Alles ist verwechselbar, wandelbar, umkehrbar

WITTLICH. Jenseits der "normalen" Jazzmusik bewegte sich das letzte Konzert des Wittlicher Jazzclubs mit Norbert Stein und seinem Quintett.

Lag es an der Musik oder an der neuen Spielstätte? Warum auch immer. Die nur wenigen Zuhörer bildeten eine sehr ungewohnte Kulisse beim letzten Konzert des Wittlicher Jazzclubs im Hotel Lindenhof. Die fünf Musiker, unter dem Namen "Pata Masters" angeführt vom Kölner Saxofonisten Norbert Stein, ließen sich jedenfalls von den vielen leeren Stühlen nicht beeinflussen. Sie gaben ihr Bestes. Neben Stein waren dies der Flötist Michael Heupel, Klaus Mages am Schlagzeug, Matthias von Welck an Gongs und Schlitztrommeln sowie Christoph Hillmann an einem beeindruckenden Sammelsurium elektronischer Instrumente.Was hat man sich eigentlich unter "Pata Music" vorzustellen? Sicherlich ist es kein Jazz im herkömmlichen Sinne. Was Stein mit seiner Musik in Töne umsetzt, basiert auf der "Pataphysik" des Franzosen Alfred Jarry, die von der Literaturwissenschaft erklärt wird als "eine Wissenschaft, die irrealer Logik und einer neuen Wirklichkeit jenseits der Grenzen der äußeren Erscheinungswelt verpflichtet ist, losgelöst vom gewöhnlichen Kausalitätsdenken. Alles ist verwechselbar, verwandelbar, umkehrbar und austauschbar: Dinge, Zeiten und Räume. Aber nichts ist beliebig, nur ist eben jede Einfachheit eine ineinander verwobene und sich durchdringende Vielfalt".Eines der eindrucksvollsten Werke, das in Wittlich erklang und sich dem Wesen dieser Musik vielleicht am meisten verpflichtete, war der "Liquid bird". Das Quintett stellte mit seinen Instrumenten einen Rahmen, Leinwand und Farben zur Verfügung. Das dazugehörige Bild aber musste jeder Zuhörer selbst malen.Keine leichte Aufgabe. War gerade vor dem geistigen Auge ein konkretes Objekt erschienen, löste es sich gleich wieder auf, zerfloss, wurde überlagert, gestaltete sich neu. Alles war in Bewegung, alles im Fluss.Dabei erwies sich jeder der Musiker als ein absoluter Mei-ster seines Faches. Besonders ragte Heupel mit seinen Querflöten, bis hin zum überdimensionalen Kontrabass, aus dem Quintett heraus. Mit der Vielfalt an Klangvariationen, die er seinen Instrumenten entlocken konnte, verkörperte er vielleicht am intensivsten das Wesen der Pata-Music: Alles ist wandelbar. Wunderbar.

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