Trierer Geograf warnt vor weiteren Hangrutschen in Wincheringen

Wincheringen/Nittel · Der Geograf Richard Ladwein warnt davor, dass der Hangrutsch, zu dem es kürzlich im Neubaugebiet Auf Mont in Wincheringen (Kreis Trier-Saarburg) kam, kein Einzelfall in dem Gebiet bleiben könnte. Er stützt sich dabei auf eine Grobanalyse mit dem von ihm entwickelten Verfahren zur Erkennung gefährdeter Gebiete.

Eigentlich wollte Richard Ladwein sich nicht mehr zu Hangrutschen und ähnlichen Ereignissen in der Region äußern. Der Geograf aus Trier hat zwar ein eigenes Verfahren zum Erkennen gefährdeter Gebiete entwickelt. Doch hat er die Erfahrung gemacht, dass sein Rat nicht immer gefragt ist, auch wenn er überall dort, wo er zum Einsatz kam, sich als zutreffend erwiesen hat.

Wasserscheide auf der Allee

Ladwein hat zudem mittlerweile ein Unternehmen in Katar gegründet und lebt in dem arabischen Land. Wegen einer Krankheit ist er allerdings derzeit in Kenn. Dort erreichte ihn die Nachricht vom Hangrutsch in Wincheringen . Da musste er sich doch wieder zu Wort melden.

Ladwein: "Der Ortsbürgermeister spricht von einem Einzelfall, aber ich sehe in dem Baugebiet, nachdem ich eine Grobanalyse erstellt habe, weitere Risiken." So hält er den nordöstlichen Teil des Gebiets entlang der Hangkante mitsamt dem Hinterland für potenziell gefährdet. Auf der Luxemburger Allee, in deren Nähe sich der Hangrutsch ereignet hat, verlaufe teilweise eine Wasserscheide. Dort könne noch mehr rutschen, glaubt Ladwein. Beide Bereiche sollten seiner Meinung nach näher untersucht werden. Beim Hangrutsch vor mehreren Wochen waren schwere Steine auf die Hauptzufahrtsstraße zum Neubaugebiet Auf Mont gefallen. Gute zwei Wochen lang war die Verbindung gesperrt. Auf Anraten des Landesamts für Geologie und Bergbau wurde notdürftig ein Erdwall errichtet, der später erhöht und verbreitert wurde.

Nun soll die Ursache des Hangrutsches mit Hilfe von Vermessungen und Erkundungsbohrungen untersucht werden. Die Verbandsgemeindeverwaltung rechnet damit, dass die Ergebnisse in mehreren Monaten vorliegen.

Ladwein sagt: "Mein geomorphologisches Verfahren bringt ein Mehr an Wissen als herkömmliche geologische Methoden." Mit seiner Hilfe könnten Bereiche, die durch Erdrutsche, Schlammlawinen oder auch Unterspülungen gefährdet seien, flächendeckend, nicht nur punktuell erkannt werden. Zudem könnten Hinweise gegeben werden, wie die Gefahren zu vermeiden wären.

Ladwein stellt klar: "Ich will hier niemandem Schuld zuweisen." Auch um Aufträge gehe es ihm nicht, wie der 62-jährige Geograf versichert. Er habe genug zu tun. Ladwein: "Ich fühle mich in der Verantwortung." Und dann kommt er darauf zu sprechen, was ihn ursprünglich motiviert hat, sein geomorphologisches Verfahren zur Erkennung von Risikogebieten zu entwickeln. Es war das große Lawinenunglück von Galltür vor 16 Jahren. 31 Menschen kamen dabei ums Leben. Ladwein: "Für mich ist es eine Berufung, Informationen zu liefern, die Menschen helfen."

Bereits vor zehn Jahren hatte Ladwein anlässlich eines Oberlandesgerichtsurteils, das die Gemeinde Freudenburg verpflichtete, für Hangrutschschäden an einem Haus in einem Neubaugebiet aufzukommen, davor gewarnt, an der Obermosel ohne Untersuchungen in den Hang zu bauen. Auch das Nitteler Baugebiet sieht er als gefährdet an.

In Wincheringen haben Vertreter des Ortsgemeinderats angesichts des aktuellen Hangrutsches gefordert, dass sich das Gremium noch mal intensiver mit dem gesamten Bebauungsplan Auf Mont und dem geologischen Untergrund beschäftige. Ortsbürgermeister Elmar Schömann sagt dazu: "Zu mir hat bislang niemand etwas gesagt. Aber jeder im Rat hat die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen."

Schömann kündigt an, dass sich der Ortsgemeinderat von Wincheringen in seiner Sitzung am Donnerstag, 18. Juni, damit beschäftigt, was das Landesamt für Geologie weiter in Sachen Hangrutsch rät. Zudem solle dann ein Ingenieurbüro für die Ursachenuntersuchung ausgewählt werden. Ladwein-Karte

Anfang 2000 hat der Trierer Geograf Richard Ladwein ein weltweit einzigartiges Verfahren zur Erdoberflächen-Untersuchung entwickelt: die Geospirs-Analyse (Spirs ist die Abkürzung für Structural-Process-Inclination-Response-System). Dabei geht es vor allem um die Formen der Erdoberfläche, die die Naturprozesse mitbestimmen.

Die Verhältnisse der Neigungswinkel werden mit Hilfe mathematischer Verfahren analysiert. Das Ergebnis der Analyse wird in der sogenannten Ladwein-Karte dargestellt, in der das Gelände je nach Gefährdungsgrad in unterschiedlichen Farben dargestellt wird. Mit der Methode können von Erdrutsch, Schlammlawinen und Unterspülungen bedrohte Bereiche erkannt, aber auch Trinkwasser gefunden werden.

In einigen Kommunen der Region wie in Wittlich, den Verbandsgemeinden Wittlich-Land oder Südeifel wurde die Methode bei der Planung von Baugebieten eingesetzt. Auf Rügen hat der Geograf einen Erdrutsch vorhergesagt. Seinen Traum, nämlich ganz Rheinland-Pfalz zu kartieren und die Informationen über gefährdete Gebiete im Internet für jeden zugänglich zu machen, konnte er sich bislang nicht erfüllen. Bei Behörden ist er immer wieder auf Vorbehalte gegenüber seiner Methode gestoßen. "Wir machen da ein Fass auf", bekam er zu hören. Schwachstellen vergangener und auch künftiger Planungen würden dann offengelegt. mai

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