Auf den Spuren einer Preisträgerin

Literaturnobelpreis für Herta Müller (der TV berichtete): Einen freut das ganz besonders -Josef Zierden, Organisator des Eifel-Literaturfestivals. Erst im vergangenen Jahr hatte er die Autorin dabei. Und will sie fürs Festival 2010 natürlich wieder einladen. Indes haben US-Medien eher zurückhaltend auf Müllers Ehrung reagiert.

Prüm. (fpl) Marcel Reich-Ranicki "will nicht über die Herta Müller reden". Der Großkritiker schweigt - aber der literarische Eifeler Gegenpapst Josef Zierden ist dafür umso auskunftsfreudiger, was die neue Nobelpreisträgerin betrifft. Als vor 25 Jahren Herta Müllers erster Erzählband ("Niederungen") herausgekommen sei, "war ich von den Socken", sagt Josef Zierden. Seitdem schreibt er über die Autorin, unter anderem die Beiträge zu Herta Müller im "Kritischen Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur". Zierden lud sie außerdem mehrfach zu Lesungen in der Region ein. Zuletzt beim Eifel-Literaturferstival 2008 - damals sprang sie für den erkrankten Wilhelm Genazino ein. Selbstverständlich hat Zierden sie auch schon fürs kommende Festival angefragt. Denn die Kommentare aus dem Vorjahr, ob er nicht statt Herta Müller "lieber einen bekannten Autor" hätte engagieren können, dürften sich mittlerweile erübrigt haben. Die Antwort der 56-Jährigen steht noch aus - aber Zierdens Jubel über die Nobelpreisvergabe mindert das nicht: "Ich war wie besoffen vor Glück und Freude." Erst vor wenigen Wochen habe er zur Autorin gesagt: "Wenn jemand in Deutschland den Literaturnobelpreis verdient, dann Sie." Zierden war am Donnerstag, als die Nobelpreis-Nachricht die Runde machte, wegen des Festivals in Mainz - und durfte im Landtag über die Schriftstellerin Bericht erstatten: Im Parlament sei "die Fragerei riesig" gewesen. "Sagen Sie uns bitte: Wer ist Herta Müller? Die Frage habe ich sehr gern beantwortet."

Jetzt wünscht er Herta Müller, die seit Jahren gegen Unmenschlichkeit und Unterdrückung anschreibt, höhere Auflagen - ein Nobelpreis kann da schon gewaltig helfen. Zudem sei gerade die "Atemschaukel", für die sie am Montag auch den Deutschen Buchpreis erhalten könnte, ein Roman, der breiteren Leserschichten den Zugang zur Autorin ermögliche. Für den Buchpreis sind neben Herta Müller fünf weitere deutsche Autoren nominiert: Rainer Merkel, Kathrin Schmidt, Clemens J. Setz, Stephan Thome und der in Prüm geborene Norbert Scheuer. Zurzeit spekulieren viele darüber, ob die Nobelpreis-Entscheidung die Vergabe beeinflussen wird. Auch dazu hat Zierden eine Meinung: "Man könnte sagen: Jetzt hat sie den Nobelpreis, dann soll denein anderer erhalten." Er allerdings fände es eher "merkwürdig", wenn es für den Nobelpreis reiche, nicht aber für den Deutschen Buchpreis.

Mit Zurückhaltung haben US-Medien auf die Vergabe des Nobelpreises für Literatur an die Rumäniendeutsche Herta Müller reagiert. "Und noch ein obskurer Nobelpreisgewinner! Seufz", schrieb die Zeitschrift "Entertainment Weekly". Die "New York Times" wies darauf hin, dass nur vier von Müllers Büchern bisher in die englische Sprache übersetzt wurden. Die Verlegerin Sara Bertschel von Metropolitan Books sagte, dass Herta Müller trotz guter Kritiken bisher nur eine bescheidene Leserschaft in den USA für sich gewonnen habe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort