren die Nutzerzahlen so gering, dass das Projekt wieder eingestellt werden musste."Meinung

Ohne Zuschüsse keine PassagiereBusfahren ist nicht so attraktiv wie Autofahren. Wer es sich leisten kann, fährt lieber selbst. Das bringt neben Flexibilität auch eine Menge Stauraum. Um Menschen zum Umsteigen zu bringen, muss Busfahren deutlich günstiger als Autofahren sein. Und: Das Angebot, vor allem auf dem Land, muss ausgebaut werden. Beides ist nur über Subventionen zu erreichen. Wenn der Kreis und das Land es wirklich ernst meinen, reicht es nicht, die wegfallenden Schüler zu kompensieren. Da muss deutlich mehr Geld investiert werden. 2,2 Millionen Euro pro Jahr sind da wohl nur ein Anfang. c.kremer@volksfreund.deExtra

Parallelverkehr: Ein Problem bei der Neugestaltung des Nahverkehrs in der Region Trier birgt zum Beispiel das Personenbeförderungsgesetz. Es schreibt vor, dass der Bahnverkehr Vorrang vor Bussen hat. Orte wie die Stadt Konz, die zum Beispiel per Bahn vordergründig gut an die Stadt Trier angebunden sind, können wegen der parallel verlaufenden Schienen den Busverkehr nicht ausweiten. cmkExtra

Leitsystem: Frank Birkhäuer, Direktor des Verkehrsbetriebs der Stadtwerke (SWT), erklärt auf TV-Anfrage, dass mittelfristig geplant sei, Linien anderer Unternehmen auf den Anzeigetafeln der SWT in der Stadt Trier anzeigen zu lassen. Buskunden, die von Trier über Konz ins Konzer Tälchen fahren wollen, müssten dann zum Beispiel nicht nach einem gedruckten Fahrplan am Trierer Hauptbahnhof suchen. Ihre Abfahrtzeiten würden dann auch auf den Tafeln der SWT angezeigt. Laut Birkhäuer müssen allerdings noch die Busse der anderen Unternehmen mit neuer Technik aufgerüstet werden, damit die Fahrzeuge an das Leitsystem der SWT angeschlossen werden können. cmk

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