Von Roscheid nach Karthaus - Sicher in die Schule, aber zu spät

Konz · Die Baustellen in der Stadt Konz wirken sich zurzeit auf fast alle Lebensbereiche aus. Besonders betroffen sind die Schüler, die aus Roscheid nach Karthaus müssen. Eltern- und Lehrerproteste zeigen nun Wirkung.

 Das Foto zeigt, dass viele Kinder im Gelenkbus nach Karthaus stehen müssen. Foto: privat

Das Foto zeigt, dass viele Kinder im Gelenkbus nach Karthaus stehen müssen. Foto: privat

Foto: (ClickMe)

Der achtjährige Benjamin sagt: "Eigentlich mag ich Busfahren, aber im Moment ist das doof, weil es so voll ist im Bus. Der ist viel zu klein für uns alle." Die siebenjährige Lily bestätigt ihn. Sie sagt: "Der Busfahrer fährt so schnell um die Kurve, dass wir umfallen." Die beiden Kinder sind zwei von rund 130 Grundschülern, die jeden morgen vom Höhenstadtteil Roscheid nach Karthaus zur Grundschule St. Johann müssen. Und die Fahrt dorthin war in den ersten dreieinhalb Wochen nach den Ferien für viele Schüler eine Tortur. Nun gibt es wieder zwei Busse, aber einige Schüler kommen zehn Minuten zu spät.

Situation Bis Donnerstag fuhr statt zwei normaler Busse nur ein Gelenkbus. Während der Fahrt mussten deshalb mehr Kinder stehen. Auf 57 Sitz- kommen in dem größeren Bus 94 Stehplätze. Wegen Protesten der Eltern setzt die RMV nun wieder zwei Busse ein. So sind wieder mehr Sitzplätze vorhanden. Allerdings kommt einer davon zehn Minuten zu spät zur Schule. Das liegt vor allem daran, dass die Busse von Roscheid nicht direkt nach Karthaus kommen, weil die K 134 (Domänenstraße) und die Trierer Straße baustellenbedingt gesperrt sind. Der Bus muss deshalb den Umweg über die Konzer Innenstadt, die B 51 und dann durch Karthaus nehmen (siehe Grafik). Die Fahrt dauert dadurch viel länger, auch wegen des alltäglichen Staus in der Konzer Innenstadt.

Busunternehmen Die Rhein-Mosel-Verkehrsgesellschaft fährt die Strecke auf eigene Rechnung. Die Lizenz für die Linie hat sie im Wettbewerb mit anderen Firmen bekommen (siehe Info). Dass die RMV statt der zwei normalen Busse nur einen Gelenkbus eingesetzt habe, liege an der Baustellensituation in Konz, argumentiert ein Sprecher des Unternehmens. Die Busse der RMV seien alle eng getaktet und würden morgens in der ganzen Region für Schüler eingesetzt. Weil der Gelenkbus vom Konzer Schulzentrum komme und auf dem Weg durch Roscheid nicht durch die Baustellen fahren müsse, komme er pünktlich an. Der zweite Bus, der für den Höhenstadtteil mit 3500 Einwohnern infrage komme, müsse bereits auf dem Hinweg von Tawern aus die vielbefahrene Umleitung durch die Konzer City nehmen. Deshalb kommt es zu der Verspätung an der Schule: Der Unterricht beginnt eigentlich um 8 Uhr, der zweite Bus kommt erst um 8.10 Uhr an der Schule an.

