Akkord-Arbeit im Dienste Neros

TRIER. Mit der ersten eigenen Auftragsproduktion beginnen heute Abend um 21 Uhr im Amphitheater die achten Antikenfestspiele. Das Musical "Quo vadis" soll als Monumental-Produktion das Publikum aus Nah und Fern nach Trier locken.

Wer den berühmten Film mit Peter Ustinov oder das Buch von Henryk Sienkiewicz kennt, wird es leicht haben, den Ablauf des antiken Musical-Dramas zu verstehen. Autor Gerold Theobalt hat zwar manches weggelassen und die Szenen-Reihenfolge kräftig durchgemischt, aber im Kern folgt die Handlung den bekannten Vorlagen.Macho kommt nicht an

Es geht um eine Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund: Der Feldherr Vinicius, ebenso erbarmungsloser wie erfolgreicher Krieger des römischen Kaisers Nero, verliebt sich in die ehemalige Kriegsgefangene Lygia, die inzwischen von römischen Christen adoptiert worden ist. Seine machohaften Eroberungsversuche kommen nicht so gut an, erst als er sich zunächst zum Regime-Gegner und dann zum Christen wandelt, erhört ihn Lygia. Derweil ist der wahnsinnige Künstler-Kaiser Nero auf die Idee gekommen, Rom anzuzünden, um eine neue Stadt zu erbauen. Die Schuld schiebt er den Christen in die Sandalen, was zu pogromartigen Verhältnissen führt, die schließlich in diversen Orgien und einem finalen Showdown im Circus Maximus münden. Christenführer Petrus wird coram publico gekreuzigt, Lygia soll einem Stier zum Opfer fallen, was ihr Beschützer Ursus, der stärkste Mann der Welt, verhindert. Das Volk empört sich gegen Nero, der schließlich mitsamt seiner verruchten Gattin Poppaea als Toter in seinem Palast endet. Die schwierige Aufgabe, aus diesem Handlungsgerüst ein funktionierendes Musical zu machen, hat der Komponist, Arrangeur, Dirigent und Hochschullehrer Manfred Knaak übernommen. Er war von Anfang an als musikalischer Leiter vorgesehen, musste aber darüber hinaus nach dem Ausstieg von Heinz-Rudolf Kunze und dem deutlich reduzierten Engagement von Konstantin Wecker buchstäblich in letzter Minute die Hauptlast der Komposition schultern. Seit Mitte Februar hat der profilierte Musiker, dessen Film- und Fernseh-Soundtracks gefragt sind, den Griffel nicht mehr aus der Hand gelegt. Das letzte Stück, die musikalische Illustration des Stierkampfs, entstand erst am Montag. Akkord-Arbeit im Dienste von Kaiser Nero, aber eine, die dem unüberhörbar aus Franken Stammenden sichtlich Spaß macht. Seit dem 1. Mai ist er in Trier - und rund um die Uhr beschäftigt. Einstudieren mit den Solisten, Proben mit dem Orchester, Komponieren, Arrangieren, umschreiben, trösten, motivieren, organisieren: Manfred Knaak will es offenbar nicht anders. Und bei alledem versprüht er so viel Energie und gute Laune, dass selbst die gewohnt kritischen Orchestermusiker nur Gutes über die fachlichen und menschlichen Eigenschaften ihres Chefs berichten. Knaak war in der angenehmen Situation, die Darsteller für die einzelnen Rollen zu kennen, bevor er ihnen die Musik buchstäblich in die Kehle schreiben konnte. Das hilft, die schwierige Melange zwischen Sängern und Schauspielern auszubalancieren. Mit einer Band und einem kompletten Orchester arbeiten zu können, diese Art von Luxus macht seinen Job in Trier so richtig attraktiv. "Man kann richtig aus dem Vollen schöpfen", schwärmt der 44-Jährige, der über reichlich Studio-Erfahrung verfügt. Von knackigem Rock über Pop und Funk bis zu orchestraler Klassik und Renaissance-Klängen steht ihm jede Art von musikalischer Illustration zur Verfügung. Und da ist ja auch noch die Hoffnung, mit "Quo vadis" einen Treffer zu landen, der den Sprung ins Repertoire schafft und nicht nach ein paar Vorstellungen in Trier versandet. "Selbst kleinere Häuser könnten das Stück übernehmen", glaubt Manfred Knaak. Aber vor den Theater-Erfolg haben die Götter das Publikum gesetzt. Und das entscheidet heute Abend. Vorstellungen am 16., 17., 18., 23., 24. und 25. Juni. Für alle sind noch Karten zu haben. Bestellung: 0651/7181818. Jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn bietet die Dramaturgie eine Einführung in das Werk an.

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