Als Pantomime die Welt entdecken

Trier · Der bekannte und gehörlose Künstler Jomi hat in einem Workshop in der Trierer Tufa einen Einblick in sein lautloses Können gegeben.

 Spaßig, aber auch anstrengend: Jomi „spielt“ mit einer Teilnehmerin das sogenannte Spiegelspiel, in dem der Eine jede Bewegung des Anderen nachmachen soll. Eine gute Übung für die Körperbeherrschung. TV-Fotos (2): Michael Thielen

Spaßig, aber auch anstrengend: Jomi „spielt“ mit einer Teilnehmerin das sogenannte Spiegelspiel, in dem der Eine jede Bewegung des Anderen nachmachen soll. Eine gute Übung für die Körperbeherrschung. TV-Fotos (2): Michael Thielen

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Als Pantomime die Welt entdecken
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Trier Über zwanzig Menschen - meist jung und überwiegend weiblich - sitzen auf dem Boden des Ballettsaals der Tufa und schauen gebannt einem schmalen, fast zierlichen Mann zu, der wie ein alter Mann umherschlurft, sich auf einen imaginären Stock stützt, in ein unsichtbares Mikrofon singt oder wie eine Marionette an Fäden zu hängen scheint: Der hoch geschätzte Solo-Pantomime Jomi (Josef Michael Kreutzer, 65, aus Bous im Saarland) bietet einen Workshop an: "Poesie der Stille". Der Titel des Workshops ist nicht ohne Hintersinn, denn Jomi ist seit frühester Kindheit taub. Mit etwa sechs Monaten verliert er sein Gehör und muss fortan die ihn umgebende, lautlose Welt mit anderen Sinnen erfassen und sein Leben meistern. Als Kind besucht er eine Schule, in der er das Sprechen lernt.
Seine Kunst ist lautlos, aber nicht sprachlos. Die Teilnehmer sind bei einigen Szenen, die Jomi zur lockeren Einführung vorspielt, versonnen, mucksmäuschenstill und ganz vertieft, dann wiederum wird geschmunzelt, gekichert oder aus vollem Halse gelacht - typische Publikumsreaktionen, wie man sie auch bei seinen Auftritten in der aktuellen Revue von Karsten Müller im Kasino ("Déjà Vu") beobachten kann.
Für Jomi ist Pantomime ein Instrument, das Phantasie, Geist und Herz anspricht und hervorragend dazu geignet ist, Kommunikation herzustellen. Sie ist für ihn eine Sprache ohne Laute, die Menschen weltweit verbinden kann. "Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst", nach Friedrich Schiller, ist sein Leitspruch. So finden sich in seinem breiten Repertoire neben sozialkritischen und religiösen Themen auch Parodien, die Menschlich-Allzumenschliches aufgreifen und dazu einladen, sich selbst einmal aus der Distanz zu beobachten. In dem Workshop in der Tufa macht er aber auch klar, dass zur Pantomime Körperbeherrschung und vor allem eine kontrollierte Körpersprache gehört. "Ich muss jeden Tag mein Körpergefühl trainieren", sagt er. Eine ausgefeilte Spieltechnik sei wichtig, ein feines Gefühl in den Fingerspitzen müsse man ebenfalls haben. Emotionen, Spaß und Spielfreude dürften aber nicht zu kurz kommen. Und so übt er mit den Kursteilnehmern, wie man pantomimisch eine Jacke in sechs Schritten aus- und wieder anzieht. Oder man muss im "Spiegelspiel" alles imitieren, was der Spielpartner einem vormacht. Unerlässlich ist auch hier genaue Beobachtung und hohe Konzentration. Bei dem berühmten französischen Pantomimen Marcel Marceau machte er seine Ausbildung und tritt später fast überall auf der Welt auf, "nur Skandinavien fehlt noch", bedauert er. Im Saarland, wo er herkommt, kennt ihn jeder. Dort wird auch in dieser Woche sein 40. Bühnenjubiläum groß gefeiert. Danach wird er auch in der Tufa Trier zu sehen sein.
Theater am Ring, Saarlouis, 22. September: Ausstellung, Musik, Kurzfilme zu Jomis 40. Bühnenjubiläum. / 28. Oktober: Auftritt in der Tufa Trier mit dem Programm "Zeit-Zeichen".

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