Wellener Ortsgemeinderat spricht sich gegen entsprechenden Umbau des Bahnhofs aus

Wellen · Der Wellener Bahnhof als Unterkunft für 30 Flüchtlinge - an dieser Idee scheiden sich die Geister. Ralf Stöcker, Geschäftsführer einer Immobilienfirma, möchte das Gebäude dafür umbauen. Der Ortsgemeinderat hat den entsprechenden Bauantrag abgelehnt. Obwohl diese Ablehnung vermutlich rechtswidrig ist, könnte das Projekt daran scheitern.

 Ralf Stöcker vor dem alten Bahnhof in Wellen. Er würde das Gebäude gerne zur Flüchtlingsunterkunft umbauen. TV-Foto: Marion Maier

Ralf Stöcker vor dem alten Bahnhof in Wellen. Er würde das Gebäude gerne zur Flüchtlingsunterkunft umbauen. TV-Foto: Marion Maier

Foto: (h_ko )

2013 hat Ralf Stöcker, Geschäftsführer einer Immobilienfirma in Luxemburg, der Bahn das Wellener Bahnhofsgebäude abgekauft. Zunächst wollte er ein Fahrrad- und Wanderhotel mit Café daraus machen. Das scheiterte an der fehlenden Zustimmung unter anderem der Bahn.

Nachdem überall dazu aufgerufen wurde, Wohnraum für Flüchtlinge anzubieten - explizit auch bei einer Veranstaltung in Konz - wollte Stöcker dem entsprechen. Er gab eine konkrete Planung für eine Flüchtlingsunterkunft im Bahnhof in Auftrag. Für die Umnutzung musste Stöcker einen Bauantrag stellen, doch den lehnte der Ortsgemeinderat ab. Stöcker fühlt sich ausgebremst, kann das nicht verstehen.

Das Projekt: Bis zu 40 Menschen sollten sich laut Planung die 350 Quadratmeter des alten Bahnhofs teilen. Mehrere Dreibettzimmer, ein größeres Zimmer im Dachgeschoss, ein Sozialraum, eine Küche und Bäder sollten dort entstehen.
Vertraglich ist geregelt, dass die Bahn weiterhin das Erdgeschoss für Büros und den Keller für das Stellwerk nutzt. Die Halle im Erdgeschoss müssen die Zugfahrer zudem passieren, um zur Unterführung zu gelangen, die zum Bahnsteig führt. Die Flüchtlinge sollen im Dachgeschoss wohnen sowie im Obergeschoss, wo einst Wohnungen für Bahnmitarbeiter untergebracht waren. Umbaukosten: 215 000 Euro. Die Umbauzeit schätzt Stöcker, nachdem die Elektrik schon verlegt wurde, auf etwa einen Monat. Drei Zustimmungen, eine Ablehnung: Der neuen Planung haben die Bahn, Landesbetrieb Mobilität sowie die Kreisverwaltung mit ihren Abteilungen Sozialamt und Brandschutz zugestimmt. Eine Einschränkung kam vom Sozialamt: Maximal 30 Flüchtlinge sollten in dem Haus mit einer Mindestwohngröße von sechs Quadratmetern pro Person leben, was Stöcker akzeptiert hat.

Ein klares Nein kam vom Ortsgemeinderat. Er hat den Antrag einstimmig abgelehnt. Begründet hat das Gremium dies mit dem besonderen Standort und den beiden sehr unterschiedlichen Nutzungen. Befürchtet wird, dass es zu einem erhöhten Konfliktpotenzial zwischen Reisenden wie Schülern einerseits und Flüchtlingen andererseits kommen könnte.
Auf Nachfrage erklärt Ortsbürgermeister Hans Dostert: "Wir wissen, dass wir das Vorhaben baurechtlich nicht ablehnen können. Wir haben es trotzdem getan, um die Asylbewerber zu schützen." Die Flüchtlinge würden in dem Haus zusammengepfercht. Unter diesen Umständen würden sie sicherlich bald in der Halle im Erdgeschoss und draußen auf der Treppe sitzen. Ihr Ruf würde dann schnell in eine Ecke geschoben, in die er nicht hingehöre. Immerhin passierten 50 bis 100 Bahnreisende die Halle täglich. Der Ortschef, der sich gegen Massenunterkünfte ausspricht, sagt: "Da wird ein Brennpunkt aufgebaut." Er und die Gemeinde wollten Flüchtlingen helfen, aber die Hilfe müsse sinnvoll sein. In Wellen sei auch schon eine Familie für zwei Monate beherbergt worden, viele hätten sie unterstützt. Die Gemeinde sei auch weiter auf der Suche nach Wohnungen für Flüchtlinge, doch das sei schwierig.

