Gleichgültige Gesellschaft

Verschmutzte öffentliche Plätze und Graffiti-Schmierereien in Saarburg (TV vom 21. Februar):

Einen Sündenbock muss es immer geben, und im Zweifel wird gleich eine ganze Herde dieser Untiere geortet. In Saarburg (auch in Hamburg, Trier, Berlin und Köln) sind es die Jugendlichen, die in der Tat für sehr viel Unrat, Dreck und verschmierte Wände verantwortlich zeichnen.Doch ist es in Wahrheit nicht so, dass die Jungen nur die unmittelbaren Täter stellen, die mittelbaren jedoch unter den Älteren und den Alten zu finden sind? Die jungen Leute werden in eine Welt geboren, die von Gleichgültigkeit gegenüber dem Gemeinschafts-Eigentum und von einer ungeheuren Disziplinlosigkeit geprägt ist. Es gibt Menschen, die kommen allmorgendlich mit einer Zigarette aus dem Haus, paffen einige Züge, schnippen dann den noch glimmenden Glimmstängel in die Gegend. Die Kippe landet mal auf der Straße, dann auf dem Gehweg und gelegentlich auf dem Rasen. Diese Raucher sind gestandene Menschen und sollen Vorbilder für die jungen sein. Ist das so in Deutschland? In diesem Zusammenhang bedarf es - natürlich! - eines Hinweises auf den Zumwinkel-Fall, der vor kurzem die Zeitungen füllte, aber schon wieder von aktuelleren Ereignissen verdrängt wird.Nichts ist so tot wie der Kriminalfall von gestern. Und was wird letzten Endes geschehen? In zwei Jahren, wenn Herr Zumwinkel vor seinem Richter steht, wird sich kaum jemand erinnern, worum es eigentlich ging. Herr Zumwinkel wird von einer Horde gut gekleideter Herren umringt sein - nicht seine Bodyguards, sondern die Anwälte, deren Namen sich lesen werden wie ein "Who-is-Who" der deutschen Jurisprudenz. Und das Urteil wird eher einem Schwall heißer Luft gleichen als einer Strafe. Schließlich gilt: Die Justizvollzugsanstalten sind für die da unten, nicht für die da oben. Wie meinen die Erzieher so trefflich? Jugend braucht Vorbilder! Jawohl! Deutsche Gesellschaft, mach dich ans Werk, Vorbilder zur Verfügung zu stellen, und zwar durch alle Schichten der Gesellschaft, von oben bis unten. Vordringlich nämlich muss man den Älteren und Alten sagen, wenn ihr Benehmen danebengeht. Schimpfen auf die Jungen, das ist billig. Wolf-Rüdiger Wulf, Trier Soziales Verschmutzte öffentliche Plätze und Graffiti-Schmierereien in Saarburg (TV vom 21. Februar):

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