Eltern Viele Eltern sind mit der Gesamtsituation unzufrieden: Die Stehplatzquote im Gelenkbus halten sie für viel zu hoch. Jessica Whiteleys Töchter steigen zum Beispiel an einer der späteren Haltestellen ein: "Zu diesem Zeitpunkt ist der Bus immer schon so voll, dass die Kinder sich neu arrangieren müssen, damit sie überhaupt einsteigen können. An einen Sitzplatz ist nicht zu denken", sagt die Mutter. Melanie Engelmann pflichtet ihr bei: Beladen mit Schulranzen und Turnbeuteln sei die knapp 30-minütige Fahrt im Stehen für die Kinder fast eine artistische Leistung. Auf die Lösung mit dem späten zweiten Bus habe er "mit Kopfschütteln" und "zynischem Lachen" reagiert, sagt Vater Georg Mertes. "Nach ein paar Wochen wird dieses Pseudo-Angebot wieder eingestellt werden, weil es nicht genutzt wird", lautet seine Prognose. Mutter Sylvaine Gabrys-Bureau rechnet vor, dass die Roscheider Kinder wegen der Verspätung einen ganzen Schultag verpassen. Engelmann zeigt Verständnis für die Busfirma: "Dies ist sicherlich keine optimale Lösung, aber ein guter Kompromiss für die Zeit, in der die Verkehrssituation für alle Beteiligten eine Herausforderung ist."
Schule Schulleiter Thomas Kürwitz spricht von 130 Buskindern, die aus Roscheid kommen. "Zehn Minuten Verzögerung sind nicht schön, aber es geht nicht anders", sagt er. "Die Sicherheit der Schüler geht hier vor." Deshalb helfe ein Mitarbeiter der Schule, der gerade sein Freiwilliges Soziales Jahr absolviere, die Kinder vom Bus aus über die Straße zu bringen. Dass es überhaupt wieder einen zweiten Bus gebe, sei "massiven Interventionen der Eltern und meinerseits" zu verdanken, sagt er. Dass dieser Bus zu spät komme, werde er nur für den Zeitraum der Bauarbeiten hinnehmen, sagt Kürwitz. Diese dauern voraussichtlich bis Frühjahr 2018. Dann ist das Schuljahr halb vorbei. Laut Schulleiter verschärft sich die Situation, wenn Eltern ihre Kinder mit dem Auto bringen und im Halteverbot an der Schule parken. Kürwitz bittet darum, darauf zu verzichten.KommentarMeinung

Eine bittere Pille
Die Kinder kommen entweder zu spät zur Schule oder fühlen sich stehend im Bus nicht wohl. Beide Varianten sind eine bittere Pille für Schüler, Eltern und Lehrer gleichermaßen. Die einzig praktikable Lösung stellt kaum jemanden zufrieden. Pragmatisch scheint sie vernünftig: Denn Konz ist zurzeit in den Stoßzeiten dicht. Wegen der parallelen Sperrung der Kreisstraße 134 und der Trie rer Straße in Karthaus geht zu bestimmten Uhrzeiten einfach nichts mehr. Da ist es gut, dass die Schule beim Unterrichtsbeginn ein Auge zudrückt. Angesichts der zu erwartenden Dauer der Arbeiten gäbe es vielleicht doch noch eine andere Option: Warum den Unterricht nicht insgesamt eine Viertelstunde nach hinten verschieben? Zwar müssten dann die Abhol- und Bringzeiten insgesamt geändert werden, aber kein Kind müsste trotz Busfahrt etwas verpassen. Vielleicht hätten die Busfahrer sogar weniger Stress mit Staus. Und Elterntaxis, die die Straßen noch voller machen, blieben vielleicht der Schule fern. c.kremer@volksfreund.deExtra: RECHTLICHER HINTERGRUND


Martina Bosch, Pressesprecherin der Trier-Saarburger Kreisverwaltung, erläutert auf TV-Anfrage die rechtlichen Hintergründe. Das Verkehrsunternehmen habe eine Konzession und gestalte den Verkehr in eigener Verantwortung. Der Kreis händige den Schülern die Fahrkarten aus und stelle den Unternehmen Listen mit Schülerzahlen und Unterrichtszeiten zur Verfügung. Die Firmen müssten selbst organisieren, wie sie die Schüler pünktlich zur Schule und zurück bringen. Bei der Schülerbeförderung gebe es noch die Vorgabe, dass höchstens 70 Prozent der Stehplätze in Bussen belegt sein sollten. Das sei im Fall von Roscheid eingehalten worden. Der Kreis hat laut Bosch 129 Karten in Roscheid ausgegeben. Bei zwei Zählungen wurden laut Bosch einmal 109 und einmal 105 Passagiere auf der Roscheider Linie erfasst, die nicht nur für Schüler, sondern auch für den Linienverkehr gedacht ist. Der Gelenkbus habe 57 Sitz- und 94 Stehplätze. Mit der 70-Prozent-Quote stehen laut Kreisverwaltung insgesamt 123 Plätze zur Verfügung. Die beiden normalen Busse haben laut Kreis mit Einberechnung der 70-Prozent-Quote zusammen 52 Steh- und 90 Sitzplätze.

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