Der Widerspruch: Stöcker hält die Bezeichnung "Brennpunkt" im Zusammenhang mit der geplanten Flüchtlingsunterkunft für diskriminierend. Das Nein des Rats will er nicht hinnehmen. Er hat einen Anwalt beauftragt, Widerspruch beim Kreisrechtsausschuss einzureichen. In dem Schreiben heißt es, dass die Ortsgemeinde die Umnutzung nur aus bauplanungsrechtlichen Gründen ablehnen dürfe, also beispielsweise dann, wenn schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten wären. Die Begründung des Rats sei deshalb rechtswidrig.

Stöcker und sein Anwalt sehen auch kein erhöhtes Konfliktpotenzial zwischen den verschiedenen Nutzern des Bahnhofs, da sich das Wartehäuschen für die Bahnreisenden zwischen den Schienen und nicht direkt beim Bahnhofsgebäude befindet. Weiter steht in dem Schreiben: "Es ist offensichtlich, dass es der gemeindlichen Kommunalpolitik allein darum geht, eine vermeintliche Belästigung durch die im Alltag beim Pendeln mit der Bahn sichtbare Armut und Not von Flüchtlingen und Asylbegehrenden zu vermeiden."

Der Kreis: Wann der Kreisrechtsausschuss sich mit dem Widerspruch befasst, ist noch unklar. "Vermutlich erst nächstes Jahr", sagt Kreissprecher Thomas Müller. Er erklärt, dass der Ausschuss das fehlende Einvernehmen der Ortsgemeinde ersetzen könne, sofern er die Ablehnung tatsächlich für rechtswidrig halte. Müller weist allerdings auch darauf hin, dass die Kreisverwaltung bei Fragen der Flüchtlingsunterbringung in der Regel nicht gegen den Willen der betroffenen Ortsgemeinde vorgehen wolle. Dies geschehe auch im Hinblick auf die angestrebte Integration.Meinung

Chancen verpasst
Im Prinzip ist es löblich, wenn ein Unternehmer auf die Appelle, Unterkünfte für Flüchtlinge anzubieten, mit einem solchen Angebot reagiert. Allerdings wäre es wichtig, sich gerade bei diesen Dimensionen (30 Flüchtlinge in einem 740-Einwohner-Ort) vorab das Einvernehmen zumindest der Mehrheit des Ortsgemeinderats zu sichern. Denn die Asylbewerber brauchen Unterstützung vor Ort. Organisator Ralf Stöcker sagt, sein Architekt habe versucht, telefonisch mit dem Ortschef Kontakt aufzunehmen, doch das sei nicht gelungen. Das ist in dem Fall zu wenig, da hätte der Unternehmer sich mehr Zeit nehmen müssen. Mit seiner strikten Ablehnung setzt aber auch der Ortsgemeinderat nicht unbedingt ein Zeichen für Offenheit. Natürlich ist der Bahnhof mit seinen vielen Passanten ein sensibler Bereich. Aber der Rat hätte ja auch nach Lösungen suchen können. Wären weniger Flüchtlinge denkbar? Gibt es alternative Aufenthaltsmöglichkeiten für die Menschen? Schade. Die mangelnde Kommunikation auf beiden Seiten hat hier Streit produziert, wo eigentlich Solidarität mit Menschen in Not nötig wäre. m.maier@volksfreund.deExtra

Jules Tüscher vom Trierer VereinMultikulturelles Zentrum, das sich für Flüchtlinge einsetzt und Sprach- sowie Integrationskurse anbietet, versteht nicht, warum die Ortsgemeinde Wellen gegen eine Flüchtlingsunterkunft im alten Wellener Bahnhof ist. Er sagt: "Das Gebäude wird neu saniert, das ist dann ein guter Standard im Vergleich zu anderen Unterkünften." Es fehle aktuell an Wohnraum und man müsse bedenken, dass nicht damit zu rechnen sei, dass die Zahl der Flüchtlinge abnehme. Generell spricht Tüscher sich aber auch für mehr Privatsphäre aus, als sie die geplanten Dreibettzimmer im Wellener Bahnhof zulassen. Optimal seien Wohnungen - falls diese verfügbar seien. Zur aktuellen Zahl der Flüchtlinge, die im Kreis Trier-Saarburg unterzubringen sind, sagt Martina Bosch, Pressesprecherin der Kreisverwaltung: "Wir müssen bis Ende des Jahres noch 500 Flüchtlinge unterbringen." Das sei eine Riesenherausforderung, aber man sei zuversichtlich, dies auch ohne den Wellener Bahnhof hinzubekommen.mai

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort