Vom Leben in zwei Welten

KONZ. Der grüne Anstrich ist ungewöhnlich. Aber sonst ist das Haus der muslimischen Gemeinde in Konz ein ganz normales Gebäude. Im Innern indes wird der Spagat spürbar, den Muslime in Deutschland ständig vollziehen müssen – zwischen der eigenen Identität und der Kultur des Gastlands.

Sie begrüßen den Gast mit Handschlag, schenken den grün-schwarzen Tee in kleinen Glasbecher aus und praktizieren die unauffällig-freundliche morgenländische Gastlichkeit, die einlädt zum offenen, freundschaftlichen Gespräch. "Unsere Tür ist immer geöffnet", sagt Vorsteher Abdulvahap Güntepe im Haus der muslimischen Gemeinde an der Konzer Dammstraße - da, wo die Eisenbahn Richtung Luxemburg die Karthäuser Straße überquert. Es ist eine Männergesellschaft, die den Reporter im grün gestrichenen Haus erwartet - selbstverständlich. Aber die Zwölf, die sich da versammelt haben, lassen keine Gelegenheit aus, ihre Offenheit, ihre Liberalität zu betonen. "Wir respektieren den christlichen Glauben", sagt Fikret Yaman. Er ist der Vorbeter, der Imam. "Und wir distanzieren uns von Terror und Gewalt." Eins ist ohnehin klar: Auch wenn die Türken die Mehrheit stellen, ist diese Gemeinde in einem Ausmaß multinational, das sich Christen hierzulande in ihren praktischen Auswirkungen kaum vorstellen können. 80 Beitrag zahlende Familien sind in Konz dabei, das bedeutet: ungefähr 400 Personen. Türken sind es, Albaner, Bosnier. "Meine Eltern emigrierten aus Jugoslawien in die Türkei, ich bin aus der Türkei nach Deutschland gekommen und bin jetzt deutscher Staatsbürger", sagt ein Gesprächspartner. Und beklagt das fundamentale Unverständnis und das Desinteresse der Deutschen gegenüber den Muslimen. Und unversehens bewegt sich das Gespräch weg von der Religion und hin zu den Problemen in Deutschland und mit den Deutschen. Ganz offen bezweifeln einige, dass Deutschland Zuwanderer überhaupt integrieren will. Sie beklagen die überzogene Bürokratie. "Obwohl ich deutscher Staatsbürger bin, muss ich für meine Kinder eine Aufenthaltserlaubnis beantragen", sagt einer. Ein anderer bemängelt, dass es für Menschen ohne EU-Staatsangehörigkeit in Luxemburg keine Arbeitserlaubnis gibt. Und auch einige verzerrte Wahrnehmungen der deutschen Öffentlichkeit geraten in die Kritik. "Wir können nichts dafür, wenn ein paar Fundamentalisten verrückt spielen." Und überhaupt: "Was wissen die Deutschen schon vom Islam?"Sprachbarriere stört Integration

Eins wird rasch deutlich: Die Sprachbarriere erweist sich immer noch als Integrationshindernis Nummer eins. Selbst nach Jahrzehnten in Deutschland fällt es manchen immer noch schwer, sich auf Deutsch und mit Deutschen zu verständigen. Allzu lange wurde in der deutschen Politik die Parole ausgegeben, Deutschland sei kein Einwanderungsland. "Wir sind als Gastarbeiter gekommen, und man hat uns immer gesagt, dass wir nur Gäste sind", sagt einer. Reschep Abazi, der aus Albanien kommt und im Ausländerbeirat der Stadt tätig ist, ergänzt: "Auf der Kuag hat man uns die Handgriffe für die Arbeit beigebracht, aber nicht die deutsche Sprache". Und so hat sich aus der unentschiedenen und bisweilen ablehnenden Politik ein Problem entwickelt, das jetzt auf die Kinder übergreift und deren Ausbildung ernsthaft behindert. Es gebe einfach zu wenig Deutschkurse. Jetzt kümmert sich der türkische Elternverein in Konz mit eigenen Kräften um die Sprachkompetenz der Kinder. Von der Verpflichtung, in der Schule Deutsch zu sprechen, hält allerdings niemand in der Runde etwas. Schließlich lenkt der Imam das Gespräch wieder zurück zur Religion. Der Islam lege Wert auf den Menschen, sagt er über den Dolmetscher. Menschenwürde sei sein Fundament. Und er mahnt auch mehr Sensibilität gegenüber dem Islam an. Die Mohammed-Karikaturen hätten sie verletzt, sagen einige. Und es sei eine Kränkung, wenn in den USA Teile des Koran gezielt in Toiletten angeklebt würden. Was nach Überzeugung aller Anwesenden wiederum die Ausschreitungen in keiner Weise rechtfertige. Nebenan befindet sich der Versammlungsraum. Wer ihn betritt, zieht vorher die Schuhe aus. Markierungen auf dem Teppichboden zeigen die Gebetsrichtung nach Mekka an. Von einem kleinen Podest, einer Andeutung von Kanzel liest der Imam aus dem Koran. Nicht auf Türkisch, sondern in der arabischen Originalsprache, die immer noch die Muslime aller Nationen verbindet. Weihnachten - natürlich ist es für Muslime nicht das Christfest. Aber es ist doch mehr als nur irgendeine Feier irgendeiner fremden Religion. Die Geburt Jesu findet auch im Koran statt. Und ein ganzes Kapitel - "Sure", heißt es im heiligen Buch der Moslems - handelt von Maria. Das Freitagsgebet findet wöchentlich um 13.30 Uhr statt. Gäste sind willkommen. Am 31. Dezember findet das muslimische "Opferfest" statt.

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