An der Mosel "in Abrahams Schoß"

TRIER. Von 1981 bis 1991 hat Rudolf Stromberg das Trierer Theater geleitet. Seither begleitet er die Theaterszene an der Mosel, aber auch anderswo als kritischer Beobachter. Heute wird er 80 Jahre alt.

Rudolf Stromberg lehnt sich zurück. Seine Intendanz in Trier, 1981 bis 1991, ja, das sei eine schöne Zeit gewesen. Da greift der Theater-Routinier, den eine überregionale Zeitung einmal leicht respektlos "einen klassischen Provinzprinzipal" nannte, sogar zu einem biblischen Bild. In Trier habe er sich gefühlt wie in "Abrahams Schoß". "Bei mir hätten sie es nicht gewagt"

Mit Oberbürgermeister Felix Zimmermann und Kulturdezernent Walter Blankenburg standen ihm zwei kunstverständige Männer zur Seite. Und Kürzungen des Theateretats, die hat es nicht gegeben. "Das haben die versprochen und auch gehalten". Dass nach seinem Ausscheiden in den Ruhestand der Rotstift um so heftiger wütete, quittiert er mit einiger Bestürzung, in der doch eine leise Genugtuung mitschwingt: "Bei mir hätten sie's nicht gewagt." Der alte Theaterhase, der heute 80 Jahre alt wird und nach wie vor in Trier lebt, beobachtet das Theater hier und anderswo kritisch-wohlwollend. Manchmal begleitet er es mit schriftlichen Stellungnahmen. Rudolf Stromberg hat auch andere Zeiten erlebt. Zum Beispiel seine Intendanz in Augsburg, 1973 bis 1981. Der Erfolg beim Publikum wurde dem Intendanten nachdrücklich durch die schlechte Verfassung der Kulturpolitik vergällt. Als dann noch Kürzungen drohten, quittierte Rudolf Stromberg den Dienst und ging nach Trier. Vorher schon hatte er 14 Jahre das Theater Wilhelmshaven geleitet. 1958, nach dem Studium der Theaterwissenschaft und Theaterpraxis in Stuttgart und nach einer Lehrzeit am Nationaltheater Mannheim, trat er dort als jüngster Intendant der Republik an. Als er nach Trier kam, war er schon längst der Dienstälteste im Land. Und beim Ausscheiden hatte er 33 Jahre Intendanz hinter sich, stellt er mit berechtigtem Stolz fest und betont: "ohne Unterbrechung". Immer Intendant, immer gefragt, immer auf eigenen Wunsch gewechselt. Das Schauspiel unter seinem Nachfolger Reinhard Petersen? Da setzt Rudolf Stromberg eine leicht theatralische Leidensmiene auf: "Dieser schreckliche Jürgen Kloth". Die Stadt habe versagt, als sie den Schauspieldirektor gewähren ließ. Mit dem Resultat, dass diese Sparte über längere Zeit hinweg nur noch ein Torso war. Die feinsinnige Ironie hat er wohl immer beherrscht. Der schnauzbärtige Humor, die Neigung zu Schauspieler-Attitüden und die noblen, wohl abgewogenen Formulierungen sind bis heute geblieben. Kompetent, schlau und engagiert, so hat er zehn Jahre lang das Trierer Theater geleitet. Mit Spürsinn fürs Publikum und gelegentlich auch Spaß an der vorsichtigen Provokation. Sind wir dabei, uns zu Tode zu amüsieren?

14 Jahre lebt Rudolf Stromberg jetzt schon im Ruhestand. Was hat sich seither verändert? Sind wir dabei, uns zu Tode zu amüsieren? Die anschwellende Comedy-Flut, sagt er, könne auch genau das Gegenteil bewirken. Dass nämlich der Blödsinn im Fernsehen nicht den Hunger nach noch mehr Unfug stimuliert, sondern im Gegenteil das Verlangen nach ernsthafter, seriöser Theaterkunst, nach neuen Stücken und neuen Autoren. Im Schauspielhaus Hamburg hat Sohn Tom zahlreiche Ur- und Erstaufführungen auf den Spielplan gesetzt, und auch Trier entwickelt sich in dieser Hinsicht positiv. Trotz der enormen Breitenwirkung elektronischer Medien - das Theater sei Platz künstlerischer Professionalität, sagt er. Und zitiert Mark Twain: "Die gekonnte Improvisation bedarf einer dreiwöchigen Vorbereitung". Rudolf Stromberg ist 80 Jahre alt, seine Frau Gisela 70. 150 Jahre Stromberg. Das feiern sie - wo denn sonst? - im Trierer Theater. Sohn Tom beendet seine Intendanz in Hamburg und hat mit Peter Zadek im Brandenburgischen eine Produktionsfirma gegründet. Und Tochter Katharina hat sich selbstständig gemacht und leitet eine Kommunikations- und Marketing-Agentur. So oder so sind sie der Bühne, der Vermittlung, der Selbstdarstellung treu geblieben. Das Theater steckt bei den Strombergs im Blut.

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