Sankta Maria geht in Rente

Oberbillig · Oberbillig investiert in eine neue Fähre. Der Ortsgemeinderat hat einen entsprechenden Grundsatzbeschluss einstimmig gefällt. Das Eine-Million-Euro-Projekt prägt den Doppelhaushalt für die Jahre 2015/16. Das Besondere daran: Oberbillig bekommt bei der Fähre Nachbarschaftshilfe.

Oberbillig. Im Oberbilliger Haushalt bildet der Kauf einer einer neuen Moselfähre den Schwerpunkt. Die Investition ist im Plan für 2016 mit 1,15 Millionen Euro veranschlagt. Allerdings haben Oberbillig und die an der Fähre hälftig beteiligte Luxemburger Gemeinde Wasserbillig aus den Betriebseinnahmen der letzten Jahre eine Rücklage von rund 600 000 Euro gebildet. Diese soll als Grundstock für einen Schiffsneubau dienen.Partner ist Wasserbillig



Die luxemburgische Nachbargemeinde hat bereits ihre Zustimmung signalisiert. Laut Joachim Weber, dem Beigeordneten der Verbandsgemeinde Konz, prüft die Verwaltung derzeit Fördermöglichkeiten auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Der Grundsatzbeschluss zum Kauf der neuen Fähre erging im Ortsgemeinderat einstimmig. Jetzt soll ein Ausschuss gebildet werden, der die Detailfragen mit dem Partner in Wasserbillig klärt.
Warum aber eine neue Fähre, wenn die alte Sankta Maria noch täglich ihren Dienst verrichtet und dabei noch Überschüsse einfährt? Dazu sagt Ortsbürgermeister Andreas Beiling: "Das Schiff ist in seinem 48. Jahr. Es wurde in den 1990er Jahren generalsaniert und hat seitdem wieder unzählige Betriebsstunden geleistet." Die Folge sei, dass bei der alle vier Jahre vorgeschriebenen Hauptuntersuchung die Mängelliste immer länger werde. Die jährlichen Unterhaltungskosten schwankten daher zwischen 30 000 und 90 000 Euro.
2013 sei sogar eine freiwillige vorzeitige Hauptuntersuchung angesetzt worden, um die Fähre fit zu machen für den 2014 erwarteten Fahrgastansturm während der Sperrung der Moselbrücke zwischen Wellen und Grevenmacher. Beiling meint: "Dies hat sich bezahlt gemacht, denn in dieser Zeit fuhr das Schiff einen Überschuss von rund 214 000 Euro ein."
In "normalen" Zeiten lägen die Jahresüberschüsse zwischen 30 000 und 90 000 Euro. Auch in Wasserbillig sei man der Meinung, dass angesichts dieser Zahlen der Fährbetrieb für die Zukunft gesichert werden müsse - dies erfordere jedoch ein neues Schiff.Fähre bringt Ertrag


Ablehnung gegen das Projekt "neue Fähre" wurde im Rat nicht laut. Im Gegenteil: Dies sei eine der seltenen kommunalen Einrichtungen, die sogar regelmäßigen Ertrag bringe, hieß es. Hinzu komme, dass die Fähre ein bewährtes grenzüberschreitendes Bindeglied nach Wasserbillig darstelle - ihr Erfolg habe die Unkenrufer aus den Anfangsjahren widerlegt.
Die Fähre hat sich längst etabliert, und die Erwartungen an das neue Gefährt sind entsprechend hoch. Anfragen bei Fachfirmen haben ergeben, dass ein Schiffsneubau von etwa der gleichen Größe wie die alte Sankta Maria nicht weit über einer Million Euro kosten werde.
Dies ist nach Angaben der Verbandsgemeinde schon ein Betrag, bei dem eine europaweite Ausschreibung erforderlich sein dürfte. Die Verwaltung prüft das zurzeit. In Oberbillig und Wasserbillig herrscht Konsens, dass das neue Schiff nicht wesentlich größer als die heutige Fähre sein sollte. Ein Großfährbetrieb mit hohem Fahrzeugaufkommen am Moselufer sei in beiden Orten unerwünscht.
Die neue Fähre sollte wie die Vorgängerin für sechs Autos ausgelegt sein, dabei aber deutlich breiter werden als das alte Schiff, das am 1. Mai 1966 in Betrieb ging. Grund ist die größere Breite der modernen Autos, wodurch es auf der Sankta Maria heute oft sehr eng zugeht.
Auch mehr Platz für Radler und Fußgänger sollte die neue Fähre bieten. Sie bilden heute besonders in der Sommersaison den wichtigsten Kundenkreis.Meinung

Kein Luxus, sondern sinnvoll investiert
Der Erfolg gab den Vätern recht: Als politisches Zeichen eines deutsch-luxemburgischen Brückenschlags war die Sankta Maria 1966 zu Wasser gelassen worden. In einer Zeit, in der sich vor den Reisenden beim Grenzübertritt noch die rot-weißen Schlagbäume senkten. Die Schlagbäume sind weg, doch die die kleine Fähre pendelt noch immer zwischen den beiden Moselorten. Heute aber ohne europäisch-pathetischen Anspruch, sondern als praktisches Verkehrsmittel, das täglich Hunderte - und manchmal Tausende - als Abkürzung "auf die andere Seite" nutzen. Und bei alledem fährt das Schiff regelmäßig seinen Jahresüberschuss ein und liegt nicht auf Steuerzahlers Tasche. Leider hat die Sankta Maria nach bald 50 Jahren ihre Grenzen erreicht - eine Nachfolgerin, die 2016 in Betrieb gehen könnte, wäre kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. trier@volksfreund.de

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