Architektenherzen schlagen international

Nachdenklich blicken die barocken Damen und Herren auf all die Tafeln mit zeitgenössischer Architektur im Flur der Trierer Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde. Durchs Fenster grüßt ernst die Basilika. Um die Ecke kokettiert das Kurfürstliche Palais mit seiner verspielten Fassade. In den langen Gängen wird derzeit der Architekturzeit der Puls gefühlt.

 Architektur am Puls des Lebens zeigt eine Ausstellung in der ADD. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Architektur am Puls des Lebens zeigt eine Ausstellung in der ADD. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Trier. (er) Ein Ort baukultureller Begegnung ist das traditionsreiche Ensemble am Palastgarten. "Seit der Römerzeit werden hier die Weichen für kulturelles Leben gestellt," freute sich ADD-Präsident Josef Peter Mertes zur Eröffnung der großregionalen Ausstellung "Architektur am Puls des Lebens". Das soll so bleiben. Derzeit betreut die ADD kommunale Förderprogramme mit einem Volumen von rund 165 Millionen Euro aus den Bereichen Dorf- und Stadterneuerung, kommunale Infrastrukturprojekte und Schulbau. "Kultur und Qualität des Bauens sind tragender Bestandteil unseres Gemeinwesens", bestätigt Mertes. "Architektur und Baukultur tragen zudem nachhaltig zur Förderung eines regionalen Bewusstseins und zur Identität der Großregion bei." Sechs Regionen - Rheinland-Pfalz, das Saarland, das Großherzogtum Luxemburg, Lothringen sowie das Elsass und die belgische Provinz Luxembourg - finden sich mit zeitgenössischen Architekturbeispielen in dieser Schau. An 36 ausgewählten Beispielen soll mit Bauaufgaben aus sechs Bereichen die vielfältige Baukultur der Großregion präsentiert werden. Ausgerichtet wurde die Ausstellung von Euroka, dem Zusammenschluss der Architektenkammern und Ordres des Architectes der Großregion. "Uns war es wichtig, den Blick gerade auf die Vielfalt zu lenken", betont Stefan Musil. Ansonsten sieht der Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz die Zukunft der Baukultur eher düster. "Man kann den Niedergang der Architektur mit den Händen greifen", klagt der Architekt und beruft sich auf einen Artikel der Süddeutschen Zeitung, der umweltzerstörendes Bauen und einen Ausverkauf der Baukultur anprangert. Die in Trier gezeigten Baubeispiele wirken solchem Niedergang jedenfalls nachweislich entgegen. Die Vielfalt der Projekte rührt allerdings weniger von den regionalen Besonderheiten, als aus den unterschiedlichen Bauaufgaben aus den Bereichen Erziehung/Unterricht, Infrastruktur, Wohnen Arbeiten, Kultur, Gesundheit und Senioren. Einmal mehr zeigt sich, dass in einer globalen Welt nicht allein der Materialaustausch, sondern auch die Formensprache grenzenlos sind. Was sich hier als zeitgenössische Architektur präsentiert, ist eine Art Neuauflage des einstigen Internationalen Stils, der sich im Grundsatz auf die Sachlichkeit des Bauhauses stützt, sich auf Material-Ästhetik verlässt und sich überdies an den Heroen der internationalen Architekturszene orientiert. Bisweilen wird dann allerdings aus der überzeugenden Bauvorlage Design so wie beim Hotel des Ungers-Schüler Max Dudler in Mainz, dessen meisterliches Vorbild im Architekturmuseum in Frankfurt steht. Besonders interessant sind jene Beispiele, die historische Bausubstanz aktualisieren und mit einem zeitgenössischen Beitrag versehen wie der gelungene Anbau des Museums für Schöne Künste in Nancy oder die zum Wohnhaus umgestaltete Druckerei (ebenfalls Nancy). Gelungen ist meist auch der Dialog zwischen Architektur und Natur. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist der Behördenbau in Epinal. Trier ist mit seiner Reihenhauszeile "Am Wasserband" vertreten.Bis 2. Mai, Montag bis Donnerstag, 9 bis 17 Uhr, Freitag 9 bis 13 Uhr, Katalog.

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