Wenn der Altar zur Bühne wird

Viel Pop, ein wenig Swing und Jazz, ein paar Ausflüge in die Klassik: So kannten die Anhänger des Gesangsduos "Marshall & Alexander" ihre Idole bisher. Mit Chorälen, Kantaten und Arien aus vier Jahrhunderten betreten die beiden Sänger aktuell nicht nur musikalisches Neuland - vom Konzertsaal in die Kirche, so lautet die Devise der sakralen Tournee "Götterfunken". In Tawern machten sie in der Sankt-Peter-und-Paul-Kirche Station.

 Brachten geistliche Musik aus vier Jahrhunderten nach Tawern: Das Gesangs-Duo „Marshall & Alexander“ in der Sankt-Peter-und-Paul-Kirche. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Brachten geistliche Musik aus vier Jahrhunderten nach Tawern: Das Gesangs-Duo „Marshall & Alexander“ in der Sankt-Peter-und-Paul-Kirche. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Tawern. (kbb) Inmitten der mächtigen Vierungspfeiler der Sankt-Peter-und-Paul-Kirche, ein paar Stufen erhöht und von Lang- und Querhaus gleichermaßen gut zu sehen, dort ist ihre Bühne. Marc Marshall und Jay Alexander haben mit ihrem "Götterfunken"-Programm bereits 60 Kirchen bundesweit als Konzertsäle genutzt und das Programm sakraler Arien und Kantaten mit fast schon liturgischem Feinsinn aufeinander abgestimmt. Drei Instrumentalisten begleiten die beiden Sänger auf ihrem Streifzug durch die Kirchenmusik - vom Georg Friedrich Händel zugeschriebenen "Dank sei Dir Herr" über drei Versionen von "Ave Maria" bis zum fulminanten "Freude schöner Götterfunken" aus Ludwig van Beethovens Neunter Symphonie. Begleitet von Gitarre, Flöte und Harmonium, gelegentlich auch umrahmt von Zither, Laute, Klarinette und Violine, wird aus den "Götterfunken" bedächtige Meditation. "Mit geistlicher Musik beschäftigen wir uns seit rund einem Jahr, sie fordert intensive Auseinandersetzung, hat uns beseelt und zu innerer Harmonie geführt", gibt Marc Marshall zu verstehen.500 Zuschauer auf musikalischer Zeitreise

Doch gelegentlich gibt die Titelauswahl auch Rätsel auf: Warum das berühmte Largo "Ombra Mai Fu" aus Händels Oper "Xerxes" - uraufgeführt 1738 in London - durch die "Götterfunken"-Kompilation zur Inkunabel sakraler Musik erhoben wird, bleibt unklar. Zwar wird Perserkönig Xerxes in der Bibel erwähnt, inhaltlich orientiert sich das Libretto von Nicolò Minato aus dem 17. Jahrhundert aber an klassischen Barocksujets: Liebe, Eifersucht, Dramatik - von sakraler Besinnlichkeit ist in der Oper wenig zu spüren, wenngleich die Arie in ihrem langsam-getragenen Largo äußerlich eben diesen Eindruck zu erzeugen versucht. Mit Querflöte und behutsam gezupfter Laute gelingt es, vielen Stücken eine federne Leichtigkeit zu verschaffen, die hohen und glasklar artikulierenden Stimmen von Marshall und Alexander taten ihr übriges dazu. Eine musikalische Reise durch die fünf Weltreligionen führte die rund 500 Zuschauer dank Zither und Laute von der tibetischen Hochebene bis ins indische Flachland und über das heutige Israel zurück nach Europa. Beeindruckend wirkt das von Jay Alexander vorgetragene Klagelied "Pietà Signore" von Louis Abraham Niedermeyer, besinnlich die Zugaben: Mit Engelbert Humperdincks "Abendsegen" aus "Hänsel und Gretel" und Beethovens "Freude schöner Götterfunken" mit dem Text von Friedrich Schiller, gelingt es den Sängern, die besinnliche Atmosphäre der Sakralmusik in den Ohren der Zuhörer noch lange nachklingen zu lassen.Offen aber bleibt, in welchem Umfang die als "Benefizkonzert" angekündigte Veranstaltung der bereits vollzogenen Außenrenovierung an der Peter-und-Paul-Kirche zugute kommt. Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat Herbert Kürsten erklärt auf TV-Anfrage: "In welchem Umfang uns die Veranstalter finanziell unterstützen, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen." Es sei aber nicht geplant gewesen, dass alle Einnahmen des Abends der Gemeinde zugute kämen.

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