Reinig war ein Herrschaftssitz

WASSERLIESCH. Der kleine Ort Reinig, Ortsteil von Wasserliesch, war bis 1934 eine eigenständige Gemeinde. Bis zur Kanalisierung der Mosel gab es dort eine Furt und eine Fähre hinüber nach Igel. Der Flussübergang verlieh Reinig eine gewisse Bedeutung.

 Die Reiniger Kapelle in Wasserliesch. Foto: Ferdinand Hein

Die Reiniger Kapelle in Wasserliesch. Foto: Ferdinand Hein

Ihn nutzten schon die Römer, denn man fand Überreste einer Straße, die vermutlich zur alten Römerstraße führte, die, vom Saargau kommend, über Tawern und Konz nach Trier verlief. Alte Häuser in verwinkelten Gassen und wertvolle Kulturdenkmäler belegen, dass Reinig weit in die Vergangenheit zurückblicken kann. Am historischen Ortseingang steht ein imposantes zweiteiliges Wegekreuz, das Reiniger Kreuz, mit der Jahreszahl 1800. Darauf verkündet "DER GEWESENE ZENTER NICKLAUS" der Nachwelt, dass er "DIS KREUZ MIT BEISTANT DER WASSERLISCH UND REINIGER GEMEIN" zu Ehren des Schutzpatrons St. Aper aufgestellt hat. Schloss mit eigener Gerichtsbarkeit

In der Mitte des Ortes fällt die Reiniger Kapelle mit einer St.-Nikolaus-Figur über dem Eingang ins Auge. Die Bewohner errichteten sie im frühen 18. Jahrhundert als "Oratorium für das gemeinsame Gebet des heiligen Rosenkranzes". Noch älter ist das aus ursprünglich zwei Bildstöcken zusammengesetzte Schifferkreuz am ehemaligen Fähranleger. Der obere Teil trägt eine Kreuzigungsgruppe und die Jahreszahl 1661. Die Inschrift darunter erklärt, dass ein gewisser "HANS UND SEINE FRAU MARGARETA" das Kreuz "ZU DER EHREN GOTTES" aufgerichtet haben. Der untere Teil mit der Jahreszahl 1734 zeigt ein Relief des heiligen Nikolaus, Schutzpatron der Schiffsleute. Im Mittelalter und bis ins 18. Jahrhundert hinein war Reinig Sitz einer Grundherrschaft, die in einer "Burg" residierte. Zu ihr gehörte das damals übliche Grund- und Mittelgericht mit einem Meier und Schöffen. Von der Burg ist nur der Flurname "Auf der Burg" übrig geblieben. Es handelte sich jedoch wohl nur um ein kleines befestigtes Schloss. Wie es ausgesehen haben könnte, deutet der Jahresbericht der "Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier" aus dem Jahr 1857 an. Darin ist von noch vorhandenen Mauerresten und Fundamenten eines größeren Hauses mit hohen Zimmern die Rede, deren Fenster kleine verbleite Glasscheiben besaßen. In den Mauern habe es runde Öffnungen gegeben, die Schießscharten ähnelten. Noch 1912 fand man die Überreste eines Torbogens, dessen Abschlussstein das Wappen der letzten Herrschaft, der Lothringer Grafen zu Crychingen und Pittingen, trug. Die Bruchstücke sind nicht erhalten geblieben, sie sollen - wohl um Schwierigkeiten mit dem Denkmalschutz zu vermeiden - in die Mosel geworfen worden sein. Interessant ist, dass dem Trierer Kloster St. Maximin jahrhundertelang der vierte Teil der Einkünfte des "Schlosses und der Herrlichkeit" zu Reinig zustand. Neben dem Zehnten und den Einnahmen der Fähre dürfte es sich um Schiffszoll gehandelt haben. Tatsächlich ließ der Trierer Erzbischof Boemund II. von Saarbrücken Mitte des 14. Jahrhunderts in Reinig von vorbeifahrenden Schiffen Zoll erheben. Im Jahr 1440 soll das Reiniger Schloss während der "Manderscheidschen Fehde", die die Stadt Trier in große Bedrängnis brachte, eine Rolle gespielt haben. Dahin deutet ein im Pfarrarchiv des Nachbarortes Konz-Könen gefundener Eintrag. Graf Ulrich von Manderscheid wollte damals seinen Anspruch auf den Trierer Bischofssitz mit Waffengewalt durchsetzen. Als er das Anwesen in Reinig dazu nutzen wollte, beabsichtigte die Stadt Trier, es zerstören zu lassen. Man ließ jedoch davon ab, als sich ein wohlhabender Bürger aus Könen für das "Schlösschen zu Reinig" verbürgte. Er verlor jedoch seinen Besitz an die Stadt, als Ulrich von Manderscheid sein Vorhaben in die Tat umsetzte. Freiherr verpfändte Reiniger Besitz

Anfang des 17. Jahrhunderts ist die Herrschaft zu Reinig in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Franz Ernst, Graf zu Crychingen, Freiherr zu Pittingen, Domkustos zu Trier, verpfändete im Jahre 1634 die ihm gehörenden Herrschaften Reinig, Rosport und Pittingen für 7000 Reichstaler an das Karthäuserkloster St. Alban in Trier (es siedelte später nach Konz um). Doch er und seine Nachfolger konnten das Pfand nicht mehr einlösen, sodass der Besitz an das Kloster fiel. Wann das Schloss zu Reinig gebaut wurde, und wie lange es gestanden hat, weiß niemand. Anfang des 17. Jahrhunderts ist es bereits zerstört gewesen. Das geht aus dem Inventurverzeichnis des Klosters von 1759 hervor. Darin heißt es lapidar: "... item das gräfliche Schlohs Reinig ist schon anno 1631, vor der Zeit, eh die Carthaus die pfandschaft übernommen, völlig ruiniert und verfallen gewesen, ist an itzo eine schlechte bauernhütte daselbst mit einem garthen."

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